In West-Nias glaubt m an , dass ein Kind schielend zu r W elt
kommt, wenn die E ltern während der Schwangerschaft der Mutter
in die Öffnung des Bambu (atolu), in dem G o ld , padi etc. aufb
ewahrt w ird , gesehen haben. Bei diesem Hineinblicken wird
nämlich das linke Auge geschlossen und die Lider des rechten
Auges verzogen. Das Schielen des Kindes wird als eine Strafe
für die Eltern betrachtet. Andere Niasser w ieder g lau b en , dass,
wenn der Vater während der Schwangerschaft seiner F rau
oder diese selbst Gold gew’ogen oder beim Goldwiegen zugesehen
hat, u nd dabei der schrägen Neigung des Wagebalkens
mit den Augen gefolgt ist, ein schielendes Kind zur Welt
kommen wird. F ü r die einen genügt schon das Zusehen a lle in ,
fü r die ände rn gehört die Berührung des Wagebalkens dazu.
Bei einem Niasser hatte sich auf beiden Augen ein Ptery-
gium entwickelt, bei zwei ände rn waren die beiden Pupillen
von ungleicher Grösse. F e rn e r beobachtete ich einen F a ll, bei
dem sich die rechte Pupille nicht im Centrum der Iris befand,
sondern m eh r nach oben links, und einen än d e rn , bei dem
die rechte Pupille nach unten verlängert war.
D ie H a a r e d e r N ia s s e r .
Unter den 1227 Niassern, deren Haare ich hinsichtlich der
F ä rb u n g untersuchte, fand ich einmal ein Dunkelblond (0,08 °/0),
viermal Braun (0,33 ° /0), 27 mal Dunkelbraun (2,20 % ), 398
mal Braunschwarz (32,44 ° /0) u nd 741 mal Schwarzbraun
(60,39 °/0).
Von den braunschwarzen Haaren waren 17 (1,39 ° /0) graumeliert,
von den schwarzbraunen 20 (1,63 °/0).
N u r bei 8 Leuten (0,65 °/0) war das Haar teilweise ausgefa
llen , ohne dass sich jedoch kahle Stellen auf dem Kopfe
zeigten. Weisshaarige ältere Leute fand ich n u r selten. Kote
Haare habe ich bei den Niassern nicht gesehen, wohl hier
u n d da einen rötlichen Schimmer.
Ich konstatierte also bei der überwiegenden Mehrzahl, im
ganzen bei 95,85 °/0, braunschwarzes oder schwarzbraunes Haar.
Ergrauendes Haar fand ich im ganzen n u r bei 3,83 ° /0, eine
verhältnismässig hohe Zahl, wenn man bedenkt, dass ich
hauptsächlich Männer u n ter 40 J ah ren , die meisten zwischen
20 und 30, gemessen habe. Das frühe Ergrauen haben die
Niasser also mit den Minangkabau-Malaien gemein. Diese
Beobachtung bestärkt mich in meiner Meinung, dass es sich
hier um eine diesen Volkstämmen eigentümliche frühzeitige
Alterserscheinung han d e lt, und nicht wie Hagen bezüglich
der Minangkabau-Malaien vermutet um einen partiellen Albi-
1 nismus. Bei sehr jugendlichen Niassern habe ich keine grauen
Haare beobachtet, der jüngste grauhaarige Niasser war ungefähr
25 Jah re alt.
Die Haarform liess sich n u r bei einer kleinen Anzahl Niasser
bestimmen, weil das Haar dazu meistens zu kurz geschnitten
getragen wird. Unter 211 Niassern konnte ich bei 169 Individuen
mit Sicherheit leicht gewelltes, bei 40 ganz schlichtes
und bei 2 Männern krause Haare feststellen.
Prof. Dr. Eugen Fischer in Würzburg hatte die Liebenswürdigkeit
eine Anzahl Haarproben u n ter seiner Leitung von
Dr. E rnst Scheffelt untersuchen zu lassen. Es waren sieben
Haarproben von erwachsenen Männern. Sie wurden au f ihre
F orm, Farbe u nd Dicke hin untersucht u nd von einigen
wurden Querschnitte gemacht.
Über die Resultate d er Untersuchung schreibt Dr. Ernst
Scheffelt Folgendes:
Die Länge der Haare ist durchweg b e trä ch tlich , im Maximum
beträgt sie 60 cM.
Form der H a a re : Keine von den sieben Proben können als
geradezu „w ellig ” bezeichnet werden, obwohl durch enge
Verpackung in B riefkouve rts, die Haare in Krümmungen gelegt
waren. Zwei der Proben erscheinen als typisch „ s c h lic h t” ,
besonders nachdem sie einige Zeit frei dagelegen hatten.
Die Farbe ist au f der Tabelle in Zahlen der Fischer’schen
Haarfarbentafel J) angegeben. Kein einziges Ha ar weist ein
1) Fischer, Eugen, Die Bestimmung der menschlichen Haarproben.
Korresp. blatt der deutschen Anthrop. Ges. XXXVIII Jahrg. 1907.
No. 9/12.