Der alte Sirao, der den Befehl zu r Erschaffung u nsre r Erde
gegeben hatte, sorgte n u n auch dafür, dass sie bevölkert w urde
u nd sandte eine Anzahl seiner eignen Nachkommen hernieder.
Zuerst schickte er H ia, auch Tuada Hia oder Hia Malangi
genannt, u nd zwar nach dem südlichen Teil bei Mazingo, es
wurde ihm eine Wohnung mitgegeben, die sich noch dort
befinden so ll, u n d die die Eigenschaft besitzt, dass es niemals
hineinregnet, obwohl sie kein Dach hat wie andere Häuser.
Da Hia so schwer war, neigte sich die Erde nach Süden,
Sirao schickte deshalb Gozo u nd Sawae nach Norden, um
sie wieder in ’s Gleichgewicht zu b rin g en , aber dadurch
erhob sie sich in der Mitte. Nun sandte Sirao den Bruder
von H ia, namens Duli an den Fluss Idanoi. Nach der
Behauptung an d e rer ist Duli aus eignem Antrieb h e ru n te rgekommen
; er beschwerte seine Füsse mit einem Schleifstein so
gross wie eine Hütte un d band ih n mit Ubiranken fest damit
ih n der Wind nicht entführen konnte. Dieser Stein wird noch
im Süden von Ono-Waembo gezeigt. Als jedoch eines Tages
d er Missionar Thomas d o rth in kam un d ih n zu sehen
wünschte, sagte man ihm , dass er verschwunden sei, da
alle anderen Schleifsteine aus diesem Stein entstanden seien.
Da rauf liess Sirao noch Hulu u n d Sebua au f die Erde
hernieder u n d zwar im Westen der Insel in der Nähe des
Flusses Ojo. Von diesem Sebua sollen auch die E u ro p ä e r abstammen.
Schliesslich wurde noch Boronadu geschickt; seine Nachkommen
müssen die Priesterwürde bekleiden, die fosi bewahren
u nd F rü ch te verkaufen.
Die Bewohner von Nias nennen sich Niha, was im allgemeinen
Mensch bedeutet, oder auch wohl ono-niha, d. h. Kinder
der Menschen. Daher d er Name tano nih a für Nias, d. h. „das
L an d der Menschen”. Die Niasser behaupten, dass ihre
Voreltern nidada d. h. aus dem Himmel herniedergestiegen
sind.
In man ch e r Hinsicht von der Erzählung Chatelins abweichend,
teilt Sundermann 1) uns die Enstehung der Menschen
mit. Der erste Mensch sowohl wie Lowalangi selbst soll aus den
Fruchtkolben des Baumes Solambaja nga’eu entstanden sein,
der au f dem Rücken von dreissig' Winden, die zusammen
gekommen waren, wuchs. Anfangs war der Körper des Menschen
ohne Leben, erst später machte Lowalangi ihn lebendig.
Der erste Mensch jedoch starb sehr b a ld ; nach seinem Tode
entsprang aus seinem Herzen ein Spross, aus dem d er Baum
T o ra ’a emporwuchs. Auch dieser Baum trug Früchtekolben
und zwar goldene, aus denen wieder ein Mensch entstand,
mit Namen Tuha nilölö nangi, d .h . der Stammvater, den d e r
Wind eingewickelt hat. Baliu, der Sohn von Lowalangi wog
für diesen Menschen das Leben, die Seele ab.
Dieser Tuha nilölö, nangi hatte viele N achkommen, die ü b e r
der Erde wohnten. Erst später sandte Sirao, einer dieser
Na chkommen, seine Söhne nach Nias, die dan n die Stammeltern
der Niasser wurden.
Über den Stammbaum von Sirao besteht jedoch noch eine
andere Überlieferung:
Im Anfang herrschte überall Finsternis. Es wehten zwei
Winde, von denen der eine schwarz der andere ro t von F a rb e
war. Auf dem mit Moos bewachsenem Rücken des roten Windes
wuchs ein roter Baum, der in seinem Gipfel F rü ch te tru g ;
aus einer derselben entstand der Mensch. Dieser fiel h e rab
an den Fuss der Stammes, hatte jedoch weder Arme noch
Beine und auch keinen Kopf, er bestand n u r aus einem
Rumpf. Da kam ein böser Geist, aus dessen Nasenlöchern
der Wind hervorkam, welcher Moos au f den Rücken tru g ;
aus diesem Moos enstand wieder ein Baum, Sidumidumi
langi d. h. der dem Regenbogen vom Himmel gleich is t,
oder auch wohl T o ra ’ä genannt. Dieser Baum trug dicht am
Boden Früchte, u nd aus diesen F rü ch ten entstanden Aföcha
u nd Nadaoja. Aus einer F ru ch t jedoch im Gipfel des Baumes
1) Sundermann, H., Die Psychologie der Niasser. Allgem. Missions-
zeitschr. 14ter Band 1887 Derselbe. Die Insel Nias und die Mission
dasselbst. Rhein. Missionsschr. No. 125. 1905.