Teiles der Insel auch in Bezug au f Sitten u n d Gewohnheiten
von den im Norden wohnenden sehr verschieden sind. Wo h e r
die Niasser stammen, n en n t Raap noch eine offne Frage, die
man n u r an der Hand der Sprachverwandtschaft lösen k önnen
wird. Diese letzte Behauptung ist gewiss nicht ric h tig ;
die Sprache allein k an n in d er Regel ü b er die Abstammung
eines Volkes keinen Aufschluss geben, aus der gemeinsamen
Sprache d arf man noch nicht au f gemeinsame Abstammung
schliessen. Die gleiche Sprache k ann das Eigentum sehr heterogener
Rassen sein. Verschiedene Beispiele in der Geschichte
leh ren uns, dass eine kleine Ero b e rersch ar in ein Land eindringt
u n d den Urbewohnern ih re Sprache aufdrängt, während
die E ro b e re r physisch, d. h. anthropologisch, gänzlich in der
ursprünglichen Bevölkerung aufgehen u n d später nicht m eh r
von ih r zu unterscheiden sind.
Nicht im m e r k an n man die Sprache als Ausgangspunkt fü r
die Rasseneinteilung gebrauchen, wohl ist sie ein Faktor, der
uns gute Dienste dabei leistet. Bei d er Bestimmung von Rassenverwandschaft,
muss man so viel möglich Momente an fü h re n ;
hierau f h a t auch noch unlängst Hugo Obermaier (Der Mensch
aller Zeiten) gewiesen : „Um einiges Licht in das Dunkel der vorgeschichtlichen
Bevölkerung zu b ringen'- — schreibt er — „kann
m an verschiedene Wege einschlagen. Man k an n die geschichtlichen
Quellen, welche ü b er die Völkerbewegungen berichten,
von d er Gegenwart nach rückwärts verfolgen, wird aber dabei
schliesslich an einen Zeitpunkt kommen, vor dem alle geschichtlichen
Quellen versiegen. F ü r diese im eigentlichen
Sinne vorgeschichtliche Zeit muss man nach anderen Quellen
der Forschung Umschau halten. Die verschiedenen Völker
u n d Stämme unterscheiden sich in körperlicher Hinsicht; wir
dürfen deshalb hoffen, dass der Vergleich der somatischen
Eigentümlichkeiten der menschlichen Überreste aus vergan*
genen Zeiten mit denen der jetzigen Bevölkerung, dass, mit
ande ren Worten, die Ergebnisse der somatischen Anthropologie
Schlüsse au f die Abstammung der Völker u n d au f die
Geschichte d er vorhistorischen Völkerbewegungen gestatten.
Einige Hilfe zu r somatischen Charakterisierung der vorgeschichtliehen
Völker werden die freilich sehr spärlichen u nd zum
Teil un k laren Mitteilungen von Schriftstellern des Altertums
über die Völker ih re r Zeit zu bieten imstande s e in ; auch die
bildlichen Darstellungen antiker Bildhauer lassen bis zu
einem gewissen Grade Schlüsse au f die körperlichen Eigentümlichkeiten
einiger damaliger Völker E uropa s zu. Da a n genommen
werden darf, dass, wie heute bestimmte Völkergruppen
eine gemeinsame Kultur besitzen, auch jedes vorgeschichtliche
Volk charakteristische Kulturverhältnisse besass,
so sind auch von den Ergebnissen der Prähistorie u n d der
Altertumswissenschaft üb erh au p t bei richtiger Verwertung
Aufschlüsse über die Bevölkerung der vorgeschichtlichen Zeit
zu erwarten. Ein weiteres Hilfsmittel in der Erforschung der
Bevölkerung von jed e r schriftlichen Überlieferung stellt die
vergleichende Sprachforschung dar, welche Sprachelemente
aufsucht, die bei den verschiedenen Völkern au f gemeinsamen
Ursprung hinweisen, die au f Grund des bei verschiedenen
Völkern gemeinsamen Wortschatzes der Bezeichnungen von
Naturgegenständen, von täglichen Gebrauchsgegenständen die
gemeinsame Urheimat der untersuchten Völkern bestimmen
zu können hofft. In jedem der genannten wissenschaftlichen
Gebiete können Beiträge zu r Lösung der Frage nach den
Völkerverschiebungen un d der Abstammung gewonnen w e rd en ;
man d arf aber nicht vergessen, dass wohl eines derselben
allein imstande ist, die gestellten Fragen restlos zu beantworten.
Dem Anthropologen stehen n u r Skeletreste zu r Verfügung,
zum Teil in geringer Menge und schlechtem Erhaltungszustände
; für die äussere Erscheinung lassen sich daraus ver-
hältnissmässig wenig sichere Schlüsse gewinnen. Die gleichen
Kulturelemente können verschiedenen Völkern gemeinsam
sein, ohne dass nähere, verwandtschaftliche Beziehungen zu
einander bestehen. Kultureinwirkungen u nd Kulturkreise
können wir greifen, sagt E. Meyer, aber die Völker nicht —
soweit nicht geschichtliche Nachrichten der fremden Kulturvölker
uns d arü b e r unterrichten. Es ist ebenso möglich, dass
eine tiefgreifende V erschiebung der Bevölkerung inmitten einer
durchaus homogen erscheinenden Kulturepoche oder auch