z u r Zeit eines Kulturwechsels stattgefunden hat. Was für die
Kultur im allgemeinen gilt, h a t auch für die Sprache Geltung.
Die Sprache kan n in einem Lande wechseln u nd sich v erän dern
, ohne dass Völkerverschiebungen sta ttfin d en ; denn
Sprachen können au f ein fremdes Volk vielleicht von einer
ganz ände rn Rasse übertragen werden. Andrerseits können
selbst in n erh a lb einer Rasse ganz verschiedene Sprachen vorhan
d en sein.
Wenn auch keine der in Frage kommenden Wissenschaften
fü r sich allein imstande ist, die Fragen nach der Urheimat und
nach der Geschichte der Völker in vorgeschichtlicher Zeit zu
lö s e n , so steht doch zu erwarten, dass durch ein Zusammenwirken
derselben befriedigende Ergebnisse erzielt werden” .
Gegen den Auspruch im „Ausland von 1880, dass die Insel
Nias ein abgelöster Teil von Sumatra sei, eine Vermutung,
die auch von Modigliani x) geteilt wird, sind einzelne Beden-
ken anzuführen.
Erstens ist es auffallend, dass au f der Insel Tiere fehlen,
die au f Sumatra gefunden werden. In Nias z. R. finden wir
keine Tiger, Elephanten u n d Rhinozerosse. Andrerseits giebt
es au f Nias Tiere, die au f Sumatra fehlen. Ausserdem hat man
u n d habe ich selbst im In n e rn von Nias im Gebirge Korallengesteine
u n d Überreste von allerlei Seetieren gefunden, was
dafür spricht, dass die Insel sich aus dem Meere emporgehoben
hat. Auch die geologischen Untersuchungen von Prof. K.
Martin in Leiden sprechen für diese A n n a hm e ; Martin fand,
dass noch vor sehr kurz er Zeit sich die Nordostküste der
Insel ungefähr 130 Meter emporgehoben hat.
Übrigens n en n t Modigliani 2) in einer seiner späteren Publikationen
die Insel Nias eine aus dem Wasser heraufgestiegene
Klippe.
Prof. Martin teilte m ir Folgendes über die Insel m it: Nias
w a r vermutlich während der ganzen tertiären Periode grösstenteils
von der See bedeckt, gewiss ist, dass sowohl eocene
1) Modigliani, E., Die Insel Nias. Das Ausland. 1888.
2) Idem, Un Viaggio a Nias. Milano, 1896.
als miocene Sedimente Vorkommen. Aber auch in d er q u artä ren
Periode muss die Insel noch teilweise u n ter Wasser gelegen
haben, v o rde rhand lässt sich jedoch noch nicht bestimmen,
wie wreit sich damals die Seebedeckung ausgedehnt hat. Im
allgemeinen d arf man annehmen, dass Nias seinen gegenwärtigen
Umfang erst in der q u a rtä ren diluvialen Zeit erhalten hat.
Nach Prof. Max Weber wird vielleicht durch eine nähere
zoologische Untersuchung au f der Insel Nias m eh r ü b er die
Entstehung derselben u nd ihren eventuellen Zusammenhang
mit dem kontinentalen Asien zu erfahren sein. Es ist jedoch
noch fraglich, ob für den Anthropologen, der sich mit dem
Studium des recenten Menschen dieser Inseln beschäftigt, die
zoogeographischen resp. geologischen Resultate auch ü b er
die Abstammung der Revölkerung Aufklärungen geben
werden.
Das Urteil von Schreiber x) geht dahin, dass die Niasser
und die Ratak wahrscheinlich wohl von gleicher A bstammung
sind, dass jedoch beide Völker bereits seit langer Zeit ihre
eignen Wege gegangen u n d dad u rch die Unterschiede, die
man zwischen den Niassern u nd Batak findet, zu erklären
sind. Modigliani 2) h a t beobachtet, dass d er Typus der Ratak
sich von dem der Niasser u n te rsc h e id e t; sowohl die Gesichtszüge,
das Haar u nd die Hautfarbe sollen verschieden sein. E r
giebt jedoch zu, dass in Rezug au f Sitten u n d Gewohnheiten
sehr viel Übereinstimmung zwischen Niassern u n d Ratak
besteht. Modigliani findet auch keine V erwandtschaft zwischen
den Niassern u nd den Mentaweiern; die Hautfarbe der Men-
taweier ist nach seiner Angabe heller u n d geht m eh r in ’s
rötliche über, die Augen liegen stets horizontal. Sie pflegen
ihren Körper zu tätuieren, sprechen eine besondere Sprache
und h antieren Pfeil u n d Bogen. Von Rosenberg 3) hält die
Mentaweier für eine reine polynesische Rasse.
1) Schreiber, Dr. A., Die Insel Nias. Petermann’s Mitt. 1878.
2) Modigliani, E., Un viaggio a Nias. Milano, 1896.
3) Rosenberg, C. H. B. von, Een ethnografisch Probleem. Etudes
arch., ling, et hist, dediees ä M. le docteur Leemans. Leiden, 1885.