befestigten sich solche Larven an den Aquaviumwänden, wo sie sich als junge Stückchen mehrere
Tage lang hielten. Fig. 146 ist am ersten Tage nach der Festsetzung aufgenommen.
Einigemal beobachtete ich Larven, deren einziges Primärpolypid sich noch im Knospenstadium
befand: Formel A B (Fig. 144). Obwohl sie nicht unter dem Minimalmaass gewöhnlicher Larven
standen, so war doch der Theil, welcher die künftige Kolonie repräsentirte, auffallend dürftig entwickelt,
so dass man hier fast schon von einer Missgeburt reden möchte. Selbst wenn solchen Larven die'
Verwandlung gelingen sollte, dürften sie kaum die Kraft haben, sich bis zu der Stufe weiterzubilden,
wo die Erwerbsfähigkeit eintritt.
Ich hebe herv o r, dass in all diesen Fällen die Einzahl der Polypide ursprünglich war- und
n ich t etwa au f dem Fehlschlagen des anderen Polypides beruhtes Im Allgemeinen habe ich da, wo
mehrere Primärpolypide vorhanden waren, dieselben au f nahezu gleichem Stadium gefunden. ’ Nur
selten begegnete mir der Fall, dass von zwei Primärindividuen das eine im Knospenstadium verblieben
war, während das andere seine volle Ausbildung e rlan g t hatte.
Die Larven mit drei Primärindividuen gehörten durchweg zu den grösseren, namentlich war
der eingestülpte Theil stark entwickelt. Immer fand ich die Hauptpolypide ausstreckbar und so in
den Ecken eines Dreiecks ungeordnet, dass die Analseiten gegen die Mitte gekehrt waren. Bei drei
Stücken, die ich geschnitten habe, trifft einmal für sämtliche Polypide die Formel A B’ B~C zu, einmal
die Formel A B; das dritte Stück nimmt eine mittlere Stellung'ein, mit der Formel TA BC", “A B1 B
<UA B- Aus L"™ 'Kesin- Art ist der Stock Fig. 147 hervorgegangen, welcher am dritten Tagi
nach der Verwandlung skizzirt wurde.
In dem einen Fall, wo ich v ie r Polypide beobachtete, die alle ausstreckbar waren, lagen
dieselben in den Ecken eines Quadrates, zwm höher, zwei tiefer, die Analseiten nach der Mitte gerichtet.
Die Knospenformel war *A B, nA B, mA B, IVA.
Im Allgemeinen scheint es, als ob bei gehäufter Primärknospenbildung die Bildung der
Tochterknospen etwas verzögert würde. Das .spricht sich nicht nur in den angegebenen Formeln aus,-
sondern auch darin, dass die Tochterknospen hier weniger weit entwickelt sind, als es sonst bei
Hauptpolypiden von gleicher Grösse die Regel ist.
Dem Fall der vier Polypide steht als anderes Extrem der Fall einer gänzlichen U n te r drückung
desjenigen Theiles, welcher die bleibende Kolonie liefert, gegenüber. Er ist auf Taf. VIII,
Fig. 145 zur Anschauung gebracht. Die Larve, welche munter umherschwamm, ist gleichsam eine
taube Nuss, in der die Anlage des künftigen Organismus verkümmert ist. Das Embryonalcystid ist
gut und sogar ungewöhnlich kräftig entwickelt, es hat eine Länge von 1,24, eine Breite von fast
Umm; aber die Kolonie selbst wird nur durch das dunkle Zäpfchen repräsentirt, das in einer besonderen
Falte der inneren Wand der Duplicatur gelegen ist; von Polypiden ist keine Spur zu erkennen. Hat
diese Larve auch nur den Werth einer Missbildung, so ist sie doch insofern interessant, als sie zeigt,
in wie hohem Grade das Embryonalcystid von der Entwickelung der bleibenden Kolonie unabhängig
ist. Auch sonst besteht zwischen beiden keineswegs eine strenge Proportionalität, da bei Larven von
sehr verschiedenen Dimensionen die Zahl und Grösse der Polypide übereinstimmen oder sogar in
umgekehrtem Sinne verschieden sein kann.
16. Die Verwandlung der Larve und die weitere Entwickelung des Stockes.
Die Zeit des freien Umherschwärmens der Larven ist eine sehr verschiedene, sie kann wenige
Minuten oder auch viele Stunden dauern. Einzelne Larven befestigen sich fast unmittelbar nach der
Geburt, die meisten thun es im Laufe der Nacht oder am frühen Morgen, andere treiben sich noch
am folgenden Tage umher. Länger als 24 Stunden dürfte sich keine Larve frisch erhalten, findet
sie innerhalb dieser Zeit, oder ungefähr so, keine Gelegenheit zur Niederlassung, so geht sie zu Grunde.
Die Festsetzung geschieht vermöge einer Verwandlung, die sich in wenigen Minuten vollzieht
und die ich in meinen „Untersuchungen“ (’90, S. 119 f. u. Taf. XV, Fig. 168) beschrieben
habe. Die Larve schmiegt sich mit ihrem hinteren Pol an einen zur Niederlassung geeigneten Gegenstand
an. Unter zunehmender Contraction des Embryonalcystids wird der polypidtragende Theil, der
sich rasch erweitert, aus der Duplicatur hervorgeschoben. Die Duplicatur schlägt sich dabei
wie der Rand eines Tellers zurück, das Embryonalcystid schrumpft zu einer Scheibe zusammen (vgl.
Textfig. VI, S. 55), und endlich stülpt es sich derart um, dass seine wimpernde Aussenfläche nach
innen gekehrt wird. Auf diese Weise kommt es ganz in das Innere des mächtig ausgedehnten
wimperlosen Abschnittes der Larve zu liegen, welcher nach Absonderung einer Chitinschicht die
bleibende Kolonialwand resp. die ersten beiden Cystide des Stockes darstellt. Damit ist die eigentliche
Metamorphose beendet, die Polypide entfalten ihre Tentakelkronen und das Embryonalcystid geht
seiner Auflösung entgegen. Es spielt nun gewissermassen die Rolle des Nahrungsdotters, indem es
vom Stocke nach und nach resorbirt wird und demselben so über die erste, kritische Zeit seines
Lebens hinweghilft.
Wenn sich die Festsetzung über Gebühr verzögert oder wenn die Larve inmitten derselben
gestört wird, so tritt dennoch eine Schrumpfung des larvalen Cystides und eine Entfaltung der
Primärindividuen ein; doch kommen dabei weder die charakteristischen Stadien der Metamorphose zur
Anschauung, noch findet die vollständige Umkehr und Einziehung des larvalen Cystides statt:
Schliesslich verkümmert das Thier. An solchen Larven wurde zuerst von Meyen (;28), später von
P. J. van Beneden (’41) die Rückbildung des Flimmermantels und das Hervorkommen der Polypocystide
beobachtet, während Nitsche (’76, S. 128 f.) bei eben fixirten Stöckchen auch die Einziehung des
Flimmermantels in die definitive Leibeshöhle feststellte.
Die von Kraepelin (’92, S. 26) aufgeworfene Frage, wie bei der Verwandlung „die Wand
des Vorderkörpers in so rapider Weise sich verlängern kann, um alsbald thatsächlich nicht nur diesen,
sondern auch den gesamten übrigen Körper an Stelle der mehr und mehr herabsinkenden Embryonalwandung
umhüllen zu können“, glaube ich schon im 13. Kapitel (S. 58 f.) hinreichend beantworte^,
zu haben. Es findet eben einfach eine Ausdehnung und Abplattung der unter der Duplicatur der
Larve zusammengedrängten Zellen der definitiven Cystide statt, bei gleichzeitiger Ablagerung der im
voraus gebildeten Cuticularsubstanz. Wenn Kraepelin „die Lösung des Räthsels“ darin gefunden zu
haben meint, dass die Flimmerzellen des larvalen Cystides von der Umbiegungsstelle der Duplicatur
an „mehr und mehr den Charakter von vacuolentragenden Körperectodermzellen annehmen, mit anderen
Worten, dass sie augenscheinlich nach Verlust der Flimmercilien durch Vacuolenbildung direct in
Körperectodermzellen sich umwandeln“, so zeigt er nur, dass ihm der ganze Verwandlungsprocess
unklar geblieben ist, wie er denn auch nach seinem eigenen Bekenntnis (’92, S. 27) „nicht in dem
Besitze unzweifelhaft normal sich festsetzender Exemplare war“.
Auf Taf. XV, Fig. 169, meiner Untersuchungen vom Jahre 1890 habe ich das eingestülpte
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