Schon beim Anfassen des Schwammes nimmt man die bedeutende Festigkeit desselben wahr.
Dieselbe wird einesteils durch eine grosse Menge von Skeletnadeln (Amphioxen) bewirkt, die in dem
Gewebe eingestreut sind, andererseits aber auch durch die Festigkeit des Gewebes selbst, in welchem
ziemlich kleine und vereinzelte Wasserräume bemerkbar sind, besonders in den hautartigen Teilen,
während die dickeren Partieen, welche durch starke Nadelzüge gestützt werden, in der Umgebung
der letzteren grössere Hohlräume enthalten. Im Bindegewebe sind die geformten Elemente sehr
zahlreich und verhältnismässig gross: spindelförmige Elemente, die in der Haut in tangentialer Lagerung,
sonst ohne bestimmte Anordnung liegen, und amöboide Zellen von etwa 10 p Durchmesser.
Beide Arten gehen durch Zwischenformen in einander über. Ausserdem sind überall, besonders
zahlreich aber an der Oberfläche, schwarze körnige Pigmentzellen in Menge vorhanden. Die rundlichen
Geisselkammern sind sehr zahlreich und meistens dicht bei einander gelegen, sie haben etwa
20 p im Durchmesser.
Das Skelet besteht ausser den zerstreuten Amphioxen, die meistens parallel oder ziemlich
senkrecht zur Oberfläche gerichtet sind, aus starken Zügen von ebensolchen Nadeln, von denen die
Acanthostyle abstehen. Spongin als Kittmasse ist nicht merklich entwickelt. Diese Nadelzüge verlaufen
in die vorragenden Knoten und Dornen der Oberfläche hinein.
Von Skeletelementen sind die folgenden zu unterscheiden:
1. A m p h io x e (Taf. 5, Fig. 8a) mit massig scharfen Spitzen; dieselben variieren in der
Länge ziemlich bedeutend, etwa zwischen 35(F'und 800 p bei einer Stärke von 12—16 p. Die
Nadeln sind gerade oder schwach gebogen. Sie bilden bei weitem die Hauptmasse des Skelettes,
sowohl in den Zügen, als auch ausserhalb derselben.
2. A c a n th o s t y l e (Taf. 5, Fig. 8b), die vom stumpfen Ende, an welchem manchmal eine
schwache Verdickung sich absetzt, bis zur Spitze gleichmässig verdünnt sind. Sie sind in ganzer
Länge mit mässig grossen Dörnchen besetzt, die am stumpfen Ende ziemlich dicht stehen und mehr
knotenförmig sind. Die Länge dieser Nadeln beträgt etwa 125 p, während das stumpfe Ende 10 p
im Durchmesser hat. Die Acanthostyle finde ich nur an den Nadelzügen, von denen sie in der für
die Ectyoninen charakteristischen Weise abstehen.
3. Dünne S ty le (Taf. 5, Fig. 8 c) von 450 p Länge und etwa 3 p Durchmesser finden sich
bündelweise an der Oberfläche, aus der sie zum grössten Teile, mit den Spitzen nach aussen gewendet,
hervorragen. Solche divergierenden Bündel finden sich nicht allein an den knotenförmigen
Hervorragungen, sondern auch an den lamellenartigen Ausbreitungen ziemlich häufig.
Gattung L i o s i n a n. g.
Eine Spongienart der S a r a sin ’sehen Sammlung kann ich keiner der mir bekannten Gattungen
einreihen und sehe mich daher genötigt, für sie eine neue Gattung aufzustellen. Ich habe derselben
wegen der glatten Oberfläche des vorliegenden Schwammes den Namen Liosina (von XeToc glatt) gegeben.
Charakterisiert ist die Gattung durch das Vorkommen starker, durch mehr oder weniger Spongin
verkitteter, vereinzelter Nadelzüge, neben welchen sich nur ziemlich zerstreute Nadeln derselben Art
vorfinden. Diese einzige Art von Skeletelementen sind ziemlich grosse Strongyle oder Amphioxe,
die beide einander gleichwertig sind, indem die Nadeln an den Enden mehr -oder weniger stark abgerundet,
seltener zugespitzt sind.
Obwohl es unter den Bauenden Gattungen mit einzelnen Nadelzügen neben zerstreuten Amphioxen
giebt, wie namentlich Calyx :fwahrscheinlichM= Cladecrcce Topsent), so glaube ich doch nicht, dass
unsere Gattung Ieosma als Benieride zu bezeichnen sein wird, da das Bindegewehe, das Kanalsystem,
wenn ich so sagen darf, der Character des ganzen Schwammes wesentlich verschieden ist.
Deutlich entwickelte Subdermalräume und eine zusammenhängende Haut fehlen. Mir scheint eher,
dass trotz des Pehlens von Acanthostylen diese Spongiengattung mehr Beziehungen zu manchen Ectyo-
nmen, wie z. B. Echinodictyum, zeigt, bei welchem ja auch Nadelzüge und vereinzelte Nadeln Vorkommen,
nur sind hier nooh die charaoteristischen Acanthostyle vorhanden, welche der Ltosim fehlen.
Auch die Grösse der Spicula stimmt schlecht zur Gattung Cktyx, wo die Amphioxe nur etwa 220 p
lang sind, etwa ein Viertel der Länge derer touXmwm. Noch weniger ist an Chalinidm zu denken,
da eine Netzbildung der Nadelzüge bei Liosim fehlt. Die Acanthostyle können bei Eehimdichyum-
Arten schon recht |j|ten werden, wie z. B. D en d y y | | | seinejn Echmoäktywm spmgiosum angiebt
(Catalogue of Bon-calcareous Sponges in: Proceedings of the E. Society of Victoria, v. 8; p. 45), da
wäre ja die Annahme, dass sie auch ganz verloren gehn können, nicht auszuschliessen.
Aehnlich wie T o p s en t seine Gattung Stylinos, trotzdem dass meist nur eine Nadelform
(Styl vorhanden ist, vermutlich mit Recht zu den Besntaddmiden gestellt hat, dürfte auch die vorliegende
Gattung zu jenen Ausnahmsformeh gehören, die trotz des Pehlens von Ohelen und trotz
der äusserst einfachen Skeletbildung doch zu den „Poecdosderidae*1 gestellt werden muss.
Liosina paradoxa n. sp.
(Taf. 2, Fig. 5, Taf. 4, Fig. 4 und Taf. 5, Fig. 9.)
Soviel das einzige, offenbar unvollständige Exemplar dieser Art erkennen lässt, ist die Porm
des Schwammes einfach massig, in einer Richtung in die Länge gezogen, ohne deutliche Hervorragungen
und Osculä, von einer graubraunen Färbung, von der sich kleine Flecke und feine netzartig
verlaufende Linien einer etwas dunkleren Färbung abheben und der Oberfläche ein sehr eigentümliches
Aussehen verleihen. Die Abbildung (Taf. 2, Fig. 5) lässt diese Verhältnisse nicht deutlich
erkennen. Das Innere des Schwammes ist etwas heller gefärbt; es ist im Ganzen fein porös,
einige etwas weitere Höhlungen soheinen meistens von Polyohäten bewohnt zu werden. Dasjenige
Element, welohes der Spongie ihre Färbung giebt, ist eine Menge kleiner Fremdkörper, wahrscheinlich
Schlammklümpchen, die merkwürdiger Weise eine ziemlioh regelmässige Anordnung um die
grösseren Wasserräume, wahrscheinlichdie ausführenden, und unter der Oberfläche,-sowie auch
neben den NadeMgen erkennen lassen (Taf. 4, Fig. 4). Zwischen den grösseren Hohlräumen und
den sehr vereinzelten, aber starken, im Querschnitt unregelmässig umgrenzten und durch reichliches
Spongin zusammengehaltenen .Nadelzügen findet sich ein helles, lockeres, zellenarmes Bindegewebe,
welches die zahlreichen Geisselkammern sehr deutlich erkennen lässt. Letztere sind ziemlich klein,
pundlioh oder oval, 1 2:16—14,: 20 p, manchmal noch weniger, im Durchmesser, mit 'weiten Oeff-
nungen, sodass sie meistens sackförmig erscheinen. An der Oberfläche ist eine dünne Schicht com-
pakten, tangential-fasrigen Gewebes unterschieden.
Isolirte Nadeln sind in geringer Zahl dem Gewebe eingestreut. Die einzigen Skeletelemente
Bind an den Enden zugespitzte oder mehr oder weniger verkürzte und abgerundete Nadeln mit gleichen
Enden, Amphioxe und Amphistrongyle, deren Länge, eben wegen der häufigen Verkürzung, ziemlich
stark schwankt, ihre grösste Länge dürfte 0,9 mm sein, während sie zumeist zwischen 0,6 und 0,8 mm
messen; ihr Durchmesser beträgt gewöhnlioh 20 p, manchmal noch etwas mehr. Wenn die Enden
zugespitzt sind, so sind sie meistens sehr allmählich verjüngt (Taf. 5, Fig. 9).
Zoologica. Heft 24 n- _