Placenta abwärts, besteht von Anbeginn nur aus der Mesodermschicht. Hier findet sich niemals ein
inneres Epithel. Wenn Korotneff (’89, Fig. 10—12) ein solches zeichnet, so beruht das auf ungenauer
Beobachtung.
Als zweischichtige Blase mit einfachem Hohlraum ist der Embryo von Reinhard (’82, Taf. VI,
Fig. 24) und von Kraepelin (’92, Taf. II, Fig. 72) dargestellt worden.
12. Die polypoiden Knospen.
Noch während der Mesodermbildung sind die am oberen Pole gelegenen Embryonalzellen
bedeutend grösser als die am unteren Pole. Hat sich aber das Mesoderm zu einem regelmässigen
Epithel angeordnet, so pflegt dieser Unterschied eine Zeit lang zurückzutreten (Taf. VI, Fig. 124 u. 126),
was vielleicht als Folge der durch die Mesodermbildung bedingteu Erschöpfung der Zellen des oberen
Poles anzusehen ist. Bald jedoch zeigt sich am oberen Pole das Übergewicht von neuem, und zwar
jetzt unter Betheiligung b e id e r Keimschichten, der inneren wie der äusseren. Beide erscheinen
daselbst erheblich verdickt, sie bilden zwei kräftige Epithelien von kubischen bis cylindrischen Zellen.
In diesem obersten Abschnitt des Embryo treten nun, in der Regel fast gleichzeitig, zwei
stärker verdickte Stellen auf, als erste Andeutung der polypoiden Knospen (Taf. VII, Fig. 130, A).
Dieselben befinden sich stets unterhalb des Embryonalscheitels an zwei - einander gegenüberliegenden
Punkten der Wandung. Sind sie an Alter verschieden, so ist meistens die jüngere dem Embryonalscheitel
näher gerückt als die ältere (Fig. 131, 132), jedoch erreicht sie ihn nie. Ich habe dies schon
in meinen früheren Untersuchungen (’90, S. 116) angegeben und betone es nochmals im Gegensatz
zu der Darstellung KorotnefFs (’87a), wonach die „eine Knospe am apicalen Pole der Planula“ entstehen
soll.
In Fig. 130a ist die linke Knospenanlage der Fig. 130 bei stärkerer Vergrösserung wiedergegeben.
Wie bei anderen Bildungen, so schwankt auch bei den Knospen die Zeit des ersten Auftretens
in ziemlich weiten Grenzen. Während z. B. in Fig. 130 beide Anlagen deutlich erkennbar sind, gilt
das für Fig. 133 noch nicht, und in Fig. 134 ist nur ein sehr kleiner Fortschritt bemerkbar. Es
lässt sich daher im Allgemeinen nur so viel behaupten, dass die Entstehung der Knospen in die durch
die Figuren 130 und 134 begrenzte Entwickelungsperiode fällt.
Indem die zunächst in Form einer stärkeren Wandverdickung auftretende Knospe sich an
der Peripherie allmählich zusammenzieht, wird die Verdickung mehr und mehr einwärts gebogen und
stellt nun einen flachen, mit der Mündung nach aussen gekehrten Napf dar (Fig. 134, A, rechts, und
Fig. 135). Dieser Napf vertieft sich vermöge der fortgesetzten Zusammenziehung seines Randes zu
einem kurzen, in die Leibeshöhle hineinhängenden Sacke (Fig. 136) und wächst gleichzeitig in Folge
der Wucherung seiner Zellen. Die ersten Knospen entstehen also durch typische Einstülpung der
Embryonal wand, wie schon Metschnikoff (’71) richtig bekannt hat.
Die Mündung des Sackes ist jetzt in der Regel geschlossen, aber nicht durch Verwachsung,
sondern nur durch enge Zusammenfügung der randständigen Zellen. Mitunter sieht man daher das
Lumen der Knospe durch einen engen Kanal mit der Oöciumhöhle communiciren (Fig. 137). In dieser
Beziehung unterscheiden sich die während des Embryonallebens gebildeten Knospen von den späteren,
deren Hohlraum erst secundär mit der Aussen weit in Verbindung tritt; ein rein morphologischer
Unterschied, welcher in der geschützten Lage des Embryo seine Erklärung findet. Physiologisch
betrachtet herrscht in beiden Fällen das gleiche Verhältnis, da ja der Embryo selbst im Lumen einer
allseitig geschlossenen, erst bei der Geburt sich öffnenden Knospe — des Oöciums — gelegen ist.
Durch ihre polypoide Gestalt heben die Knospen sich scharf von der Embryonalwand ab,
der sie ursprünglich selbst angehörten. Sie stellen uns nun in bestimmter Umgrenzung diejenigen
beiden Zellbezirke vor Augen, von denen in der k ü n ftig en K o lo n ie alle und jed e N eu b ild u n g
a u s g e h t. Alle Organe und Knospen, die in dem vorderen, die künftige Kolonie repräsentirenden
Theile des Embryo von jetzt ab gebildet werden, sind in den beiden primären Knospenaulagen samt
und sonders enthalten. Denn wenn auch die Embryonalwand selbst, so weit sie in diesem Theile
gelegen ist, direct in die Kolonie übergeht, so stellt sie doch nur ein relativ kleines Stück der
letzteren, und zwar ein Stück der Leibeswand dar; wogegen der grössere Theil der Leibeswand, die
Polypide mit ihren Anhangsorganen, die Statoblasten, die Geschlechtsproducte, die Tochter-, und
Enkelknospen, aus dem Material der Primärknospen ihre Entstehung nehmen.
Die Primär knospen sind demnach die beiden Evolutionscentren, aus denen, bis auf einen
geringen Rest der Leibeswand, die gesamte Kolonie sich entwickelt; und die Anlage dieser Knospen
ist eigentlich nur der morphologische Ausdruck einer an der vorderen Kuppe des Embryo Platz
greifenden D iffe r e n z iru n g , vermöge deren ein Theil beider Keimschichten definitiv den Charakter
der Leibeswand annimmt, während ein anderer Theil, nämlich der, welcher die Knospen liefert, seine
embryonale Natur bewahrt und zu weiteren Differenzirungen fähig bleibt. Die Knospung beruht also
im Grunde auf einer L o ca lisa tio n des em bry ona len Z e llm a te r ia ls,, und dies gilt nicht nur
von der Bildung der ersten, sondern alle r Knospen. Denn innerhalb einer jeden Knospe schreitet
die Differenzirung in der Weise fort, dass wiederum nur ein T h e il des vorhandenen Materials zum
Aufbau des definitiven Individuums verwerthet wird; ein anderer Theil wird in embryonaler Form
an bestimmter Stelle ausgesondert und localisirt, und diese Localisation, die sich unter beständiger
Zellvermehrung vollzieht, ist eben die Bildung der neuen Knospen.
Die weitere Entwickelung der Primärknospen verläuft nun genau so, wie es bei den späteren
Knospen der Fall ist und wie ich es in meinen „Untersuchungen“ (’90) ausführlich geschildert habe.
Aus dem unteren, d. h. am weitesten eingestülpten Abschnitt jeder Knospenanlage entsteht
das P o lyp id , also der Darmtractus und die Tentakelkrone nebst dem Nervensystem: „Untersuchungen“,
S. 45—46. Die Orientirung der Polypide ist eine solche, dass die dem Embryonalscheitel zugewendete
Seite jeder Knospe zur Analseite, die andere Seite zur Oralseite wird. In Folge dessen sind später,
wenn die Knospen weit gegen den unteren Pol herabhängen (Fig. 140), die Analseiten der Polypide
einander zu-, die Oralseiten dagegen abgekehrt. In Fig. 137 ist die Stelle des Afters durch einen
Knick, vermöge dessen das Lumen der Knospe oberwärts gegen das innere Knospenblatt vorspringt,
bereits kenntlich geworden, und in Fig. 138 ist an der entsprechenden Stelle ein kurzer Bruchsack
zu Tage getreten, welcher die Anlage des Afterdarms und des Magens darstellt. Indem das geschlossene
Ende dieses „Analschlauches“ gegen das primäre Lumen der Knospe durchbricht, entsteht der conti-
nuirliche Darmtractus (Fig. 140). Wie ich schon mehrfach betont habe (’90, S. 48, 57, 102; ’92;
’93, S. 4), halte ich die Bildung des Analschlauches für eine secundäre, in jeder neuen Knospe sich
wiederholende Gastrulation, durch welche aus dem indifferenten Material des inneren Knospenblattes
diejenigen Elemente ausgesondert werden, die das definitive Entoderm, nämlich die resorbirenden
Darmtheile, liefern. Alles, was sonst aus dem inneren Knospenblatte hervorgeht, ist als Ectoderm zu
bezeichnen. Die Principien, welche zu dieser Auffassung führen, Gründe und Gegengründe, habe ich
in dem Aufsatze „Was ist ein Keimblatt?“ (’95) erörtert.