Da der Funiculus durch Abschnürung einer an der Oralseite der jungen Knospe auftretenden
Zellenleistö des äusseren Knospenblattes gebildet wird (Braem, ’88, S. 533; ’90, S. 66 f.; Oka, ’91,
S. 141), so sind auch die männlichen Keimzellen schliesslich auf das ä u s s e r e B la t t der K n o sp e
z urttck zufUhren.
Der reife Hoden bedeckt den Funiculus oft in seiner ganzen Länge bis gegen die Cystidwand
hin, wo der statoblastenbildende Iveimstock seinen Anfang nimmt. Dieser selbst ist frei von
Samenzellen. Das Abschwärmen der Spermatozoen beginnt an der Magenseite, da liegt der älteste
Theil des Hodens, wie auch der älteste Theil des Funiculus selbst. Von da schreitet die Reifung
nach abwärts fort, um die oberhalb des Keimstockes bezw. des ersten Statoblasten gelegenen Zellen
zuletzt zu ergreifen (s. Braem, ’90, Taf. XV, Fig. 176). Die gegenteilige Angabe von Allman (’56,
S. 32) dürfte dadurch zu erklären sein, dass Allman die von Spermatozoen entblössten Restkörper für
junge Samenzellen gehalten hat.
Nicht immer jedoch erscheint der Hoden in dieser Form. Oft bildet
er nur eine rundliche Verdickung am Funiculus, welche eine verhältnism .aasig
kurze Strecke desselben in Anspruch nimmt. Auch hat er nicht immer
oberhalb des ältesten Statoblasten seine Stelle, obwohl dieses die Regel ist.
Wie ich schon früher (’90, S. 115) erwähnt habe, kommt es vor, dass er an dem
zwischen zwei Stntoblnsten eingeschalteten Stücke des Funicularstranges zur
Entwickelung gelangt (s. die Textfigur), in welchem Falle die Hodenzellen
ehemals in dem äusseren Blatte des Keimstockes selbst gelegen haben müssen.
Daraus folgt, dass auch die Epithelzellen des Keimstockes, die ja in der That
nur die Fortsetzung des Funicularepithels sind, die Fähigkeit haben, männliche
Geschlechtsproducte zu liefern, wenn sie im weiteren Verlauf der Entwickelung
in das Internodium zwischen je zwei Statoblasten zu liegen kommen,
also von der Statoblastenbildung ausgeschlossen bleiben.
Wenn auch die Hodenreife natürlich eine gewisse minimale Altersstufe
des zugehörigen Individuums voraussetzt, so ist sie doch im Übrigen keineswegs
an ein bestimmtes Entwickelungsstadium desselben gebunden. Man
kann bei völlig ausgebildeten Polypiden sehr junge Hoden und bei Knospen
von mittlerem Alter schon reife Spermatozoen finden. Diese Ungleichheit
kommt daher, dass die geschlechtliche Thätigkeit in einer bestimmten Entwickelungsperiode
der Kolonie ihren Gipfel erreicht und später zu Gunsten
der Statoblastenbildung zurücktritt. Zur Zeit der geschlechtlichen Vollkraft
reifen die Samenzellen sehr schnell, und die Spermatozoen verlassen bereits
den Funiculus, wenn sich das Individuum noch im Knospenstadium befindet.
Dann aber tritt ein langsameres Tempo in der Entwickelung ein, die geschlechtliche
Kraft erlahmt, und das Individuum kann seine organische Ausgestaltung
erreichen, ehe die Hodenzellen gereift sind. Schliesslich hört die
ig . I. Funiculus von Plu-
matelln fungosa (Preil, 2.
VII. 87); Vorgr. 40.
f Funicularstrang, I— V I
ältester bis jUngster Stato-
b la s t; A'Kciinstock; Lw Zel-
B Holung
d9n- Bildung von Spermatozoen überhaupt auf, und der Funiculus bringt lediglich
Statoblasten hervor.
Wir sehen also, dass die Geschlechtsproducte — denn mit den Ovarien scheint es ähnlich zu
sejn — sicli in hohem Grade von dem Einfluss der Einzelthiere befreit haben und in ihrer EntwickeF
vornehmlich durch den Zustand des ganzen Stockes bestimmt werden; so dass wir eher von
einem geschlechtsreifon Stock als von geschlcchtsroifen Einzelthieren werden sprechen können, wie ja
die letzteren thatsächlich nicht mehr vollgültige Individuen, sondern in physiologischer Hinsicht
O r g a n e der höheren Individualität des Stockes sind. —
Indem ich mich nun zur Darstellung der Entwickelung der einzelnen Samenelemente wende,
verweise ich behufs a l lg em e in e r O r ie n t ir u n g zunächst auf die in den Figuren 1, 2, 3, Taf. I,
wiedergegebenen Schnitte durch Hoden verschiedener Altersstufen.
Fig. 1 ist ein Längsschnitt durch einen sehr jungen Funiculus, der die ersten Anfänge der
Hodenbildung erkennen lässt. Die aus dem äusseren Knospenblatt herstammonden embryonalen
Mesodermzellen, die den Funiculus ursprünglich zusammensetzten, haben sich theilweise zu einem einschichtigen
Epithel (f) verbunden, welches in Form einer langen Röhre oder eines Schlauches von dem
Darm (D) nach der Leibeswand (bei T/iv) hinzieht und eine directe Fortsetzung einerseits des äusseren
Darmepithels und anderseits des inneren Epithels der Leibeswand darstellt. Dieses lang ausgezogene
Rohr, an dessen Innenseite später eine homogene Membran und zahlreiche Muskelfasern auftreten
(vgl. Fig. 2, /), repräsentirt den eigentlichen Funicularstrang. Seine Zellen haben bereits ihre
embryonale Natur aufgegeben, um sich mit einer bestimmten Function an der Lebensarbeit des Individuums,
dem der Funiculus angehört, zu betheiligen. Dem entspricht ihre abgeplattete Form, welche
mit einer Abplattung und Verlängerung des Kerns Hand in Hand geht; auch ist der Nucleolus nicht
so gross und deutlich, wie er in den embryonalen Zellen zu sein pflegt.
Im Gegensatz dazu ist in den anderen Zellen (Fig. 1, spy), welche kein regelmässiges Epithel
bilden, der embryonale Typus vollkommen bewahrt geblieben. Diese Zellen erscheinen wie eine
Wucherung jenes epithelartig veränderten Stranggewebes, sind aber thatsächlich der unveränderte,
nur durch Theilung vermehrte Rest der ursprünglichen Funicularzellen,- welche nicht alle zur Bildung
des Stranges erforderlich waren und daher theilweise functionslos geblieben sind. Die embryonalen
Zellen sind also nicht aus den Strangzellen, sondern umgekehrt sind diese aus den embryonalen Zellen
als Producte einer besonderen Differenzirung hervorgegangen. Die embryonalen Zellen sind von rundlicher
Form und haben einen grossen, kugeligen Kern mit stark färbbarer Membran, grossem, in
der Regel ovalem Nucleolus und körnigem Chromatin zwischenein. Sie sind die Mutterzellen der
Samenkörper.
Indem diese Zellen sich lebhaft vermehren, treten sie in Form von Knoten und Ballen am
Funiculus hervor, wie aus dem Querschnitt Fig. 2 zu ersehen ist. Sie verlieren dabei grösstentheils
ihre rundliche^Form lind werden mehr oder minder keulenförmig, wobei die plasmatischen Stiele der
Keu len innerhalb jedes Ballens nach dem Centrum desselben convergiren und hier mit einander in
fester Verbindung bleiben, während die verdickten Enden der Keulen frei nach aussen gerichtet sind.
In diesen verdickten Enden befinden sich auch die Kerne.
Schliesslich geht aus einem derartigen Gebilde der reife Hoden hervor, der in Fig. 3 bei
schwächerer Vergrösserung im Längsschnitt dargestellt ist. Die dem Funicularstrang (/) anhangenden
Ballen bestehen in ihrem centralen Theil aus einer plasmatischen Masse (bl), welche ringsum mit
Spermatozoen besetzt ist, deren Schwänze wie lange Cilienbüschel nach aussen strahlen.
Was für Wandlungen macht nun d ie e in z e ln e Z e l l e d e s H o d e n s von dessen jüngstem
Stadium an durch, bis schliesslich das fertige Spermatozoon aus ihr hervorgeht?
Ehe ich diese Frage auf Grund eigener Befunde zu beantworten suche, muss ich über die
Angaben referiren, welche bisher darüber gemacht sind.