I
m it zunehmendem A lter d e r Pflanze wächst, seine g rösste Ausdehnung ab er
bei schwachästigen und schmalkronigen Bäumen frü h e r, bei bre itästig en
HMzarteu sp ä te r und oft erst im höchsten Greiseualter de r Pflanze erreicht.
Diesen Baum n e n n t de r P o rstw irth S t a n d r a u m , und rücksichtlioh des Bodens,
Uber dem sich die Baumkrone senkrecht erhebt, ü e b e r s c h i rm u n g s f l ä c h e ’
wobei die Uebersehirmung des Bodens eine um so vollständigere, anderen
Pflanzenwuohs ausschliessende ist, als die Verzweigung und Blattb ild u n g
reichlicher erfolgt, letztere zugleich gi-össer o der vieljährig au sdauernd ist.
E s b rau ch t kaum bemerkt zu werden, dass mit dieser naturgemässen
vollständigsten Kronenausformiing auch die reichlichste Entwickelung von
E rn ah ru n g s- und A thm u n g so rg an en , Saugwurzeln und B lättern verbunden
ist, ,n Folge dessen auch die grösste Holzmassen-Vermehrung, Holzzuwachs
von J a h r zu J a h r an der Pflanze erfolgt, und dass auch dieser Jahreszuwachs
sich bis in ein sehr hohes A lter de r Bäume in steigender Grösse erhält.
Fa ssen wir nach diesen Vorauslassungen nunmehr die Aufgabe des
orstwirthes ms Auge, a u f gegebenen Flä ch en in de r kürz esten Zeit Holz
oder andere Baumprodukte in de r grö ssten Menge und von d e r besten oder
emer besonders verlangten Beschaffenheit zu erzeugen, und dabei zugleich
die grosstmoghche Bodenrente zu erzielen. — In je n e n zu den Ausnahmen
zahlenden Fa llen, wo nich t das Holz, sondern die Baumfrüehte als Mast,
oder die Knoppern als werthvolles Gerbemateriale den Gegenstand de r H a u p tnu
tzu n g bilden, wird dei-Forstwirth nich t Ursache haben, der im Vorstehenden
besprochenen naturgemässen Kronenentfaltung, da eben diese die reichlichste
rucht- und Kn o ppernerzeugung mit sieh bringt, irg en d beschränkend en tgegen
zu ta-eten; e r wird vielmehr bei de r Erzieh u n g solcher Holzbestände,
von der ersten Ju g e n d an, den einzelnen Pflanzen den von ih re r N a tu r und
dem Standorte verlangten Waehthumsraum geben, und so oft die Kro n en der
nachbariiehen Setzlinge in B e rü h ru n g treten , durch rechtzeitige En tfe rn u n g
oder Em k u rzu n g der überzähligen Stämme jed em naohtheiligen D rän g en zu
begegnen wissen. Um jed o ch diese letz te ren von den bleibenden Stämmen
die zu r Zeit ih re r vollständigen Kroneiiausbildung einen möglichst gleiehmäs-
sigen Standraum haben so llen , zu u n te rs ch e id en , muss e r schon bei der
^ l a g e des ju n g en W ald es dessen d ereinst zu erzielenden Z ustand vor
Augen h a b en ; er muss m it Hilfe de r E rfah ru n g die durchschnittliche E n tfe rn
u n g eines ausgeb,Ideten Stammes von dem an deren e rm itte ln , und seine
Setzlinge gleich dem Obstgärtner sogleich in diesem räumlichen Stande pflanzen
nebenbei den Boden durch G e treid e- oder E u tte rb au , oder durch A n zucht
eines Boden-Holzes bestens zu benutzen trachten, oder er wird bei
ju n g en Saat- oder Aufschlagbeständen die den dereinstigen Holzbestand
bildenden Stämmchen sogleich auszeichnen, u n d diesen den freien W ach sthumsraum
au f dem oben an g ed eu te ten W eg e fortwährend erhalten.
In W äld ern , die des Holzes wegen herangezogen werden, glau b t man,
nach den bisher g ü tig en Hegeln der Holzzucht, den Zweck am vollständigsten
zu erreichen, indem man eine so grosse Pflanzenzahl au f de r Flä ch e emporzubringen
su c h t, damit de r Boden a lsbald vollkommen übersch irm t und
beschattet, und so in de r dem Holzwuchse zusagenden F risch e und F ru c h tb
a rk eit erh alten werde. Da s in derlei dicht geschlossenen Ju n g h ö lz ern ba ld
eintretende D rängen und theilweise Unte rd rü ck twe rd en de r Stämmchen
be tra ch te t man als das uothwendige Mittel, um den W a ld zu vermehrtem
Höhenwuchse zu zwingen, und dessen sogenannte Reinigung, d. i. das Absterben
de r u n teren Kronentheile, herbeizuführen. Diese Reinigung erfolgt
nun n ich t selten so gründlich, dass n ich t n u r unzählige Stämmchen gänzlich
absterben, sondern eben so viele auch in entschiedenes Siechthum verfallen,
was den sorgsamen Fo rstw irth veranlasst, eine erste Ausräumung des B e stan des
ein treten zu lassen, die oft mehr kostet, als das gewonnene, geringe
Materiale werth is t, die er aber als nothwendige Erziehungsmassregel für
vollkommen g e rech tfe rtig t ansieht. Sp äterhin tre te n dann u n te r g ü nstigen
Umständen wiederholte Durchforstungen ein, wobei aber stets de r Grundsatz
festgehalten wird, den Kronenschluss des W ald es so wenig wie möglich zu
unterbrechen, vielmehr die möglichst grösste Stammzahl au f de r F lä ch e —
und einen von den naturgemässen Ansformungsgesetzen ganz abweichenden,
künstlichen Zustand bis zu r endlichen Aufnutzung des W ald es zu erhalten.
Hier en ts teh t n u n b illig die F r a g e , ob denn ein solcher k ü n stlicher
Waldzustand, s c h o n v o n J u g e n d a u f ängstlich erhalten, wirklich eine
unbedingte Nothwendigkeit fü r den Zweck des Forstwirthes sei, ob wirklich
dieses gewaltsame H in tan h a lten de r naturgesetzlichen Ausformung unserer
Holzarten u n t e r a l l e n U m s t ä n d e n g e rech tfe rtig t erscheine, ob n ich t vielmehr
das Ziel de r Holzzucht durch grössere Rücksichtnahme au f das räum liche
Bedürfiiiss der Holzgewächse, v o lls tän d ig e r, sicherer und schneller
erreicht werden k ö n n te ?
Die gründliche E rö rte ru n g und E rled ig u n g dieser F ra g e n erscheinet uns
von solcher W ichtigkeit, zugleich ist fa st jedem Fo rstm an n e ein so ausgedehntes
F e ld hiezu geboten, dass wir diese Gelegenheit nich t versäumen
zu sollen glauben, um die forstbotanischen Studien und Forschungen der
Pachgenossen in diese Richtung zu lenken, die uns h eu te von weitaus g rösserer
p rak tisch er Wichtigkeit, als je d e andere, zu sein scheint. W ir sind
weder in der Verfassung, noch wäre h ier der Ort, tie fer in den Gegenstand
e in zu dringen; n u r Anreg u n g wollten wir g e b e n , u n d wo möglich die