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Der Höhentrieb eines Jah res b e träg t manchmal 3— 4 Fuss. Der grösste
Durchschnittszuwachs liegt bei der Fichte gewöhnlich zwischen dem 6 0— 80.
Jah re. Mit 100 — 120 dürfte meist die Höhenzunahme aufhören, auf geeignetem
Standorte aber erreicht die Pichte ein bis 2 0 0 jäh rig es A lter, und eine
Höhe von 180 Fuss mit 4 8— 56 Zoll Stärke.
Auch die Fich te liebt von Ju g en d au f einen starken Schluss, und bildet,
aus hinreichender natürlicher Besaamung oder aus Saaten entstanden, undurchdringliche
Dickungen, doch tr itt ein völliges Absterben der unterdrückten
Stämmchen und eine Selbstreinigung der Bestände früher ein als bei der
Tanne. — Die Mittelhölzer in reinen Piohtenforsten, wenn sie nicht dem
Pliinterwalde angehören, zeigen eine besondere Gleichförmigkeit in Höhe und
Stammstiirke, insbesondere dann, wenn selbe sorgfältig durchforstet wurden.
Die Fichte zeigt in Europa sowohl in horizontaler als verticaler Richtung
die ausgedehnteste Verbreitung. Sie kommt eben so g u t in der Ebene fort, als
sie entschieden Holzart des Gebirges ist. Sie überzieht in Mitteleuropa ungeheuere
Flächen in ganz reinen Beständen und, mit Ausnahme des Aubodens
und des reinen Sandes, g ib t es wenig Waldflächen, in denen diese Holzart
nicht mindestens durch einige Exemplare vertreten wäre. In Vermengung
kommt sie mit der T a n n e , Buche, Kiefer und Lerche vor.
Ih re südliche Verbreitungsgräuze liegt am Südrande der Alpen, ihre
nördliche an 67 — 68 Grade nördlicher B re ite , u n d sie dürfte in Strauch-
wuohs ausartend in Gesellschaft der Birke ebenso die Baumvegetation im
hohen Norden Europa’s schliessen, als sie diess mit Lerche und Zirbel im
Hochgebirge thut. In den österreichischen Hochgebirgen steigt sie am höchsten
in den A lp en , wo die Gränze ihres Bauinwuchses erst bei 5 0 0 0 Fuss Höhe
lie g t, in den Sudeten bei 4 5 0 0 , im Riesengebirge bei 4 0 0 0 , im T h ü rin g e rwalde
und Harzgcbirge 3 0 0 0 Fuss.
Im Ansteigen im Gebirge än d ert die Fichte mit zunehmender Elevation
auffallend ihren Charakter. In den niedern Lagen in T h ä le rn uud bis zu einer
Höhe von 2 0 0 0 — 2 5 0 0 Fuss b ild e t sie in den Sudeten schöne, re in e , au sgezeichnet
geschlossene Bestände von vorzüglicher Stammlänge. Die zunehmende
E rhöhung wirkt vorerst bemerkbar au f den Höhenwuchs. Die Stämme
werden stuffiger, die Beastung stä rk er und tieferreiohend, doch ist der Kronenschluss
bis zu einer Höhe von 3 5 0 0 Fuss noch ein guter. Im in n e re n erhalten die
Bestände ein eigenthümliohes Aussehen durch die bis tie f herab bleibenden
Stümpfe abgestorbener Aeste. Höher hinauf liegt schon die ganze Stärkezunahme
in den tieferen Stammtheilen, der Wurzelstook ist ausserordentlich
e rweitert, die Stämme auffallend kegelförmig, de r u ntere Stammdurohmesser
bis an 2 4 " , die Höhe 5— 6 Klafter.
Die Rinde wird sta rk rissig, die Aeste ungewöhnlich lang , tie f herabreichend
und h än g en d , mit vielen sehr langen Bartflechten besetzt. Der
Bestandesschluss wird mangelhaft und trotz der starken Beastung reichen die
Kronen nicht mehr zusammen. D e r Bodenüberzug, in der niodern Lag e eine
gleichförmige Moosdecke, wird hier wegen mangelnder Uebersehirmung von
Fa rren und L attich en gebildet. Von hier an aufwärts h ö rt der Zusammenhang
des Bestandes gänzlich a u f, nu r in Mulden und einzelnen geschützten V e rtiefungen
stehen die Stämme noch horstweise, sonst nu r einzeln m grossen
Zwischenräumen. Alle erwähnten E igenthümlichkeiten der Stamm- und Kronenbildung
erreichen h ier ihre E x trem e, und au f exponirten L agen äussert auch
der Sturmandrang seine unläugbare Wirkung. Die Höhe der Stämme erreicht
kaum mehr als 20 F u s s , die Aeste werden durch die jäh rlich en , die ganze
Stammlänge oft überragenden Schneelagen lierahgedriiokt, an der Windseite
nach der herrschenden W indrichtung gewaltsam zur Seite g e d reh t, und strecken
sich anderseits bis am Boden aufliegend gewaltig in die Länge. Wäh ren d an
der Sturmseite Gipfel, Aeste und Rinde soweit ab sterben, dass der Stamm
oft über die Hälfte von oben herab bis ans Holz n a ck t i s t , grünen die unteren
Aeste noch jahrelang.
Als letzte Spuren des Holzwuchses kommt au f deu höchsten 4 6 0 0 Fuss
hohen holzleeren Flächen die Fich te n u r noch als E rd strau ch v o r, ih r eigentlicher
Stamm verschwindet g anz, und nur einige klafterlange Aeste aus einem
gemeinschaftlichen W urzelstooke entspringend ziehen sich, vom G rase und dem
Lungenmoos [C e t r a r id J überwachsen, kaum bemerkbar am Boden fort.
Welcher Ko n tra st zwischen dem majestätischen Stamme der unteren
Region, und diesem stets mit den Elementen ringenden Zwerge, der nu r an
der struppigen Benadlung noch als Fich te erkennbar i s t !
Das Holz der u n te r diesen Verhältnissen erwachsenen Stämme ist mannigfach
g ed reh t, zeigt ab er eine solche F e stig k e it und D ic h te , dass es sehr gut
Politur annimmt, und sehr lange de r Verwesung trotzt. In der T h a t stehen
insbesondere in je n e r höheren Region die abgestorbenen Stümpfe ganz entrindet
mehr als 50 J a h re beinahe u n v e rändert d a , wozu aber wohl auch die
klimatischen Verhältnisse je n e r Lage wesentlich beitragen. Durch drei Viertheile
des Jah res h errscht hier eine s e h r niedrige Tem p era tu r, j a oft sind die
Stämme beinahe so lange u n ter dem Schnee begraben. Die Feuchtigkeit kan n
nicht vollkommen und nachhaltig einwirken, weil durch stets herrschenden
starken Luftzug und den geringen Atmosphärendruck die Austrocknung immer
gleich bewirkt wird, abgesehen davon, dass in das dichte Holz ohnedem
wenig Feuchte eindringen kann.
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