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vernässten Mulden häufiger v o r, als die Weissbirke. Im südlichen
Böhmen auf dem brüchigen Boden der Hochebenen ist sie auch zu H ause.
Der wesentlichste und deutlichste Unterschied ist die graubraune
dichte Behaarung der jungen Triebe und der Unterseite der Blätter, die
an der Weissbirke durch Absonderung klebrigen Harzes, das hier fehlt,
vertreten wird. Das Blatt ist meist grösser, mehr herzförmig dreieckig,
fester, oben lederartig glänzend und dunkler gefärbt. Im hohen Norden,
wo sie die Weissbirke hinter sich lässt, soll sie auch eine grössere
Massenentwickelung erreichen, in unseren Gegenden dagegen bleibt sie
hinter dieser wenigstens im Höhenwuchse entschieden zurück.
Sie verträgt einen bei weitem noch grösseren Nässegrad im Boden,
als die Weissbirke, und die auf reinen Morästen in Torfen krüppelhaft
vegetirenden Birken gehören meist ihrer Art an.
3 8 . | i e lo^kn|lflnle. Aesculus hyppocastauum L.
Dieser schöne Zierbaum treibt eine sehr flache, aber weit ausstreichende
Bewurzlung.
Die Stammbildung ist im ganz freien Stande keine grossartige, meist
bildet sie einen zwar sehr starken, aber kurzen Schaft, der sich alsbald in
mehrere dicke Aeste theilt, oder wenigstens tie f herab mit langen weit ausgehenden
Aesten besetzt ist.
Die Krone ist im freien Stande stets eine regelmässig gerundete und
breite. Ueberhaupt zeigt die Kastanie entschieden mehr Begierde zur seitlichen
Ausbreitung als zum Höhenwuchse. Bäume mit 20 Zoll Stamm und 5 bis
6 Klafter Kronendurohmesser sind häufig, aber über 10 Klafter hohe Ka sta nien
gehören zu den Seltenheiten. Die Binde ist an dem jungen Holze glatt,
braun, am alten Holze aber rissig und borkig. Die jungen Zweige sind sehr
dick und markig, stehen meist senkrecht aufgerichtet, und tragen die gegenüberstehenden
d ick en , eiförmig-spitzigen, braunen Kn o sp en , welche eine
klebrige, riechende Harzmasse aussondern. Unter jed e r Seitenknospe ist eine
niereuförmige, platte Narbe vom abgelösten Blattstiele.
Die Knospen entfalten sehr zeitlich im Frühjahre die grosse schöne
Belaubung.
Die Blätter sind gefingert auf bis 6 Zoll langen Stielen. Die Zahl
der keulenförmig zulaufenden, au der Spitze erweiterten, theils abgerundeten,
theils zugespitzten, bis 6 Zoll langen, ungleich gesägten Blättchen ist in der
Eegel 7.
Der Laubabfall erfolgt im Oktober. Das Laub wird lichtgelb. Die Blatt-
fläehe ist sehr gross und steht ganz liorizontal, die Blattmasse ist bedeutend
und demnach die Uebersehirmung eine sehr starke, insbesondere desshalb,
weil selbst im Innern der Krone die Belaubung eine sehr dichte ist.
Die schönen Blüthen entfalten sich nach dem Ijaubausbruche aus Eiid-
knospen vorjähriger Zweige und sind lockere, aufreoht.stehende, grosse Sträusse
von weisser, mit Gelb und Roth gemengter Farbe.
Die Blüthe ist zw ittrig , auch polygamisch, desshalb entwickeln sich an
den reiohblüthigen Sträussen meist nur 3— 4 vollkommene Früchte.
Die ziomlicb lang gestielte Einzelblüthe besteht aus einem özälmigen,
grünen Kelche, einer unregelmässigen 4 — öblättrigen Blumenkrone. Die
Staubgefässe sind in der Regel von ungleicher Länge, der Fruchtknoten ist
meist Sfächerig.
Nach dem Verblühen fällt der grössere Theil der Blüthen sammt den
Blumenstielchen a b , nur einige au f jedem Blüthenstiele kommen zur Fru ch tentwickelung.
Die Fru ch t ist eine Snäthige Kapselfrucht mit grüner, dicker Schale und
mit dicken, fleischigen, aber scharf spitzigen Stacheln besetzt.
Die Kastanie blüht im milden Klima alljährlich reichlich, doch fallen
manches J a h r alle Blüthen a l) , ohne Frucht zu entwickeln. Reichliche
Saamenerzeugung ist nicht jährlich.
In sehr milden Jah ren mit langandauerndem warmen Herbste blüht oft
die Kastanie an einzelnen Zweigen im Oktober zum zweitenmale.
Die Kapsel öffnet sich nach den Näthen und enthält 1 — 3 grosse
Saamenkerne, die rundlichplatt, mitunter gegenseitig g edrückt sind, und dicke,
fleischige Cotyledonen in brauner, häutigholziger Schale mit breiter, weisser
Narbe enthalten. Die Saamenreife erfolgt im September und die reife Frucht
fällt sammt Hülle vom Fruchtstiele ab und springt auf.
Der Saame verdirbt über Winter leicht, und muss ebenso sorgfältig aufbewahrt
werden, wie Eicheln und Buchecker. Länger als über einen Winter
bleibt die-Rosskastanie nicht keimfähig.
Die Keimung erfolgt im ersten Frühjahre nach der Reife und die Cotyledonen
bleiben ln der Erde zurück. Die ju n g e Pflanze ist sehr raschwüchsig
und erreicht in einigen Jahren die Höhe von 1 Klafter, und in einem Alter
von 4 0— 50 Ja h ren h a t sie meist über 1 Fuss Durchmesser und bedeutende
Massenentwiokelung, wird aber nicht sehr alt, 100jährige Bäume sind meist
kernfaul.
Die Rosskastanie ist kein eigentlicher Waldbaum,, am häufigsten findet
man sie iu Alleen, Gartenaulagen e tc ., da sie ein sehr schöner Zierbaum ist.
F i s c a l i , F o r s t k n l t u rp f l a n z e n 2. Aufl. 1 0