124 SBedrfetoirtag ber M t y # unb SBeränberfidjfeit.
tradjtung ber ©rblichfeit ü b e r fe in , bah bie üerfcfuebenen 3^ar^)fom=
men, bie non einem unb bentfelben ©Iternpaar herfiamnten, in ber
$|>at auch niemals abfolut gleich ben (Eltern, fonbern immer ein me»
nig »ergeben jinb. 2ö ir fönnen ben ©runbfaij ber ©rblichfeit nicfjt
bai)in formuliren: „©leicheS eräugt ©leicheS", fonbern mir rnüffen
i§n »ielmehr Bebingter bafiin auSfpechen: „2lehnli$eS erzeugt 2lefm=
tiefes " Oer ©ärtner mie ber Sanbmirth benuj$t in biefer Beziehung
bie Ohatfacfje ber Vererbung im meitefien Umfang, unb jmar mit be=
fonberer SWWjüht barauf, bafj nicht allein biejenigen ©igenfcfjaften
üon ben Organismen »ererbt merben, bie fte bereits »on ben (Eltern
ererbt haben, fonbern auch biejenigen, bie fte felbft ermorben höben.
® a 8 ifi ein mistiger qßunft, auf ben fefjr oiel anfommt. Oer Or»
ganiSmuS »ermag nicht allein auf feine Bachfommen biejenigen (Ei»
genfchaften, biejenige © efialt, garbe, ©rö§e ju übertragen, bie er
felbft »on feinen ©Item ererbt hat; er oermag auch SÄbänberungen
biefer (Sigenfcbaften ju oererben, bie er erji mährenb feines ßebenS
burch ©inffofj äufjerer Umfiänbe, beS ÄlimaS, ber Bahrung u. f. m.
ermorben hat.
OaS jinb bie beiben ©runbeigenfchaften ber Oljiere unb $flan»
jen, melche bie 3 ü<hter benu^en, um neue gönnen ju erzeugen. @o
au§erorbentlich einfach ba8 ^ r in jip ber 3 üchtung iji, fo fchmierig unb
ungeheuer oermicfelt ifi im ©injelnen bie practifche Bermertlpng bie»
feS einfachen ^SrincipS. Oer benfenbe, planmähig arbeitenbe 3üchter
muh bie Äunfi oerftehen, bie allgemeine Söechfelmirfung zmifchen ben
beiben ©runbeigenfchaften ber ©rblichfeit unb ber Beränberlichfeit
richtig in jebem einzelnen gallc zu oermerthen.
2öenn mir nun bie eigentliche Batu r jener beiben mistigen ße»
benSeigenfihaften unterfuchen, fo finben mir, ba§ mir fte, gleich allen
phhfmlogifchen gunctionen, jurücfführen tonnen auf phhftfalifche unb
chemifche Urfachen, auf ©igenfchaften unb BemegungSerfcheinungen
ber Btaterien, auS benen ber Körper ber Of)iere unb «Pflanzen befiehl
2Bie mir fpäter bei einer genaueren Betrachtung biefer beiben gunc»
tionen ju begrünben haben merben, iji ganz allgemein auSgebrücft bie
SDtedjamfdje Statur ber @r6(icf)feit unb SSevanberltdjfeit. 125
V e r e r b u n g mefenilich bebingt burch bie materielle ©ontinuität,
burch bie theilmeife ftoffliche ©leichheit beS erjeugenben unb beS ge»
zeugten Organismus, beS ÄinbeS unb ber ©Item. BnbrerfeitS iji
bie 5 l nR a f fu n g ober Bbänberung lebiglich biegolge ber materiellen
©inmirfungen, meiste bie SBaterie beS Organismus burch bie benfel»
ben umgebenbeDBaterie erfährt, in ber meitefien Bebeutung beSBßortS
burch bie ßebenSbebingungen. Oie ©rfcheinung ber Bnpajfung, ober
2lbänberung beruht alfo auf ber materiellen 2öe<hfelmirfung beS Or»
ganiSmuS unb feiner Umgebung ober feiner ©jifienjbebingungen, mäh»
renb bie Bererbung in ber theilmeifen ^bentität beS jeugenben unb
beS erzeugten Organismus begrünbet iji. OaS jinb alfo bie eigent»
liehen, einfachen, mechanifchen©runblagen beS fünftlicfjen 3ü<htungS»
proceffeS.
O a rm i n frug jt<h nun: Äommt ein ähnlicher 3üchtungSf>roce§
in ber Batu r Oor, unb giebt eS in ber Batu r trä fte , melche bie Ol;ä»
tigfeit beS DBenfchen bei ber fünfilichen 3ü<htung erfejjen fönnen?
©iebt eS ein natürliches Berhättnifj unter ben milben f$|feren unb
Bflanzen, melcheS jüchtenb mirfen fan n, meines auSlefenb m irft in
ähnlicher SBeife, mie bei ber fünjilichen 3 ucf)tmahl ober 3 üchtung
ber planmähige SBiUe beS «Benfchen eine BuSmal)l übt? Stuf bie
©ntbeefung eines folgen BerhältniffeS fam hier aüeS an unb fte gelang
O a rm i n in fo befriebigenber Sßeife, bah mir eben beSfjalb feine
BüchtungSlehre ober ©electionStheorie als oollfommen auSreichenb
betrachten, um bie ©ntfiepung ber milben Ofner* unb «Pflanzenarten
medEjanifch p erflären. OaSjenige Berhältnih, meines im freien Ba»
turjufianbe pchtenb unb umbilbenb auf bie gormen ber Ohiere unb
fjßflangen einmirft, bezeichnet O a rm i n mit bem BuSbrucf: „ Ä a m p f
um ’S O a f e i n " (Struggle fo r life).
Oie Bezeichnung „Stampf um’S Oafein" ij i oielleicht in mancher
Beziehung nicht ganz filücflich gemählt, unb mürbe mohl fchärfer ge»
fahtmerben fönnen als „ üB i tb eme r b u n g um bte n o thme n b i»
gen © j i j i e n z b e b ü r f n i f f e " . «Ban hat nämlich unter bem „Äam»
pfe um baS Oafein" manche Berhältniffe begriffen, bie eigentlich im