342 XIX. 9iatuvfunbe im 18. unb 19. Sa^r^unbevt.
auögeaeid^nete |)errfcr;er, ehieäliaria St^erefia, ein Öofej)^ II,
ein ^viebrtcf; ber @ro^e enbiid(), ftcf; bie «Sorge um ben (Staat
unb um baö in ^atriar(i;aii[c^er Seife, bort miibe, ^iet
mit Strenge, gur öeBengaufgaBe. Sie jeigten ben äöeg, tüie eine
einfid^t^büiie Staatgtertcaitung im Innern 9ieue8 fd^affen m\
?>rifc^ritte erringen fönne, o^ne barum baS äupre Sinfe^en ein=
pBüßen, unb liefen baä 8ebürfni§ nac^ SeiBftänbigieit im SSoife
ftc^ iangfamer enttDicfeiu. DÌic^t menig ijat bag gemäßigte unb
formenfreie 33er^oÌten ber i^rotefiantifc^en ®eiftiic^feit gum ru^t=
gen gortfd^reiien auf biefem Sßege Beigetragen, inbem fie fid)
reci>i3eitig t>on ben i^ebantifd^ften Streitigfeiten frei mad^te, feit
Spener (1635 — 1705) pr giäuBigen unb öon ba aur oerftän^
bigen Siuffaffuug ber c^riftiid^en 8ei;ren fic^ ^inlcaubte. bie
SSoriöufer biefer ie^tern 9?id^iuug, meiere erft ju (Snbe be«
18. 3o^r^uubert8 unb befonberg im Sinfci^inffe an ^ant fid^ aué^
biibete, erfc^ienen tuie in ©ngianb SBerfe, tDeid[;e aug ber Siatw
ben «eh^eiö für baS ©afein ©otteg führen iDoIiteu, fo öou 9io§r'§
„ P h y t o - T h e o l o g i a " (l^ranffurt 1740), ¡Keffer'S „Offenbarung
©üiteg in ber 9iaiur" (ì)]orb^aufen 1750) unb feine ^Ibljanb^
iung: „!5)ie ©iäubigen aU iöäume betracf;tet" (Heine Schriften,
Öeii^^ig 1754). 5iber i^uen fel^Ite bie grifone unb @infad;^eit ber
euglifd^en Serfe, benen burc^ au§füi)riic^e, aber freiiic^ aud^ breite
Sc^iiberung ber ^toeiimä^igfeit in ber 9iaiur tüoi bie „Phytograp
h i a sacra'' (3üric^ 1759—73) öon ®e§ner (1709—90]
am näd^ften fommt, toeid^er fic^ unter anberm burc^j treffliche
Siiuftrationen beS Öinne'fc^en Si^ftemö ^ afg tüchtiger «otanifer
bewährt ^at. Si^äter aber ift biefe ^ic^tung aug uuferer Siterai
tur öerfd[;tDuuben, iceit eg ber beutfci;eu Siffenfc^aft, bie fid^, toie i
iu ^ai)ttei XIII gefc^iibert, gana unb gar auf bem (Srunbe einer :
göttiic^en Seitorbuung aufgebaut ^at, fieiniic^) unb unnü^ erfc^
ien, immerfort biefe grofe Sa^r^eit im 9!)iunbe ju führen,
tüä^renb in ©ngianb ber ®faube au bie unbebingte SBa^r^eit
ber mofaifc^en S(^ö^fungggefc6ic^te big^er in ungeiöftem äöiber^
fi^rui^e neben ben ^ortfc^ritteu ber SBiffenfd^aft hergegangen ift.
i®eßner, Tabulae phytograpWcae (¿üric^ 1795-1826) evfc^ienett etfl
nctc^ feinem Sobe unb i)a6en nur ben ^e^ter, bajj bie ©attungen auf 64 ^o»
iiotafein auf3 fno^Ji^fte juiammengebrängt finb.
S)eutfd^ianb. 3 4 3
3 n iDeutfd^ianb bagegen ^armonirte mit ber Ölic^tung ber
iogie im öorigen ^a^r^unbert, fo teb^aft ber Streit atuifc^en
kiben auc^ oft geführt n^arb, im aiigemeinen bie ber ^^iiofo^j'^ie.
m Seibuife big auf ^ a n t , ßou ba big auf gierte unb ^eget
ift immer bie ^ebeutuug beg ©eifteg in beu «orbergrunb gefieüt
lüorben unb fener @m)3irigmug (Sngianbg, jener aJZateriaiigmug
granfreid^g ^at niemal'g feften gu^ bei ung gefaxt, man mü^te
benu öereinjeiten Sieu^eruugen in ber ^Jieujeit ein ©eiüic^t bei^
legen, iüei^eg fie nic^t befi^eu.
iBeuu nun aud) unter folc^eu (Sinpffen bie (grrtngung ber
Mrgerüc^en grei^eit im üorigen ^a^r^uubert toenig geförbert
warb, wenn feibft bag Sibmerfen ber iäftigflen Ueffeln erft in
unferm Sa^r^uubert burc^ bag gelpaitfame einbringen unb beu
unerträgii(^en ®rui ber ^errfc^füc^tigen 9iac^barn jum ©urc^-
kuc^ fam unb auc^ je^t nod? bie Selbftäubigfeit beg 33oifg nur
unter öieieu §inberuiffen heranreift, fo i^at fic^ auf bem geiftigen
Gebiete bie gntmicfeiung gu freier Seibftänbigfeit nur um fo
ftärfer unb fid;erer augge^rägt, unb fc^on in ber Literatur beg
ganjen t)origen ^ahr^unbertg i^r Slbbiib gefunbeu. ®ag ^Ibfc^üt.
tein aller hergebrachten, nicht iu ber Sache feibft begrünbeten
iKanier unb »iethobe, bie 9xücifehr gui; ^^iatürlichfeit biibet auch
hier bag ®emeinfame iu ber a)iannid^faitigfeit ber formen. So
lüu^g bemt aug ber Sentimentalität C)ageborn'g, ©etterfg
unb ®ieim'g, aug ber Satire ^Hamler'g unb Sichtenberg'g,
aug ber gelehrten SchU)erfälligfeit O o t t f c h e b ' g unb t lo^j f tod'g,
aug ber i)hti'5foi)hirenben ^ rof a ^ e r b e r ' g , aug ber 9Murf(^töär^
merei SUbrecht öon ^atUv'^, aug ber Ungebunbenheit ber
g ö t t i u g e r dichter, aug ber geift^ unb gemüthüoilen griüolität
S i e l a u b ' g , enblid^ bei öef f ing, Si^iller unb ©oethe feue
unübertroffene SSereiuigung ber üoaenbetfteu gormen mit bem ge^
baufenfc^toerften Inhalte h^i'^^'^i'- S)3iegelu fid; aud; in ihren
S ^ r i f t e u bie gehler ber ^eit, ®eutfd^laubg i^olitifche Unmünbig^
ieit unb bie lodere Sittlichfeit, fo h^Ben fie f i ^ boch ju freier,
^oetifd; üollenbeter Sinffaffung ber ^iatur, fa ber ©etoaltigfte unter
ihnen, ®oethe, feibft ju umfaffenben gorfc^ungen unb tüiffeu^
fihaftlichen (gutbedungen (f. S . 332) in ber ieblofen tcie ber belebten
Schöpfung aufgefdhtüungeu.
®er ernfte nachbenftiche (Sharafter unfereg i^olfg, bie Riffen-
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