unangenehmen; wenn ihr dabey gleich das
Verdienst der Ähnlichkeit in Form und Farben
nicht entzogen werden mufs. Allein die
Kunst sollte selbst ihre Würde erkennen, und
nur dasjenige darstellen, was ihrer Kräfte, der
edlen Zeit und einer Dauer werth ist; sie sollte
aus der wirklichen Natur nur dasjenige
nachbilden und darstellen, was den innern
Sinn angenehm beschäfftigen und die Seele
erheben kann; nur das Schöne, Edle, Grofse.
Dagegen herrscht sie aber auch, als Meister,
in diesem Kreise von Kunstgegenständen, bildet
sie, zwar immer der Natur gemäfs, aber
auch über alle wirkliche Natur hinaus, voll-
kommner als bey den zahllosen physischen
und sittlichen Hindernissen die Form — der—
Natur die Körper liefern kann. Dabey behält
die Kunst ein unübersehbares Feld von Abänderungen,
Mannichfaltigkeiten, Vereinigungen
und Trennungen innerhalb des Kreises
von demjenigen, was sie darstellen kann
und soll. Wenn auch die Formen bestimmt
sind, so sind doch Alter, Stellung, Handlung,
Charakter, Gefühl, Leidenschaft, Fabel, Geschichte,
Costum, eine unerschöpfliche Ouelle
von neuen Gedanken und Bildern. Könige,
Tyrannen, Barbaren, leidende Märtyrer,
giengen aus jenen Idealen hervor; aber Hand
und Phantasie wurden durch die ersten
grofsen Formen der Schönheit geleitet. Daher
zeigt sich in den Kunstvorstellungen eine
Verkettung, die durch alle Zeiten geht, mit
einer Analogie, die uns überall in einen bestimmten
Kunstkreifs zurück zieht; eben so
wie unsre wissenschaftlichen Kenntnisse an
die frühem Begriffe der gebildeten Menschheit,
durch einen unmerklichen, aber für
den Nachdenkenden leicht aufzufindenden
Faden, angeknüpft sind; wir mögen Originaldenker
seyn, so sehr wir wollen, so sind
unsre Gedanken doch an die Ideen voriger
Zeitalter und Denker angereihet.
S e l b s t jene Ideale der Kunst, durch welche
vollkommne Körperform oder Schönheit
gegründet ist, haben eine Mannichfaltigkeit
bereits durch die grofsen Meister des Alterthums
erhalten. Eine reitzende Schönheit,
eine stolze, eine ernste, eine kunstlose, weibliche
Schönheit, haben sie schon der Nachwelt
hinterlassen; wenn gleich meist nur
Copeyen von ihren Werken auf uns gekommen
sind. Die kriegerische Tapferkeit erhielt
mehr als eine Verschiedenheit in der
Bestimmung, weil sie verschiedner Richtungen
durch Mannichfaltigkeit des beyge-
mischten Sittlichen fähig ist; män stellte
Tapferkeit mit Weifsheit, mit Klugheit und
Schlauheit, mit Geradheit und Entschlossenheit,
mit gröfserer Körperkraft oder Geisteskraft,
mit blofser Mordlust, mit Rauhigkeit,
Ruhmsucht, Prahlhaftigkeit und dergleichen
mehr vor.