würfe macht HS “Nach der Einnahme von
Troja, sagt er, da du das schändliche Weib
wieder in deine Hände bekamst, hast du sie
nicht getödtet, sondern, so bald du ihre Brust
erblicktest, warfst du däs Schwert weg,
nahmst ihren Kufs an, und liebkostest die
Unverschämte.” Nun könnte man geschwind
auf der Vermuthung bestehen, unsere Vase
könne also wohl nicht älter als nach Euripi-
des Zeit'verfertiget seyn; so käme man in
eine kritische Verlegenheit wegen so. vieler
alten griechischen Gefäfse O von~ ähnlichen Stil
in Italien, deren hohes Alterthum durch so
viele andere Gründe und Vergleichungen bewährt
ist. Allein es läfst sich eine weit ältere
Autorität für die Fabel anführen, die noch
an zwey hundert Jahre früher ist als Euripi-
des; nähmlich das Schnitzwerk auf dem
Kasten des Cypselus2). Denn auf diesem kam
auch Menelaus vor, geharnischt, mit dem
Schwert in der Hand, wie er auf Helena lofs-
gehet; völlig wie auf der Vase; nur wird des
entsinkenden Schwerts nicht gedacht; noch
weniger der A ra , der Bildsäule und des
Baums, den wir auf der Vase vor uns sehen.
Hier verläfst uns die Geschichte; aber der
Künstler belehrt uns, dafs Flelena nach einem
Heiligthum des Apollo flüchtete , welches
durch die Bildsäule des Apollo, die Ara und
den Lorbeerbaum angedeutet wird 3) Nach
der gemeinen Erzählung suchte sie, nach eingenommener
Stadt, Menelaus im Haufse des
Deiphobus auf, an welchen sie nach dem
Tode des Paris, Bruders des Deiphobus, vermählet
worden war; er fand sie beyde in
Schlaf; den Deiphobus tödtete er auf der
Stelle, Helena rettete sich und versteckte sich;
Menelaus fand sie endlich zitternd und bebend,
und hob sein Schwert gegen sie auf;
aber Venus wand es ihm aus der Hand; er
selbst stand bey dem Anblick der schönen
Frau wie versteinert da, und vergafs alle Vorwürfe,
die er ihr zu machen gedachte; bald
kam sein Bruder, Agamemnon, dazu, und
stellte ihm vor, wie widersinnig es seyn
würde, wenn er sich des Preifses eines zehnjährigen
Krieges nun selbst berauben wollte.
Menelaus führt sie hierauf nach den Schiffen
mitten durch das Heer; sie gehet mit niedergeschlagenen
Augen, voller Unruhe, dafs die
Achiven auf sie schmähen würden. Nichts
von allem dem erfolgt; alle, die sie sehen, werden
von ihrer Schönheit geblendet, und vergessen
alles Ungemach, das sie ihrentwegen
ausgestanden hatten. So grofs war die Macht
der Schönheit in jenen Zeiten] Um wieviel
sinnreicher und anmuthiger ist nicht die Erfindung
des Künstlers auf unserer Vase]