tur sich nicht anders denken, als rauh und
wild, öde und traurig; aber wie viel Anziehendes
hat der Dichter in die Erzählung zu
legen gewulst, indem die Insel unter einem
schönen Himmel liegt und eine schöne Natur
hat; noch mehr aber dadurch, dafs er
den wunderschönen Contrast angebracht hat:
vor der grofsen bergigten Insel liegt eine kleinere
von der Natur mit aller Anmuth begabte
Insel; von dieser gehet seine Erzählung
aus, und wird so sanft, anmuthig,
lachend, als die Natur selbst. Welcher Reichthum
einer schwelgenden Natur in beyden,
und doch verschieden! Auf der grofsen
wächst alles wild, was durch Cultur verbessert
werden könnte, aber von den rohen Einwohnern
ungebauet gelassen wird, Weitzen1),
Gersten und Wein; hohe waldigte Berge,
mit Höhlen, in welchen die Wilden, von
einander abgesondert, wohnten. Die kleine
Insel hingegen ein niedriges flaches Land,
buschigt, voll wilder Ziegen, welche durch
keine Fremden noch scheu geworden waren;
die Insel war gleichwohl des Anbaues werth,
sie hatte schönen Wiesengrund längs der
Küste hin, trefflichen Boden für Getraidesaa-
ten, und Weingärten; hiezu kam ein sicherer
Hafen zum Einlaufen, an dessen Spitze
ein heller Quell aus einem Felsen hervor
kam, und rund herum mit Pappeln umgeben
war. Wie oft stöfst man in Reisebe-
Schreibungen neu entdeckter Inseln, seit An-
sons Fernandesinsel, auf Beschreibungen,
welche an die vom Ulysses entdeckten unbekannten
Inseln erinnern!
D iese Anmuth der Natur auf beyden Inseln
mildert das ganze Übrige , was von Höhlen,
Riesen und einem Polyphem erzählt
wird. Und bey dieser Erzählung, wie wenig
Kunst wendet der Dichter an! Ein moderner
Erzähler würde alles auf das Unerwartete
und Überraschende angeleget haben:
Ulyfs wäre an einer fremden Insel gelandet,
in eine Höhle gekommen, sah keinen Menschen,
fand aber Spuren von Viehzucht;
Milchgeschirre, junge Lämmer und Ziegen;
welche frohe Aussichten, zu einem Hirtenvolk
zu gelangen! Der Bewohner erscheint,
aber welcher! Nicht so erzählt Vater Homer.
Ohne durch das Unerwartete überraschen zu
wollen, schickt er das Auffallende sogar voraus,
und erläutert es; er, als Erzähler, macht
uns gleich anfangs mit den Bewohnern der
Höhle bekannt: “Wir kamen von da; von der
Lotosinsel aus, in das Land der Cyclopen,
die keine Rechte und keine Gesetze kennen;
sie bewohnen einen Boden ohne Anbau, und
überlassen alles der Natur selbst2); sie haben
keine Volksversammlungen, noch Gerichte;
sondern wohnen in Höhlen; jeder ist Flerr
seiner Familie; sonst haben sie keine Gemeinschaft
unter einander.” Auch, wie sie in der