ten! Zw ar alle historische Charakter, welche,
weil sie sich besonders auszeichnen, oft auf-
gestellet werden, erhalten endlich etwas, was
unsre Vorstellung und Einbildungskraft unmerklich
hinzusetzet; Alles das erhält endlich
eine gewisse Rundung, so dafs wir einen
Alexander, einen Cäsar vor uns sehen, der
über den wahren Cäsar und Alexander hinaus
geht, und in das Gröfsere und Schönere
mehr oder weniger gebildet ist; mit den Heldencharakteren
geht unsere Phantasie noch
weiter; wie manchen Zusatz mag nicht Sage
und Ruf bereits zum Charakter des Ulysses
gemacht haben, ehe er noch dem grofsen
Meister, der seine Abentheuer erzählte, überliefert
war, und dieser seine Hand anlegte,
ihn so, wie wir ihn erhalten haben, zu bilden!
Unter seiner Hand, wie sehr ward der
Mann, der so viele Widerwärtigkeiten überstand,
so vielen Gefahren entgieng, ideali-
sirt! wie viel neue Seiten zeigen sich in der
Odyssee, die in der Iliade nicht Vorkommen! In
der Erzählung, die Ulysses selbst von seinen
Abentheuern macht, fällt es in die Augen,
dafs mehrere alte Erzählungen, Schiffermähr-
chen und Heldenabentheuer auf den Ulyss
übertragen sind; so gar allegorische Erzählungen.
Wer ahndet diefs nicht gleich bey
der Circe, welche Menschen in Thiere verwandelt?
bey den Sirenen, welche mit verführerischen
Gesang locken? bey der Rurg
des Aeolus, und seinen zwölf Kindern? Wie
kenntlich sind die Schiffernachrichten von
Trinacia, den Cyclopen, dem Lande der Lä-
strygoner, den Cimmeriern, den Phäaciem,
der Calypsoinsel! Sagen von verschiedner Art,
Zeit, Abentheuern, sind an einander gerei-
het und in einander gewebet, historische, mythische,
dichterische Fiction; das Meiste
hiervon mufs bereits damals schon in alten
Gedichten vorhanden gewesen seyn. Man
hatte den unbekannten Westen, von Griechenland
aus, zu einem Feenland, und die Inseln,
von denen die Schiffer erzählten, zu Feeninseln
gemacht, in welche man alles Aben-
theuerliche versetzte. Wie die Griechen sich
späterhin auf Sicilien und den Küsten von
Italien setzten, suchten sie für die alten M ythen
bestimmte Plätze auf, verfolgten die
dunkeln Spuren, fanden an der Küste von
Latium eine Circeninsel, und so weiter östlich
hin ein Land der Lästrygoner, ein Vorgebirge
der Sirenen. Vergeblich bleibt eine
jede Bemühung, in diefs verschiedenartige
Gewebe eine zusammenhängende Weltkunde
zu bringen. Für Muthmafsungen ist hier
überall freyes Feld, und bey Muthmafsungen
wird es auch der sinnreichste Kopf bewenden
lassen müssen, er schmeichle sich noch so
sehr, Gewifsheit aufgefunden zu haben.
U l y s s , mit seinen Abentheuern, unter
diesen Begriff gebracht, führt uns zu einer