geistert.” Der Dichter ruft die Muse an, sie
erscheint ihm, er weilt bey ihr, wandelt in
ihren geheiligten Haynen, hört ihre Gesänge,
schöpft aus ihren Quellen. Dichter werden
Zöglinge, Lieblinge, Söhne, der Musen.
Wie viel schöne, liebliche, Bilder reicht uns
die Idee der Musel
I n diese Blätter gehört keine antiquarische
Ausführung vom Fortgang und von der
Abänderung des Begriffs und des Bildes der
Muse. Es läfst sich leicht zeigen, wie der
Chortanz im Olymp die Dichtung von mehr
als einer Muse nöthig machte; wie später
hin, bey Erweiterung der Kenntnisse und
Aufsprossung der Künste, die Zahl der Musen
auf verschiedne Weise auf drey, und vier,
vermehrt, und endlich auf neune festgestellt
ward. Spielender Witz trat schon hier hinzu,
und setzte den damals bereits gebildeten Künsten,
jeder eine Muse vor. So kam eine epis
ch e Muse, C a llio p e , eine h is to r isch e ,
Clio, auf die Nachwelt. Die ly r i s c h e Poesie
erhielt nach ihren drey Arten, dem Gesang
der Chöre, Gesang m it de r F lö te und
mit der C ith a ra , drey Musen, Terpsi-
ch o re , E u te rp e und E ra to ; die d ram a tische,
eine M e lp om en e , Vorsteherinn des
T ra u e r sp ie ls , das vom Gesang des Chors,
mit eingereihtem Dialog, ausgegangen war;
eine T h a lia , als die comisch e Muse; und
die P o lyh ym n ia für die A c tio n in T a n z
und D ec lamation; die Sternkunde, durch
ihre Sternbilder an die Mythen gebunden,
und der Dichterbehandlung fähig gemacht,
ward Urania.
A uch Homer war ein Sohn der Muse, von
Apollo erzeugt, von Calliope geboren, am
Flusse Meies, hey Smyrna, in den schönen
blühenden Gefilden von Jonien.
G e g e nwä r t i g e Zeichnung ist nach einem
Cameo in Onyx verfertiget; dieses Umstandes
mufs man eingedenk seyn, um von
der Zeichnung richtig zu urtheilen. Ein zuschneidender
Stein, zumal ein farbiger, legt
dem Künstler in Anlage und Vertheilung seiner
Figuren ganz andre Behandlungsarten
auf, als ein Marmor, und noch mehr, als ein
Gemälde, erlaubt. Den Stein besitzt Sir Wm.
Hamilton, der bisherige Englische Gesandte
zu Neapel. Er kaufte diefs bis dahin unbekannte
schöne Kunstwerk 1798 zu Rom. Der
Stein hat sieben Farben. Die tragische Muse
ist braun gekleidet, mit einem schwarzen
Obergewand; Homer ist etwas lichtbrauner;
das Kleid der comischen Muse etwas heller;
die dritte stehende Muse ist ganz blafs bräunlich,
so, dafs die Farbe fast ins Weise entschwindet.
Die Gesichter sind alle weifs, so
auch die Hände; die Haare bräunlich, nur
an der tragischen Muse dunkler; der Grund
ist bräunlich er au. Aus allem diesem er-
hellt, dafs die Anordnung der Figuren, Stel