men auf dem Knie liegen haben. Er vergleicht
die Vorstellung auf dem Steine mit
dem, was man in Lägern, und in Italien auf
den Strafsen, oft sieht, dafs der, der schreiben
will, das Blatt auf irgend etwas Breites
legt, seinen Stock unterstemmt, und so
schreibt. Das Volumen mufs die Kunst brauchen,
um Homers Gedichte zu bezeichnen,
ohne sich auf die sonst natürliche alte Frage
einzulassen, ob Homers Gesänge gleich anfangs
schriftlich sind abgefafst worden.
D i e dem Homer gegen über stehende
Muse kann fast nicht anders, als dafs es die
episch e Muse sey, gedacht werden. Als Cal-
liope, kannte sie Homer noch nicht, sondern
nur unter dem allgemeinen Nahmen, die
Muse. Sie hält ihr Gewand vor die Brust,
zusammen gefafst: eine Stellung, wie sie an
der Nemesis bemerkt worden ist, an welcher
sie auf manche Deutung geführt hat-/ ' sie
kömmt gleichwohl an der Venus und meh-
rern weiblichen Figuren auch vor; auch auf
gemalten Gefäfsen. Es scheint also eine Sitte,
das Gewand mit den äufsersten Fingerspitzen
zu halten, gewesen zu seyn, welche der
Künstler seiner Vorstellung angemessen hielt;
wenn sie auch zu unserm Costume und zu
unsrer Vorstellung nicht ganz stimmen
dürfte.
D i e t r a g is c h e Muse hält ihre Maske
und declamirt; die c om i s c h e hält ihre
Maske entgegen, und scheint mit Eifer zu
sprechen; als behauptete sie, auch ihr Lustspiel
sey Homerischer Abkunft. Weiter mufs
man aber im Deuten nicht gehen wollen;
vielleicht ist auch diefs zu viel. Denn die
Figuren können dem Homer blos im symbolischen
Sinne beygestellt seyn; und sollte
diefs geschehen, so mufsten sie in einer ihrem
Charakter gemäfs bestimmten Stellung
und Handlung vorgestellt werden.
Alle drey Musen sind mit Lorberkrän-
zen geschmückt. Am Homer ist ein deutlicher
Ausdruck von ruhiger Aufmerksamkeit,
mit welcher er zuhört, und über das Gehörte
nachdenkt; eine Gemüthsstimmung, welche
er durch sein Beyspiel denjenigen zu empfehlen
scheint, die über ihn und über seine
Gedichte sprechen und schreiben wollen.