gewesen; wir wissen von einer silbernen Aachen
Schale, worauf die Liebenden vorgestellt
waren, und zwar sich umarmend 4).
Noch einmahl auf den Cyclopen zurück
zu kommen: so sieht man auch an ihm, wie
verschieden die Mittel und die Wege der bey-
den Schwesterkünste, der dichtenden und der
bildenden Kunst, sind. Der poetische Cy-
clope mit einem Auge ist der Kunst in keinem
Falle günstig; vernünftig handelten also die
bessern Künstler des Alterthums, Welche
ihrem Polyphem zwey Augen liefsen, und
doch an ihm den Charakter viehischer Rohheit
auszudrücken wufsten. Selbst der Ausweg;
nebst den beyden Augen ihm noch ein
drittes Auge in die Mitte der Stirne zu setzen,
verfehlt der ganzen Wirkung; es verunstaltet
so sehr, dafs keine Kunst das Widrige und
Miisfalhge_enliernen kann • un(j selbst der
Ausdruck des Thierischen am~Cyciopen wird
geschwächt, indem die Figur in das Monströse
und Unförmliche übergehet. Was nicht
Menschenform hat, was eine Mifsgeburt ist,
kann kein Gegenstand der bildenden Kunst
seyn. Überhaupt ist der Künstler in dem
Ausdruck des Charakters des Kopfes vom Polyphem
auf dem Werke, wovon die Zeichnung
hier gegeben ist, nicht sehr glücklich
gewesen; welches auch der Fall an mehreren
Vorstellungen des Cyclopen ist.
0 P h i l o s t b a t . Imag. II, 8*
*) D ass die Künstler in Nebendingen den Dichtern nicht sklavisch folgen, sehen wir auch hier.
Bey Winkelmann Monimenti ant. ined. tab. 36. stellt ein erhobnes Werk in Villa Albani den Polyphem,
zwar auch auf einem Felsenstücke sitzend, vor, aber mit der Lyra in der Hand, auch, wie hier die Flöte]
am rrae gelehnt; hinter ihm stehet ein Amor, der seiner Klagen zu spotten scheint. Eine Lyra hält
er auch auf einem Gemälde aus dem Herculanum, Tom.I. tab. 10, p. 53., wo Amor auf einem Delphin
ihm einen Liebesbrief bringt. Eine, zwar sehr rohe und unförmliche, Lyra giebt ihm auch Lucian in die
Hand^ (Seegötter Gespräche I.) Schon Philoxenus hatte, ihn mit einem Saiteninstrument singend einge-
führt: wohin uns der Scholiast des Aristophanes zum Plutus V.A90. und der Schol. zu Theocrit XI, 1 verweiset.
Dieser berühmte Dithyrambendichter, aus Dionyfs Zeitalter, Zeitgenofs von Plato, hatte die Fabel
vom Polyphem mehrmahlen, und, wie es scheint, auf mehr als eine Art behandelt; einmahl in sei- '•
nem Cyclops; und wiederum in einem ändern: des Cyclopen von der Galatea verschmähte Liebe: denn
zu etwas Genauem lä&t sich, nach allem was über des Philoxenus Arbeiten gestritten ist, nicht gelangen.
Auch von dem ändern berühmten Dithyrambendichter, Timotheus, war ein Drama vorhanden.
Weiter hin war die Fabel nicht blofs vom Theocrit, sondern auch vom Callimachus, Bion und Moschus
berührt worden.
3) D ie Erzählung von dem Schicksale desAcis bey Ovid in den Metamorphosen, XIII, 750 u. w.,
ist allem Ansehen nach aus einem Sicilisclien Dichter entlehnt; denn die ganze Dichtung ist eine Localfabel,
ganz für die Bucpliache_Eiles;^-xlurch-^tt-PolypW^n-dö^Xldyssee_veranlafet; sein Aufenthalt
ist an die östliche Küste unterhalb des Aetna versetzt; dort ist der liebliche Quell und^Strom Aci8-
in liebt eine Nymphe, die einheimische Galatea. Aus der Homerischen Anlage her hat die Liebe des
Polyphems zur Galatea etwas Charakteristisches von Rohheit und Einfeit; wie in den seltsamen Vergleichungen
der Schönen: “ weifser als Milch, zärter als ein Lamm, muthwilliger als ein Kalb, glätter als
eine unreife Traube” s. w. (Theocr. X, .9 u.w. Ouid. Met. XIII, 789.). Und doch ist diese Unbehülflich-
des «"gebildeten Menschenverstandes, der seine Vorstellungen und Gefühle nicht anders als durch
Bilder und Vergleichungen auszudrücken weifs, die Mutter der schönen poetischen Bilder, zu welchen
sich der Mensch bey besserer Ausbildung und feinerem Geschmacke erhebt. Wie gehet doch überall bey
der Menschheit alles aus dem Rohen hervor! und das Edle und Göttliche folgt erst nach langer Ausbildung
nach! Je mehr es weiter hin in das Geistige übergehen will, verschwindet seine Kraft für die
Sinnen, und kehrt oft zum rohen Thierischen wiederum zurück!
4) W ir haben drey lateinische Epigrammen auf diese Terrine aus Silber in Burmanns Anthologia
poetar. Latin. Tom. I. 8 6 . 8 7 - 88-, und dafs die Fabel selbst auf verschiedene Weise ist behandelt worden
erhellt aus einem ändern lateinischen Epigramm des Pentadius (eben das. I, 140. p. 106.), welches eine
Grabschrift auf des Acis Grabmahl ist, nah bey welchem der Strom Acis flofs.