Rechtfertigung der Alten, welche in des Mannes
Charakter und Schicksalen so vielen Stoff
zu trefflichen Sittenlehren fanden. Es verstehet
sich, dafs hier die Rede von einer praktischen
Moral für Weltgebrauch war, so Weit
sie sich auf Erfahrungen und auf Erfahrungsgründen
stützte, und der Erfahrung selbst
abgewonnen war. Die grofsen Grundsätze
liegen innerhalb der Grenzen des gemeinen
Menschenverstandes, werden gleichwohl oft
und leicht von den besten und gebildetsten
Menschen übersehen; wie wichtig mufsten
sie nun für die frühe Welt, wrie wichtig für
die Bildung der Jugend seyn? und, vorgestellt
in Handlung selbst, und in einem Gedicht,
mit so vieler Einfalt und Anmuth! Ein
grofser Theil der gemeinnützigsten Sittenlehren
beziehet sich auf das Studium so wohl,
als auf Bildung, der Charakter der Menschen,
so wie sie sich, besonders in wichtigen
Fällen des Lebens, zeigen, und das Z u trauen
oder Mifstrauen des Klugen erwecken.
Kein Wunder, wenn endlich auch der Künstler
sich den Charakter des Ulyfs im Ideale
dachte, und dafs sich unvermerkt hier und
da eine moralisirte Odyssee in die Kunst
mischte; dafs zuweilen Ulyfs so gar zu einem
allegorischen Bild gebraucht ward; eben so
wie, verhältnifsmäfsig, auch andre Charakter,
Handlungen und Geschichten des Alterthums;
während dafs auf einer ändern Seite
der vom epischen Dichter überlieferte Charakter
des Ulyfs neue Richtungen und Wendungen
durch das Drama auf der Schaubühne
erhielt.
B ey dem allem hört Ulyfs nicht auf ein
wirklich historisches Wesen zu seyn; er wird
nicht zum Niemand, zum Ut i s gemacht,
für den er sich selbst ausgab. Dafs ein gewisser
Ulyfs einsmals war, von welchem sich
Sagen erhalten hatten, läfst sich nicht, ohne
den ganzen Glaubensgrund der alten Geschichte
zu erschüttern, bezweifeln; sein An-
theil an dem Zuge gegen Troja, und an der
Eroberung der Stadt, sein Herumstreifen auf
der damals unbekannten westlichen Hälfte
des Mittelländischen Meeres, und seine späte
Zurückkunft nach seiner Heimath, alles kam
in Sagen auf die Nachwelt, und ward Stoff
für Gesänge, wobey die Dichter für die Ausschmückung
desto mehr Freyheit hatten, weil
theils seine Heimath vom alten cultivir-
ten Theil Griechenlands abgelegen, theils
alles in einem unbekannten Meere vorgegan-
gen war.
Ir g e n d einmal kann man diese Fragen
und Zweifel über Odyssee und Ulyfs aufwerfen
und beantworten lassen. Allein best
man den Dichter selbst, oder betrachtet die
von der Kunst aus ihm nachgebildeten Vorstellungen,
so müfste man schon viel von
Dichter- und Kunstgefühl verloren haben,