Tochter, welche von deinem göttlichen Feuer
beseelt, die sichtbare Natur im Grofsen auf-
fafst, und deine nach ihr gebildeten Ideale,
in schönen Formen, als lebend darstellt. Aus
den Werkstäten von modernen Schau- und
Prunkbildern des Witzes, der Mode und der
Artigkeit, rufen sie uns zur reinen einfachen
Menschennatur zurück, wie sie aus den
Händen des Schaffenden hervorgieng, mit
Kraft und Regsamkeit ausgerüstet, in der
Wirksamkeit durch gesunden Menschenverstand
geleitet, voll starker mächtiger Triebe,
voll Strebens und Drängens; eine wirkliche
Menschennatur; keine gemeine Menschengestalt,
aber auch kein blos gedachtes Vemunft-
wesen; kein geträumter sittlich vollkomm-
ner Seraph, welcher das nicht seyn würde
und seyn könnte, was der Mensch seyn soll
und seyn mufs, weil er für eine Erde geschaffen
ist, wo ohne Sinne und Triebe kein Wesen
wirken kann, und wo doch Wirken Alles ist.
Mao verfeinerte Cultur uns noch so sehr
von der Natur entfernen, mag dem Verzärtelten
die Einfachheit so gar aneckeln: ergriffen
von Überdrufs kehrt der Weichling
selbst einmal zu ihr zurück, und findet nur
in ihr wahre Gefühle, wenn ihn erkünstelter
Genufs nicht bereits ganz zum Fühllosen abgestumpft
hat. Wie wir die grofsen Naturaussichten,
die uns in Erstaunen setzen, nicht
in Städten suchen: so müssen wir auch die
grofse Menschennatur, wie die reine Kunst
sie zur Darstellung sucht, nicht in den grofsen
gedrängten Menschenhaufen der Städter aufgreifen
wollen; die Phantasie des Künstlers
mufs sich in die Zeiten, Clima und Lagen der
Dinge versetzen, wo noch unverdorbne Körperkraft
und frey ausgebildete Naturform,
dem Zeichner den Körper und den Geist darstellt,
welcher für solche Handlungen geschaffen
ist, die die dichtende und bildende
Kunst mit Glücke nachbilden und darstellen
kann.
In der bildenden so wie in der dichtenden
Kunst mufs alles Form, und bestimmte Form,
seyn; jedes ein Einzelnes, eine vollendete
Körpergestalt; Menge, Angriff, Flucht, Tapferkeit,
Klugheit, — für diefs und alles Ähnliche
hat die Kunstschrift und Kunstsprache
keine Zeichen, weil sich alles diefs wohl denken
läfst, aber doch der Phantasie kein deutliches
noch zu zeichnendes Bild giebt; dagegen
zeichnet die Kunst den Tapfern, den Klugen,
in Charakter und Handlung. Gar bald
nahm diefs die betrachtende Kunst wahr. Öftere
Versuche führten auf das, was jeden Charakter
am vollkommensten sinnlich darstellt,
was ihm, auch unter zufälligen Verschiedenheiten,
eigen bleibt; man vervollkommnete
dieses Eigne, und die Kunst schuf sich Ideale.
A ber auch dieseldeale wurden noch mehr
bestimmt und gleichsam individualisirt, in