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grofse Figuren sind, und der Cyclope nicht
viel über ihre Grofse hinaus gehet: so weifs
die Kunst doch sehr wohl durch eine verhält-
nifsmäfsige Vergröfserung der ganzen Form
die Vorstellung hervor zu bringen, dafs der
Cyclope eine Riesengestalt erhält i |
j) P i b e g h i n Tibaldi hat zu Bologna (in dem bekannten Saale (Saletto d i T ib a ld i , wo er
an der Decke auf nassem Kalche Vorstellungen aus der Odyssee angebracht hat), den Polyphem gemalt,
wie ihn Ulyfs blendet; aber er hat den Polyphem so riesenmäfsig grofs gemacht, dafs Ulyfs neben ihm
ganz klein zu seyn scheint; diefs macht eine widrige Wirkung, ob gleich das Stück ein Meisterwerk
von Anatomie ist, im Ausdruck der verzückten Muskeln aus Schmerzen des Geblendeten. Man erinnere
sich des ähnlichen Fehlers bey der Vergröfserung des Hercules in melirern Figuren, die seine
Abenteuer vorstellen, so wie im Museo Pio-Clementino die armseligen Figuren des Diomeds des Thra-
ciers und des Geryons: Band II. tab.7. und g : Beyspiele sind. Wenn man diese Betrachtungen angestellt
hat, so mufs man wünschen, von -des Timanthes Gemälde besser unterrichtet zu seyn,'welfches Plinius
anführt als Beyspiel seiner witzigen Erfindungen: er habe den schlafenden Polyphem in ’einem kleinen
Gemälde vorgestellt, .dessen Gröfse anzudeuten, er die dabey stehenden Satyri so gemalt habe, dafs sie
seinen Daumen mit einem Thyrsus mafsen: Plinius XXXV, 10. s. 36, 6. Auf diese Weise läfst sich gar
kein richtiges Verhältnifs denken.