mufs; Alles diefs bringt Bewufstseyn der
Stärke und der physischen Kraft mit sich;
eben so gut als Bewufstseyn von Geisteskräften,
Gefühl oder Ahndung von Überlegenheit
im Verhältnisse zu ändern, in denen
Geistesschwäche und Charakterlosigkeit sichtbar
ist. Ein noch edlerer Zweig von mehr
sittlichen Eigenschaften und Tugenden des
Stärkern sind Offenheit, Unbefangenheit, Gut-
müthigkeit. Weiterhin kann Stärke zu noch
erhabnem Tugenden von Grofsmuth, Seelenerhabenheit
und Aufopfrung für Bürgerglück
und gemeine Wohlfahrt führen.
M it diesen und ähnlichen Eigenschaften
ausgerüstet, erscheint Diomed im Homer;
und dieselben, in einem Kopf ausgedrückt,
können uns Diomed seyn. Denken mufs der
Anschauende dabey; er mufs sich Selbst
hinzu denken, was er im Homer gelesen,
oder in der Natur, in einzelnen Individuen,
gefunden hat; nur mufs er nicht in dem
kleinen Kreise seiner ihm bekannt gewordnen
Zeitgenossen allein suchen. Wie der Dichter
sich seinen Diomed schuf, konnte er selbst
nicht viel anders, als der Künstler, verfahren;
durch die Sage war ihm ein Diomed
bekannt worden, der in gewissen Fällen so
und so gehandelt hatte; diesen Diomed der
Sage, bildete er sich zu seinem epischen Dio-
med; aber als epischen Diomed mufste er ihn
handeln und sprechen lassen. Einen Charakter
in Worten zu schildern, und förmlich
voran zu schicken, oder einzuschalten, gehörte
für die spätere historische Kunst, nicht
für den epischen Dichter. Dieser mufs allem
durch Handeln und Sprechen Leben geben.
Höchstens Ein Beywort ist für ihn Beschreibung.
D er Charakter der physischen Stärke
zeichnet sich an Kopf, Hals und Brust sehr
deutlich; der starke Hals, die überaus breite
Schulter, da der Kopf seitwärts gerichtet ist,
die vorstehenden Knochen und Falten der
Stirn, das krauslockige Haar und der gleichfalls
krause Bart, der überall stark gezeichneten
Muskeln, alles kündigt Körperstärke.
Es ist alles eben das, was auch einen Hercules
auszeichnet, aber in minderm Mafse;
am Hercules ist alles grofses Heroen - Ideal,
eines Göttersohns, der künftig einmahl selbst
unter die Götter aufgenommen werden wird;
hier ist ein Held aus dem Mittel der Sterblichen,
der Sohn des Tydeus. In dem Blicke
spricht der kühne, zuversichtliche, feste
Sinn, ohne doch furchtbar und abschreckend
zu seyn 2).
Dem Dichter, als ersten Bildner, macht,
wie uns deutcht, der Charakter des Diomeds,
als Heldens, vielleicht mehr Ehre als irgend
ein anderer; wir würden sagen, es blickt
mehr Kunst daraus hervor; wenn sich nur
Kunst im alten Dichter suchen liefs. Es ist