phalen sind. Es scheint auch zu der grossen Weltordnung zu gehören, dass die vorherrschenden
Volksstämme im östlichen Europa, zu welchen, wie wir wissen, das weite europäische Russland und
die Türkei nebst Griechenland und ein grosser Theil des österreichischen Kaiserstaats gehören,
Brachvcephalen sind.
Mehre interessante Schädel der hier aufgezählten Völker habenJwir später für das Museum In
Stockholm erhalten. — So habe ich durch den ausgezeichneten Professor der Anatomie in Wien, H y r t l ,
einen Croatenschädel von der Militairgrenze erhalten, der sich durch seine Höhe, Grösse und fast
kubische Form auszeichnet; einen Morlackenschädel aus Dalmatien, breit, hoch und brachycephalisch;
mehre slovakische von Olmiitz, zwei esthische, einen türkischen und mehre finnische vom Prof. B o nsd
o r f f und zwei karelische vom Prof. W il l e b r a n d in Helsingfors. Von Rhä tiern1)-habe ich mehre
P Die R h ä tie r sind den bracliycephalen E u r o p ä e r n durch Dr. L. Steüb’s Schrift: ’’Zur rhätischen Ethnologie"
Stuttgart 1854, hinzugefögt worden. Der Verf. dieser interessanten Schrift hat historisch-linguistisch fest^estellt,
dass die R h ä t ie r E t r u r ie r waren, welche vom nördlichen Italien nach Tyrol und in die Schweiz einwanderten.
Dass die E tr u r ie r P e la s g e r , sowie dass die P e la s g e r ein turanischer brachycephalischer Volksstamm waren,
glaube ich mit Bestimmtheit annehmen zu können.
Bereits vor längerer Zeit hatte ich Grund anzunehmen, dass die brachycephalische Form in gewissen Theilen
der Schweiz vorkomme, aber in diesem Somxher (1857) während einer Reise durch Baiern, Württemberg, Baden
und die Schweiz bin ich überzeugt worden, dass diese Schädelform die vorherrschende in allen diesen Ländern ist..
In dem anatomischen Museum zu Basel, welches eine sehr reiche Schädelsammlung besitzt, die ich durch Herrn
Professor Meissner’s Güte genau durchwehen konnte, befand sich auch eine bedeutende Anzahl von S c h w e iz e r schädeln,
sämmtlich von entschieden bruchycephalischem Typus. Besonders ausgezeichnet unter diesen war einer
von Graubündten durch sein kurzes, ^flaches Hinterhaupt, fast gleich dem Schädel eines peruanischen In ca s.
(J. MÜller’s Archiv 1858.)
In einem schwedischen Exemplare dieser Abhandlung hatte der Verf. eine Note beigefügt, welche von der vorhergehenden
etwas abweicht. Das Original derselben wird in der Bibliothek des Carol. Instituts aufbewahrt. Sie lautet also:
Nachdem dieses geschrieben war, habe ich Gelegenheit gehabt, eine bedeutende Menge Hirnschalen von Toskana,
der Lombardei, Piemont, Tyrol und der Schweiz zu sehen, und bin dadurch zu der Ueberzeugung gelangt, dass die
herrschenden Volksstämme in diesen Ländern schwarzhaarige Brachycephalen sind. Das ist auch der Fall mit der
Mehrzahl^in Baden, Württemberg und Bayern. — In Frankreich haben die B a sk e n dieselbe Form, in Sachsen
und Oesterreich kommt diese Form ebenfalls sehr allgemein vor und ist in diesen zuletzt'genannten Ländern wahrscheinlich
slavischen, in Italien, Tyrol und der Schweiz wahrscheinlich griechischen Ursprunges.
r Die hier nur in der Kürze angedeuteten Ansichten des Verf. über die Brachycephalie der Rh ätier gründen sich, wie er
selbst sagt, auf Untersuchungen, die er während einer Heise in der Schweiz theils an lebendigen Individuen des'rhätischen
Stammes, theils auch an in diesem Lande befindlichen Schädelsammlungen angestellt hat. Aus den von Steub angeführten
philologischen Gründen, so wie aus den schon früher von Anderen bemerkten Stellen bei Plinius, J ustinus und besonders
Livros (’’Alpinis quoque ea (tusca) gentibus haud dubie origo est, maxime Rhaetis: quos locä ipsa efferarunt, ne quid ex
antiquo, praeter sonum linguae, nec eum. incorruptum, retinerent.” Lib. V. Cap. 33) hielt er die R hätier für verwandt
mit den uralten Völkern des nördlichen Italiens, den s. g. T u sc en oder Etruskern. — Diese Ansichten sind späterhin
bestätigt worden durch v. Baer (Ueber die Schädel der Rhätischen Romanen, Bulletin de l’Acad. Imp. des Sciences de
St. Petersbourg Tom. I 1860). Dieser Forscher stimmt nämlich darin ein, dass die R hätier Brachycephalen sind, und
dass sie mit dem uralten Volke des nördlichen Italiens, den T u sc en , ihren Ursprung von einem und demselben Stamme
ableiten; inzwischen hat er die Aufmerksamkeit darauf gerichtet, dass man einen Unterschied machen muss zwischen diesen
Tuscen (Etruskern) des Liviüs und andrer Schriftsteller in dem nördlichen Italien und dem im Allgemeinen bekannteren,
etwas südlicher wohnenden Stamme gleichen Namens, welcher der in der Kunstgeschichte bekannten etruskischen Kultur den
Ursprung gegeben hat. Auf der Reise, die A. Retzius im Sommer 1860 nach Italien, der Schweiz und dem südlichen
Frankreich anzutreten vorhatte, welcher Plan gleichwohl durch seinen Tod unterbrochen wurde, war es ohne allen Zweifel
seine Absicht, eben diese Verhältnisse, so wie auch die über die Basken näher zu erforschen. Herausg.
%
lebende Individuen zu untersuchen Gelegenheit gehabt; auch habe ich mehre Basken ’) untersucht
und werthvolle Schädel derselben von Dr. E u g è n e R o b e r t in Paris erhalten. Einige Male bin ich
mit brachycephalischen Schotten aus den nördlichen schottischen Inseln und dem nördlichen Schottland
zusammengetroffen. Während meines letzten Aufenthaltes in Schottland traf ich wieder verschiedene
Individuen desselben Typus. Sie haben einen eigenthümlichen Ausdruck, nicht selten auffallend
kurze, etwas breite Gesichter, rothes Haar, eine etwas sommersprossige Gesichtshaut. Ich habe
seitdem von Reisenden gehört, dass dieser Typus nicht selten in den Hochlanden Vorkommen und
dort von alter Zeit her einheimisch sein soll. Ich denke, dass sie entweder von Finnen oder von
Basken abstammen.
B. Asiens Schädelformen.
A sie n s D o lich o c ep h a len .
Hindus,
Arische Perser,
Araber,
Juden,
Tungusen,
Chinesen,
Orthognathen.
Prognathen.
Die Gegenden, welche diese' Völker bewohnen, sind also auf die südlichen Theile des grossen
asiatischen Continents beschränkt, nämlich Arabien, Persien, Hindostan und China (wozu ich hier
weder die Mongolei, noch die chinesische Tartarei rechne). Sowohl nördlich als südlich von dieser
Gegend grenzen sie an brachycephalische Völker, sowie diese letzteren auch fast überall unter den
asiatischen dolichöcephalischen Stämmen zerstreut sind.
Ich habe hier die Chinesen sammt den Tungusen unter den Dolichocephalen aufgeführt. Sie
sind sonst gewöhnlich zu den mongolischen Völkern gezählt worden. Mehr und mehr Schädeluntersuchungen
haben jecfbch die Erfahrung bestätigt, welche ich bereits lange ausgesprochen hatte, und
welche auch von L a t h a m 2) citirt wird, dass die eigentlichen Chinesen lange Schädel mit vorspringendem
Hinterhaupthöcker haben; aber neben diesem Hinterhaupthöcker haben sie auch beträchtliche
Scheitelhöcker (Tubera parietalia), wodurch der Umkreis ihrer Schädel sich einem länglichen Fünfeck
mehr nähert, als einem ovalen Umkreise. Ich habe nämliche mehre Chinesenschädel, theils
Originale, theils Abgüsse, aus England (Dr. B. D avis), aus Holland (Prof. v. d . H o ev en ) , aus
') Als A. Retzius auf deu brachycephalischen Theil der Bevölkerung Frankreichs die Aufmerksamkeit richtete, war er aus
verschiedenen Gründen der Ansicht, dass derselbe von den alten Basken (Iberiern) abstammte oder mit ihnen verwandt
war. Inzwischen ist, wie bekannt, die Frage, in wiefern die Basken Brachycephalen gewesen sind, durch die Untersuchungen
des Mr Broca in Zweifel gezogen worden. Von den sechzig Schädeln, die er aufgrub auf einem alten Begräb-
nissplatze in einer Gegend, wo Basken gewohnt haben, waren nur vier entschieden Brachycephalen. Doch scheint es, als
ob andre Forscher (Bruner Bey) Anstand nehmen, diese Schädel als authentisch anzusehen. (Der Herausg. kennt die Ansichten
"dieser Verfasser leider nur aus sehr kargen Referaten). Dass inzwischen die Basken (Iberier) schon vor sehr
langen Zeiten mit celtischen (dolichöcephalischen) Stämmen vermischt und oft in solchen mächtigen Stämmen aufgegangen
sind, woher der Name ’’C e ltib e r ie r” sich herschreibt, kennt man ja aus älteren Schriftstellern (Strabo, Appianus, Diodorus
u. a. m.) • Herausg.
2) The natural history of the varieties of man. London 1850 p. 16 ’’Physical conformation.”