Uebersicht der Masse. II.
Ueber Schädel von Avaren, Czechen und Polen.1}
H e r r A. R etziü s führte an, dass'er im vorigen Herbste vom Professor der Anatomie, Hrn. H y r tl,
in Prag, de^Beiiädel eines Avaren und zwei Schädel von Czechen, so wie vom Hrn. Medicinalrath
H erzog in Posen zwei “Hirnschalen von Polen erhalten hatte. Der Avarenschädel, von welchem
ein Gipsal) guss vorgezeigt wurde, war bei Grafenegg in Oesterreich ausgegraben worden und hatte
ein Ansehen, \yel<&e| in hohem Grade von dem aller bisher bekannten asiatisch-europäischen Schädel-
formenl hinsichtlich der Höhe der Scheitelhöcker, der zurückgedrückten Stirn und der Kürze des
Hinterhaupts ab wich. ) Mehre dgl. Schädel waren, so viel ;H%-Retziü s wusste, in Oesterreich vom
Grafen R asoumovsky bei Baden und vom Gi$fen B r euner bei Krems gefunden und sowohl von Naturforschern
als Archäologen für Avaren schädig erklärt worden.
Ueber dieses Volk theilte Hr. R etziü s mehrcfErläuterungen mit, welche er vorzüglich aus S chafarik8)
entlehnt hatte.: Nach diesem waren die Avaren■ ein türkisch-uralisches Bastardvolk gewesen,
welches in alten Zeiten die Länder|;zwischen dem Don und der Wolga, vom Ural an bis zum kaspi-
schen Meere hinab, bewohnt und ein nomadisches Räuberleben unter dem Schutze türkischer Khane
geführt hatte. Im Jahre 557 machten sie sieh unabhängig, gaben sich Khane v,aus ihrem eignen
Stamme,^gingen über die Wolga und drangen in mehren Abtheilungen nach Europlrvor. Sie nahmen
Ungarn i. J. 563, dazu auch Oesterreich und noch mehre Länder ein, und brachten von dort aus zwei
und ein halbes Jahrhundert hindurch unaufhörliche Verheerungen über Europa. Obgleich die eigentlichen
Besitzungen der Avaren in 'unserm Welttheile sich-auf die genannten Länder beschränkten, so
hatten sie doqh für kürzere-Zeit auch Theile ton Griechenland, Italien, .Böhmen, Mähren und Franken
eingenommen. Karl der Grosse war der berste,, welcher Macht genug besass, sie zu bekämpfen. Sie
Murden durch mehre Armeen und in mehrerikFeldzügen bekriegt, welche mit ihrer, fast vollständigen
Ausrottung endigten, und von der geringen Anzahl, welche in Europa übrig blieb^ verschwanden die
letzten Glieder, so viel man weiss, mehr als' tausend Jahre vor unserer Zeit. S chafarik nennt die
) Ofversigtv&f Kgl. Vetenskaps-Akaderfnisns Förhandlfngar 1844 p. 38: Ojfäeganier a f Avarer och Slaver.
Archiv Skandinavischer Beiträge zur Naturgeschichte J^älisg. von Che. Fr. Ho& s<3Hi:ch 1845 p. 149. Aus d. Schwed.von Creplin.
) Dieser Schädel ist Fig. V PI. VI abgebildet.. 3) Slavische Alterthümer. "Deipzig 1843—44.