
 
        
         
		Eintheilung  der  menschlichen  Schädelformen  nach  dem  Verhältnisse  der  Länge  und  Breite  und  nach  
 dem  grössere  oder  geringere  Vorspringen  der  Kiefer  zu  einer  mehr  bestimmten  Auffassung  der  
 Formverschiedenheiten im Bau d e s fe i& e ls  gegeben haben. —  Mir  scheint,  dass dieser Impuls Epoche  
 in  dem  Studium  der  Verschiedenheiten  der  Völkerstämme  und  Völker,  somit  auch  in  dem  ürtheil  
 über  die  Bedingungen  derselben  machen  kann  und  hoffentlich  auch  machen  wird.  Nicht  als  ob  ich  
 glaubte,  dass  uns  diese  Früchte  schon  morgen  in  den  Schooss  fallen  werden,  oder  auch  nur  in  der  
 Zeit  eines  Menschenalters  geärndtet  werden.  Ich  habe zu lange  gelebt,  um  so glänzende Erwartungen  
 zu  hegen,  doch  habe  ich  hinlänglich  erfahren,  dass  jede  Forschung  erst  einen  festen  Boden 
 gewinnen  muss,  um  zum  wirklichen  Wachsthum  zu  gelangen.”................Nachdem  von  B a be 
 darauf  geäussert  hat,  dass  Lnrai’s,  B d f fo n ’s ,  H u n t e e ’s   u.  a. Eintheilungen des Menschengeschlechtes  
 nicht  gut  für  mehr  gehalten  werden  können  als  ’’geistreiche  Aperçus”;  nachdem  er  den  Fehler  
 in  B lumenbach’s   Eintheilung  dargelegt  hat,  nämlich  dass  dieser  von  zuvor  gefassten  Piäncipien  
 ausging,  sein  Bestreben,  das  Menschengeschlecht  von  einer  einzigen  Grundform  herleiten  zu  wollen  
 u.  s.  w.  (von   B a e e   bemerkt  an  einer  andern  Stelle,  dass  B lumenbach’s   Eintheilung  zu  betrachten  
 ist  als  ein  "überwundener  Standpunkt”  der  Ethnologie),  und  nachdem  er  darauf  die  Unrichtigkeit  fh  
 P eicha ed ’s   Eintheilung,  sowohl  nach  den  Sprachen  und  den  physischen  Charakteren,  dargelegt  hat,  
 fährt  er  fort:  "Das  Ferment,  das  die RETZius’schen Untersuchungen in  die vergleichende Anthropologie  
 gebracht  haben,  scheint  mir  nun  vor  allen  Dingen  darin  zu  liegen,  dass  er  nach  der  ursprünglichen  
 Abstammung  nicht  fragt,  aber  nachgewiesen  und  durch  Zahlen  anschaulich  gemacht  hat,  wie  verschieden  
 die  Schädel  bei  Völkern  sein  können,  deren  Sprachen  allgemein  als  verwandt  betrachtet  
 werden”...........und  ferner:  ”Es  war  ohne  Zweifel  einer  der  ergiebigsten  Fortschritte,  welche  die vergleichende  
 Anthropologie  gemacht  hat,  als  R et z iu s   auf  die  Verschiedenheit  in  der  Ausbildung  des  
 Schädels  nach  hinten  aufmerksam  machte”.........*). 
 •)  Wie  weit  sicli  in  dieser  so  wichtigen  Hinsicht  A.  Ketzius’  Auffassung  von  der  seines  Vorgängers,-BlumeKbach,  unterschied, 
   erhellet  ausser  allem  anderen  ans  folgendem  Auszuge  der  Einleitung  zu  Blumenbach s  ethnologischem  Hauptwerke,  
 Deeas  collectionis  suae  craniorum  diversarum  gentium,  Dec.  prima  pag.  9,  wo  er  die  Unhaltbarkeit  der  Ansichten  und  
 Methoden  anderer  Verfasser  (Daubenton,  Camper  u.  a.)  zeigt  und  ihnen  gegenüber  seine .eigenen  darlegt: 
 ”Ne  tarnen  vagae  eint  et  ambiguae  habitus  istius  unmersi  voces,  ex  tota  cranii  compage bina inprimis  selegi  oss$  quibus  
 tanquam  fundamentis  reliqua  capitis  forma  cuius  varietates  gentilitias  quaerimus,  nititur,  frontale  sc.  et  manillaria. 
 Frontalis  enim  ossis  formam  universae  fere  caluariae  habitus  sequitur,  cum  plani  circularis  directio  lateralem  angustiam  
 aut  amplitudinem  capitis  demoustret;  supremus  vero  ossis  margo  quo  cum  sagittali  sutura  concurrit,  verticis  acumen  aut  
 depressionem.  Ut  äreuum  supercilianuih -et  glabellae  differentias  taceam  unice  in  hocce  osse  positas.. 
 A  maxillaribus  vero  ossibus  narium  primo  amplitudo  pendet  tum  et  ipsa  nasalium  ossium  directio,  et  pro  malarium  
 processuum  configuratione  ossium  iugalium  ipsis  appositorum  maior  minorue  protuberantia,  et  (quae  magni  in  hac  disqui-  
 sitione  momenti  est)  malaris  foueae  ratio  qua  iugale  os  ad  anteriora  ossis  maxillaris  transit:  denique  et  limbi  alueolaris  
 siue  angustia  siue  amplitudo.  Quid  quod  et  inferioris  mandibulae  forma  et  habitus,  cum  alueoli  eius  et  dentes  istis  
 superioris  maxillae  respondeant,  ex  huius  fabrica  aestumari  potest. 
 Ex  utroque vero  osse, maxillari  nempe  et  frontali iunctim sumto orbitarum quoque directio, amplitudo et profunditas pendet. 
 Hisque  ergo  ossibus'normalibus  tanquam  fundamento  positis  facile  exin  universi  craniorum  habitus  characteres  firmi  et  
 stabiles  quatenus  etiam  in  vicinis  ossibus  positi  sunt  ulterius  deduci  poterunt:  firmi  inquam  et  stabiles;  quae  enim   ab  
 iisd em   o s s ib u s   r em o tio r a   su n t  ut  o c c ip u t,  a d u e n titia e   magis  v a r ie ta ti  am p litu d in is   e t  fig u ra e   o b n o x ia   
 v id en tu r,  utpote  quae  saepe  in  craniis  eiusdem  gentis,  quod  ad  reliqua  sibi  simillimis,  multimode  ludere  videmus. 
 Dieser  Auffassung  ist  Blumenbach  auch  überall  bei  seinen  Schädelbeschreibungen  treu,  und  dieselbe  erscheint  vielleicht  
 noch  schärfer  auf  seinen  Abbildungen.  Denn  unter  den  60  Figuren  in  seinen Decaden  sind  nicht weniger  als etwa  40  
 (also  §)  im  halben  Profil  genommen.  "Von  den  übrigen  sind  mehre  beinahe  ganz  in  Profil  oder  Face;  nur  ungefähr  14  
 (darunter  6  von  Negern)  im  ganzen  Profil;  und  keiner  in  Norma  verticalis. 
 Ermuthigt  durch  diese  und  ähnliche  Urtheile  von  competenten  Richtern,  aufgefordert  von  vielen  
 Seiten,  sowohl  hier  in  Schweden  als  im  Auslande,  sowie  auch« {t^durch,  dass  die  Schwedische  Gesellschaft  
 der  Ärzte  die  Sammlung  der  ethnologischen  Schriften  von  A.  R et z iu s   in  ihren  Verhandlungen  
 aufgenommen,  hat  der  Herausg.  sich  entschlossen,  dieselben  auch  im  deutschen  Gewände  
 erscheinen  zu  lassen,  worin  die  meisten  derselben  schon  früher  zu  verschiedenen  Zeiten  hejausge-  
 kommen  sind.  Jedoch  nicht  ohne  Bedenken;  denn  es  sind  nun  schon  über  zwanzig  Jahre  seit  
 der  Zeit  verflossen,  da  die  ältesten  derselben  durch  den  Druck  veröffentlicht  wurden,  und  man  
 hat  jetzt  grössere  Ansprüche  auf  Ausführlichkeit  in  der  Darstellung,  so  wie  auf  Detail-Reiclithum.  
 Aber  der  Herausg.  hat,  auch  wegen  der  geschichtlichen  Betrachtung  über den I^ntwicklungsgang der  
 Ethnologie,  es  für  nöthig  erachtet,  alle  diese  betreffenden  Schriften  von  A.  R et z iu s ,  auch die weniger  
 umfangsreichen  zu  sammeln. 
 Diise  kleineren  Schriften  sind eigentlich  Referate von Vorträgen,  die bei  den Zusammenkünften  der  
 Königl.  Schwedischen  Akademie  der Wissenschaften gehalten  und in  solcher Form in  der ’’Ofversigt  äf  
 Kongl.  Vet.  Akad.. Förhandlingar”  veröffentlicht  worden  sind.  Diejenigen  derselben,  welche  zuvor  
 nicht  in  deutscher  Sprache  übersetzt  gewesen  sind,  hat der Herausg.  in  dieser ursprünglichen Referatform  
 beibehalten.  In  den  übrigen  dagegen  hat  er,  in  Uebereinstimmung  mit  den  früheren  deutschen  
 Uebersetzungen,  den  Verf.  selbst  als  redend  eingeführt.  Die  grösseren  Abhandlungen sind Vorträge,  
 welche bei den  öffentlichen Zusammenkünften der Skandinavischen Naturforscher  gehalten  worden  sind,  
 und  daher  grösstentheils  eher  als  eine  übersichtliche Zusammenstellung der Untersuchungen des Verf.  
 zu  betrachten,  nicht  aber  als  detaillirte  Beschreibungen  derselben.  Der  Herausg.  hat  inzwischen  bei  
 der  Untersuchung  der  hinterlassenen  Papiere  des  Verf.  die  Ueberzeugung  gewonnen,  dass dieser seit  
 vielen  Jahren  ein  grösseres  craniologisches  Werk  vorbereitet  hat.  So  hatte  er  Abbildungen  einer  
 Menge  von  Schädeln,  die  meisten  in  natürlicher  Grösse,  anfertigen  lassen.  Unter andern  sind Tafeln  
 und Manuscript  zu  einem  theilweise  ausgeführten  Werke  über  egyptische  Schädelformen  vorhanden.  
 In  seinen  Briefen  an  ausländische  Forscher  legte  er  oft  werthvoÜe  wissenschaftliche  Mittheilungen  
 nieder;  von  den  wenigen  Briefconcepten,  die  sich-nach  seinem  Tode  vorfanden,  hat  der  Herausg.  
 zwei  in  diese  Sammlung  aufgenommen,  weil  in  denselben  wichtige  und  für  das  Verständniss  der  
 ethnologischen  Ansichten  des  Verf.  bedeutungsvolle  Notizen  enthalten  sind.  Auch  unter  den,  sämmt-  
 licli  kleineren,  Aufsätzen,  welche  bisher  in  keine  andere  Sprache  übersetzt  gewesen  und  daher  
 ausländischen  Lesern  entgangen  sind,  verdient  besonders  der  ’’Ueber  Z eu n e ’s   Eintheilung  der  
 Menschenrassen”,  als  über  einige  Anschauungsweisen  des  Verf.  Aufklärung  gebend,  Aufmerksamkeit.  
 Die  Abhandlung  XII,  welche  eigentlich  eine  Widerlegung  der  Phrenologie  bezweckt,  ist  in  diese  
 Sammlung  mit  aufgenommen  worden,  weil  sie  verschiedene  ethnologische  Fragen  berührt  und  in  
 den  anderen  Abhandlungen  mehrmals  von  dem  Verf.  citirt  wird. 
 An  einigen  Stellen  hat  der  Herausg.  geglaubt,  er  müsse  solche  Aeusserungen  und  Angaben  des  
 A.  R e t z iu s ,  welche,  aus  dem  einen  oder  andern  Grunde  missverstanden  oder  unrichtig  ausgelegt,  
 der  Gegenstand  des  Tadels  und  der  Opposition  gewesen  und  noch  sind,  zur  Beleuchtung  mit  aufnehmen, 
   und  er  hofft  dadurch  gezeigt  zu  haben,  dass  mit  Rücksicht  auf  mehre  dieser  so  getadelten  
 Ansichten,  der  Fehler  nicht  auf  A.  R et z iu s ’  Seite  war. 
 Wenn  indessen  A.  R et z iu s   bisweilen  Fehlgriffe  gemacht  hat,  so  ist  dies  eine  natürliche  Folge  
 der  vielen  Schwierigkeiten,  welche  ein  Forscher  in  diesem  Fache  zu  bekämpfen'hat, besonders auch  
 desswegen,  weil  es  ihm  oft  unmöglich  ist  die  Angaben  über  das  oft  zu  unvollständige  Material,  das  
 ihm  von  verschiedenen,  meist  weit  entfernten  Gegenden  der  Erde  zugeführt  wird,  zu  controliren.