
Der horizontale Theil der grossen Flügel des Keilbeins, welcher die mittleren Hirnlappen aufnimmt,
ist ungewöhnlich breit und platt (die Fossäe mediae cerebri innerhalb des Schädels sind ungewöhnlich
weit). Die Processus pterygoidei haben eine etwas vorn abschüssige Stellung; der innere
Flügel ist klein, der äussere breit und auswärts gewendet, die Pterygoidalgrube etwas flach, die
Oeffnung zwischen der Vorderseite der Proc. pterygoidei und dem Oberkieferknochen (Fissura spheno-
palatina) gross. Die Stirn zeigt sich, von der Seite betrachtet, bei den meisten Specimina etwas,
doch immer wenig, nach hinten geneigt; an drei ist sie fast lothrecht. Der Scheitel ist hoch gewölbt
und geht zwischen den Scheitelhöckern in die Hinterhauptsfläche über. Das Profil des Hinterhaupts
ist, zufolge der obengenannten Form, dem der Finnen, Slaven und Schweden unähnlich. Beiden
Schweden war es langabschüssig und schmäh bei den Slaven jähabschüssig, breit und flach, bei
den Finnen kugelrund gewölbt; bei den Läppen ist es im Allgemeinen schroff nach hinten abschüssig
gegen das Conceptaculum , cerebelli herab, ^dort am meisten vorstehend und, wie schon
erwähnt wurde, ein schwaches Tuber occipitale bildend. -rt)ie Cerebellaroberfläche des Hinterhauptsbeines
zeigt sich von'der Seite besonders gut wje eine a'ufsteigende Convexität, welche sich von der
Gegend innen vor dem Proc. mastoideus bis zur Vereinigung der Lineae - semicirculares majores
erstreckt. Die Schuppentheile der Schläfenbeine sind klein und gewölbt An der Vereinigung mit den
grossen Flügeln des Keilbeins sind sie besonders herausstehend. Die äusseren Ohrenöffnungen,
welche an den meisten Specimina gerundet sind, liegen meistens hinter, aber in einigen Fällen mitten
an der Längsachse des Kopfs.
Die grösste Höhe des Schädels ist an dem kleinsten Sp. 0,114, an den zwei grössten 0,138, an
den übrigen ungefähr 0,129.
Die Augenbraunenhöcker des Stirnbeins fehlen gewöhnlich oder sind wenig entwickelt.
Fast alle Schädel der Lappen haben dünne Wände,mit wenig ausgeprägten Muskelansatzstellen;
und fallen wenig ins Gewicht.
Die P-|öfillinie des Gesichts unterscheidet sich, wenig von der der übrigen europäischen Nordbewohner;
die Höhe von der Nasenwurzel bis zum vordem Alveolarrande variirt von 0,060 bis 0,071.
Bisweilen sind die Nasenknochen vorstehend, so auch die Zähne; im Allgemeinen sind die Zahnwurzeln
und Alveolen kurz.
Der Abstand der Orbitae von einander ist, wie bei den übrigen europäischen Nordbewohnern,
bedeutend. Die vorderen Oeffnungender Augengruben sind fast viereckig, mit wenigem Unterschiede
zwischen der Brefte und der Höhe, ferner mit abgerundeten Ecken. Nur bei einigen wenigen ist die
äussere Ecke ein wenig herabgedrückt; bei diesen ist die Breite etwa um ein viertel grösser, als di#
Höhe. In*"mittlerer Zahl kann die Breite zu 0,039 und die Höhe zu 0,033 angenommen werden.
Meistenteils sind die Fissurae orbitales ungewöhnlich gross.
Die Jochbeine sind klein und, wie die Jochbögen, wenig herausstehend. Der Jochfortsatz des.
Oberkiefers ist dagegen gross und bildet an mehreren Specimina einen Theil des Jochhöckers selbst.
Der bogenförmige Ausschnitt unter dem Jochfortsatze lies Oberkiefers, welcher bei den Schweden
im Allgemeinen tief ist, aber an den slavischen und finnischen Schädeln zu fehlen scheint, ist bei
neun der Lappqnschädel zwar vorhanden, aber klein und wenig vertieft; an den übrigen sieben fehlt
er, indem der Jochkamm zum Jochhöcker in einem herausstehenden schwachen, nach unten concaven
Bogen aufsteigt. Die Highmorshöhlen werden dadurch nach den Seiten um so mehr ausgedehnt,
weshalb apch die Wangengruben die Tiefe verlieren, welche sie an den schwedischen Schädeln gewöhnlich
besitzen. Wegen der geringen Höhe der Jochbeine bedeckt der Jochbogen nur in wenigen
Fällen die Spitze des Proc. coronoideus vom Unterkiefer; in den ^meisten endigt sich dieser unterhalb
des Jochbogens, und aus demselben Grunde wird der untere Rand dieses Bogens an den meisten
Schädeln fast horizontal gerade, bei einigen schwach S-förmig. Die grösste Wölbung der Joch-
bögen wird von den Jochfortsätzen der Schläfenbeine gebildet; der grösste Abstand zwischen den
äusseren Seiten derselben variirt von 0,125 bis 0,138, wovon die mittlere Zahl zu 0,130, also bedeutend
kleiner, als bei den übrigen europäischen Nordbewohnern angenommen werden kann.
Der Alveolarfortsatz ist niedrig; die Höhe von der Spina nasalis anterior bis zum Alveolarrande
variirt von 0,010 bis 0,020. Das Gaumengewölbe ist auch niedrig und besonders flach nach vorn.
Eine vom obern Ende des Alveolarfortsatzes vom Oberkiefer in derselben Höhe und Richtung nach
hinten o-ezogene Linie trifft bei fünfzehn Sp. die Ohröffnung; beim sechszehnten geht sie nahe zur
Spitze des Proc. mastoideus.
P* Der Unterkiefer ist' bei den meisten klpin; der horizontale sowohl, als der aufsteigende Ast sind
niedrig, der hintere Winkel ist sehr stumpf und heraussteheifd, der untere Rand des horizontalen
Astes in mehreren Fällen convex. Die Höhe des stehenden Astes vom Gelenkknöpfe bis zum Winkel
variiH von 0,058 bis 0,043; das mittlere Mass ist 0,04f oder 0,048. Der Alveolarfortsatz ist ebenfalls
niedrig; die Höhe desselben vom Vorderrande bis zum Kinnhöcker variirt von 0,020 bis 0,035 und
ist bei den meisten ungefähr 0,020. Die Zahnwurzeln sind auch hier kurz.
Siphon in der ersteh Kindheit zeichnen sich die Schädel der Lappen sehr von denen der
Schweden aus. Ich habe in der Sammlung einen Schädel von einem zweijährigen Lappenmädchen.
Die Länge desselben ist 0,147, die Breite 0,134, Wogegen bei einem schwedischen Kinde desselben
Alters der Schädel 0,158 in der Länge und 0,120 in der Breite hat. Beim schwedischen Kinde
fliegen die Ohrenöffnungen vor der Mitte, beim lappländischen hinter derselben; das erstere hat einen weit
hervorspringenden Hinterhauptshöcker, das letztere einen kurzen. Bei clem schwedischen liegt das
Receptaculum cerebelli nach unten, beim lappländischen mehr näch hinten, als nach unten.
A u sd ie se r? Beschreibung kann man schliessen, dass die Lap'pen, im Gegensätze zu den
Schweden, zu den Völkerschaften mit kurzem Hinterhaupte gehören. In dieser Hinsicht stehen sie
unter derselben Abtheilung, wie die Finnen und Slaven, unterscheiden sich aber von diesen darin,
dass ihre Scjüidel kleiner und dünner sind, mit kleinen Proc. mastoidei und überhaupt wenig ausgeprägten
Muskelansatzstellen, ferner durch das mehr nach hinten abschüssige Hinterhaupt, nebst einem
an dessen untern Rande liegenden, von den Seiten etwas zusammengedrückten, kurzen Hinterhauptshöcker,
so wie durch weiter nach vorn liegende Tubera parietalia. Ausserdem weichen sie von den
Slaven Schädeln durch einen erhabneren Scheitel ab und von den finnischen durch convexe, nicht
flache Schläfen.
Mehrere ältere und neuere Ethnographen, unter den Letztem Dr. P richard, rechnen die Finnen
und*Lappen zu demselben Volksstamme und sehen beide für die Aborigines des Nordens an. Die
Bildung der Schädel widerspricht diesem, so wie auch die Verschiedenheit der Nationalcharaktere.
Die Finnen sowohl, als die Slaven und Skandinavier, scheinen aus Ländern herzustammen,
welche von der Natur mehr begünstigt waren, nämlich ^yon den Gegenden des Kaukasus, während
die Lappen, so weit die Sage oder dip Geschichte Sie 'Verfolgen lässt, den Norden bewohnt haben.
Pr. N ilsson hat angeführt, dass T a citus sie Fenni nennt, wie die Normänner sie von den ältesten
Zeiten her und noch heute Finnen nennen. P rocopius nennt sie SxQi\H<pivoi (schwed. Skridfinnar) *)
*) Keyser, a. a. O. S; 369.