sind und dass die iberischen Stämme sich über die südlicheren, dip finnlappischen Stämme über die
nördlicheren Gegenden dieses Welttheils erstreckt haben.”
In,, einem Briefe an mich vom 21.. April 1847 hat Prof. Ketseb sich ferner über denselben
Gegenstand ausgesprochen, wovon ich hier das Folgende mittheile:
’’Ich habe seit lange die Basken als Nachkommen der Iberier und als dem grossen Völker-
geschlechte angehürend betrachtet, welches ich das ’’turanische” nenne, also'demselben Geschlechte,
als der tschndischen oder scytischen Familie in weiterer Bedeutung. Dies habe ich schon in
meiner Abhandlung über Herkunft und Volksverwandtschaft der Nordmannen ausgesprochen, gestützt
auf die Erläuterungen Uber die Baskensprache, welche in Adelüng’s Mithridates mitgetheilt werden,
und auf R ask’s Aeusserungen Uber dieselbe in seiner Untersuchung Uber den Ursprung der alten
nordischen Sprache (S. 93 etc.). Nun sagt zwar keiner dieser Schriftsteller ausdrücklich, dass die
baskische Sprache zu ein und derselben Klasse mit den finnische-j^ lappischen u. s. w. gehöre; aber
dies scheint geradezu aus ihrer Beschreibung der Eigentümlichkeiten in der Formenlehre der Sprache
hervorzugehen. R ase sagt, das Baskische gehöre nicht zu derselben Klasse, wie die celtischen
Sprachen, sondern nähere sich in der - Formenlehre am meisten dem grönländischen; mit anderen
Worten: er rechnet es zu der großen Sprachenklasse, die man wegen grammatikalischer Eigenheiten
die polysynthetische genannt hat, und zu welcher alle tschadischen Sprachen unstreitig gehören.
Dass die Basken Nachkommen der alten Iberier, Spaniens Urbewohner oder wenigstens ältester
historisch bekannter Bewohner seien, glaube ich als durclfc mehre historische Data ausgemacht
ansehen zu dürfen. Aber die Iberier haben sich nicht auf die pyrenäische Halbinsel allein beschränkt.
Aller Wahrscheinlichkeit nach haben sie die Urbevölkerung sowohl in Italien, als in Gallien, ja
vielleicht in mehren Ländern gebildet, und es ist wohl kaum eine übereilte Vermuthung, dass die
Iberier die steinanwendende.,.(sit venia verbo!) Bevölkerung ausgemacht haben, wenn sie auch in
einer fernen Zeit, während sie noch, so zu sagen, Herren des Landes waren, sich zu. einer höhern
Kultur können emporgehoben haben. Fast überall, wo man weiss, dass Iberier gewohnt haben,
zeigen sichere historische Data, dass sie von celtischen, kupferanwendenden Schaaren überwältigt,,
von ihnen ausgerottet worden oder mit ihnen verschmolzen sind. Dass die Verschiedenheit, welche
nach alten Schriftstellern zwischen den Aquitaniern und den übrigen Galliern Statt gehabt hat,
sich von einer Verschmelzung von Iberiern und Celten in diesen Gegenden herschreibe, darüber
giebt es viele merkwürdige Winke, welche von denen, die Augen und Sinn für dergleichen Untersuchungen
haben, kaum missverstanden werden können.
Dass die Iberier auch die Urbevölkerung von Irland und mehren Theilen des britischen Reiches
ausgemacht haben, und dort das steinanwendende Volk gewesen sind, von welchen man Ueberbleibsgl
antrifft, ist höchst wahrscheinlich.
Zu dem hier dargelegten Resultate haben meine freilich unvollständigen Forschungen mich schon
langst geleitet und jetzt sehe ich es durch gründliche Untersuchungen nach anderer Richtung hin
bestätigt. Die Iberier sind ganz gewiss die turanischen Urbewohner des südlichen und westlichen-
uropas gewesen, wie die Finn-Lappen (oder Familien desselben Stammes) die turanischen Urbewohner
in Nordeuropa gewesen sind. Eine turanische Bevölkerung ist in ganz Europa der irani-
sehen vorausgegangen”.
, I W*S f r0f' Keyser hier von einer turanischen Bevölkerung in Irland erwähnt, wird auch durch
dort gefundene uralte Schädel bestätigt, worüber unten mehr.
Was England und Schottland*betrifft, so bin ich überzeugt, dass mehre der früheren Völker Englands,
von denen wir jetzt kaum mehr als die Namen kennen, turanisfeh und'•Von der brachyce-
phalischen Form gewesen sind. Die Siluren, welche das jetzige Süd-Wales bewohnten, waren
nach T acitus’ Meinung1) vom iberischen Stamme, und dies gilt vermuthlich auch für&die alten
Briganten. Wahrscheinlich werden künftige ethnologische Forschungen zeigen, dass noch jetzt
sowohl in England, Frankreich, Italien und der Schweiz als in anderen Ländern mehre kleinere
Stämme der turanischen Urbewohner hier und dort lében, wie auch zerstreute Familien hier und
dort mit allem Charakteristischen in Wuchs, runder oder viereckiger Schädelform, tschudischer
Antlitzbildung, brünetter Gesichtsfarbe und dunklem Iiaarwuchse Vorkommen. Wir besitzen den
Abdruck einer sogenannten schweizerischen Hirnschale, welche der Sammlung des Dr. Spurzheim
angehört hat. Dieser Schädel ist lange für den Typus eines Schweizers ausgegeben worden, ist aber
vo.n brachycephalischer (turanischer) Form und wahrscheinlich von einem Iberier, obgleich die Mehrzahl
der Schweizer dolichocephalisch (Iraniër) ist, theils von celtischem, theils von germanischem Stamme.
Ich vermuthe auch, dass die alten Bewohner von Bretagne Iberier gewesen sind. Zwar besitze
ich keine Angabe von ihren Schädeln; aber in dem vortrefflichen^Werke ’’The Penny Cyclopaedia” * 2)
steht ein Auszug aus C. Stóthard’s ’’Letters written during a tour in Normandy, Britanny” (1820),
in welchem es unter Andern heisst:
’’The Bretons dwell in huts, generally built of mud; men, pigs, and children live all together,
without distinction, in these cabins öf accumulated filth and misery. The people are indeed dirty
to a loathed excess, and to this may be attributed their unhealthy and even cadaverous aspect. Their
manners are as wild and savage as their appearance; the only indication they exhibit of mingling
at all with civilized creatures is, that whenever they meet you they bow their heads or take off their
hats in token of respect.--------In some parts of Britanny the men wear a goatskin dress, and look
not unlike De .F oe’s description of Robinson Crusoe. The furry part of this dress is worn outside: it
is made with long sleeves and falls nearly below the knees. ^-------The Bretons do not resemble in
countenance either the Normans Or French, nor have they much of the Welsh character.” etc. etc. —
Wer glaubt in dieser Zeichnung nicht die Ueberbleibsel eines Urvolkes zu erkennen, und sollte
dieses nicht mit den Britons und Brigante.s Englands verwandt gewesen sein? Es ist zwar bekannt,
dass auch die Bretagner (Britons) für Celten angesehen worden sind, aber ich. bezweifle
dies und hege die Vermuthung, dass sie Iberier waren oder Abkömmlingen von irgend einem Zweige
des grossen turanischen Völkergeschlechts angehörten, welches vormals das herrschende in unserem
Welttheile war. Diese Annahme dürfte nicht unwahrscheinlich seih, auch wenn es nur noch wenige
Spuren von ihrer Sprache unter einem grossen Theile der celtischen und französischen aufzufinden
geben sollte. ilj Uebrigens verweise ich auf meine Mittheilung ’’über Schädel der ältesten Bewohner
Frankreichs.”8)
b) Der Schädel eines Ur-Irländers von turanischer Form. Wie oben erwähnt ward, empfing ich
diesen vom Vorsteher des Dubliner Universitätsmuseums, Hrn. Robert Ball, und zwar durch den
Df. Santesson, welcher während seines Aufenthalts in England auch Dublin besucht hatte. Es sind
noch keine näheren Angaben über denselben mitgetheilt worden, als dass er aus einem alten Grabe
’) Julii Agricolee Vita, § 11.
2) The Penny Cyclopaedia. Vol. V, p. 396. Art. Bretagne.
,3) Abhandl. IX.