Bei der Planirung des Riddarliolms stiess man vor einigen Jahren auf einen ganzen Kirchhof,
aus welchem Schädel und Ueberbleibsel von Skeletten ausgegraben wurden, von denen viele sein-
gut erhalten waren; alle Schädel zeigten fast ohne Ausnahme den germanischen Typus.*1 Ebenso
verhielt es sich bei einer Ausgrabung in der Stadt in der s. g. ’’Själagärdsgata” (Seelenhofsgasse)
genannt, an welcher ein Klosterkirchhof gewesen ist. #. V '
Ich habe auch seitdem Kopenhagen besucht, eine Menge Schädel in den dortigen Sammlungen
gesehen, auch Gelegenheit gehabt die Schädelform einer grossen Anzahl dänischer Individuen zu
betrachten, und gefunden, dass sie ihre germanische dolichocephalisclie Form sehr gut beibehalten
haben. So habe ich es auch in Holland, im flämischen Belgien und im flämischen Frankreich gefunden;
ausserdem habe ich vom Prof. V rolik in Amsterdam verschiedene Schädel von derselben
Form aus alten Gräbern erhalten.
Während einer Reise durch Grossbritannien im Jahre 1855. hatte ich wieder Gelegenheit mich
von der allgemein herrschenden dolichocephalischen Form zu überzeugen, sowohl in dem eigentliclien
England und W ales, als in Irland und Schottland. Die meisten dieser Dolichocephalen sind schwarzhaarig
und wahrscheinlich Ceiten.
Durch die Güte des ausgezeichneten, eifrigen Archäologen F. T boyon habe ich für das Museum
zu Stockholm mehre Schädel von Burgundern erhalten, die Hr. T royon aus alten burgundischen
Begräbnissplätzen in seiner Nachbarschaft herausgenommen hat. Alle haben die germanische Form.
Der erste Römerschädel, den ich zu sehen Gelegenheit gehabt habe, wurde mir von dem verstorbenen
Dr. P richard zugesandt. Dieser Schädel war von einem Schlachtfelde (the camp of Em-
peror S everus) in der Nähe von York, nebst einem andern Mannesschädel von anderer Form genommen
worden. Dr. P richard wünschte meine Meinung über die Nationalität dieser zwei Schädel, ohne
meinem Urtheil in der Sache den geringsten Anhaltpunkt zu geben. Ich fand, dass der erstgenannte
Schädel eine ganz eigentümliche dolichocephalische Form hatte, welche unter den europäischen Schädeln
des Carolinischen Instituts vorher nicht representirt war. Dag-egen fand ich, dass er besonders gut
zu den Beschreibungen und Abbildungen passte, welche B lumenbach und S an d ifor t von den Schädeln
der Römer gegeben haben. Der andere Schädel war kleiner, von der sehr langen, schmalen und
niedrigen Art, und augenscheinlich von einem Celten. Mein Urtheil war dahei^dass der eine Schädel
der eines Römers, der andere der eines Celten sei. Dieses Urtheil freute Pr/^hArd sehr, da, wie
er erklärte, beide Schädel auf einem Felde bei York gefunden waren, welches früher Kaiser S ev er
us’ Feld genannt wurde, wo die Celten (Belgae Britannorum) von den Römern geschlagen wurden.
Der Celtenschädel hat auch das Zeichen eines tödtlichen wahrscheinlich während der Flucht erhaltenen
Schlages im Nacken, während der Römerschädel seinen Schlag vorn durch die Orbitae hat. Seit dieser
Zeit sind durch die Doctoren B arnard D avis und T hurnam mehre authentische römische Schädel gefunden
und untersucht worden. Einige derselben wurden vorgezeigt bei der ’’The british association for advan-
cement of seiende” Versammlung in Glasgow 1855, und ein sehr vollständiger römischer Schädel
aus einem Columbarium in der Nähe der Via Appia bei Rom ist von Dr. D a v is dem Museum des
Carolinischen Instituts in Stockholm geschenkt worden.*) Alle diese Schädel zeigen eine merkwürdige
Uebereinstimmung in Form und Grösse. Sie sind von dolichocephalischer Form, aber ungewöhnlich
breit, besonders über den Ohren, mit starken Scheitelhöckern und beträchtlichem Hinterhaupthöcker,
und im Ganzen von ziemlich beträchtlicher Grösse.
!) Er ist Pig. in PL I abgebildet.'
Ich habe auch die Hellenen in der Reihe europäischer Dolichocephalen angeführt. Die Gründe
hierfür habe ich bereits im J. 18471) auseinandergesetzt. Nach Allem, was ich eifahren, hat die
dolichocephalische Form unter den Griechen niemals der Mehrzahl der Nation angehört, welche
die brachycephalische Form hat. Diese letztere gehört sowohl den griechischen Slaven als den
meisten Levantinern und Pela sg ern , den jetzige» Albanesern, an. In meiner oben erwähnten
Darstellung habe ieh darauf aufmerksam gemacht, dass unter den- antiken Bildwerken Apollo, Venus
und mehre der edelsten Charaktere die dolichocephalische Form zeigen, während dagegen andere,
wie Jupiter und Herkules, brachycephalisch sind, wahrscheinlich wegen der Verschiedenheit des
Stammes der Individuen, welche der Künstler hat darstellen wollen.
E u ro p a s B rach y cep h alen .
. Samojeden,
Lappen,
Wogulen,
Ostiaken,
Permier,
1 Wotiaken,
Ugern . . . . ( Tscheremissen, } Orthognathen.
(Mü l l e r , L atham.) I Mordwinen,
I Tschuwashen,
Magyaren,
( Finnen,
Finnen j Esthen,
( Liven,
Türken.
I Czechen,
1 Wenden,
I Slovaken,
I Morlacken,
Slaven . . . . ( Croaten, ) Orthognathen.
I Serbier, I
I Polen, l
I Russen*
\ Neugriechen, /
Letten oder Lithauer,
Albanier,
Etrurier, \ Orthognathen.
Rhätier, i
Basken, /
Von mehren der hier aufgezählten Stämme habe ich die Schädelform nicht selbst untersuchen
können, aber nach mehrseitigen Aufklärungen wage ich die Ansicht zu hegen, dass sie Brachycel)
S. o. Abhandl. XIII.