Anlass zu der Vermuthang, dass die Person auf das Hinterhaupt einen Schlag, und zwar wahrscheinlich
auf der Flucht, mit einem harten Instrument bekommen habe.
Ich nenne diesen Schädel,* einen celtischen, weil P richard in seinem Briefe an mich, obzwar
flüchtig, ganz ähnliche, uralte Schädel aus der Nachbarschaft des Landes der alten britannischen
Beiger abgezeichnet und beschrieben hat, und will damit meine Vermuthung andeuten, dass sie
diesen alten Belgern angehört haben. Ich werde noch mehr in der Ansicht, dass dieser Schädel ein
celtischer sei, durch die zahlreichen Untersuchaugen bestärkt, die ich selbst theils an lebenden
Personen celtischen Stamme, theils an Schädeln von demselben angestellt habe. Diese eigne'
langgestreckte, von den Seiten zusammengedruckte, schmale und meistens niedrige Schädelform
kommt, so viel ich weiss, vorzüglich in England und Frankreich vor. Indessen ist sie nicht die
gemeine celtische Form. Diese ist nämlich gemeinhin etwas breiter, nicht ganz so zusammengedrückt-
noch etwas breiter ist die im südlichen Schweden und in Dänemark hie und da vorkommende cim-‘
brische Celtenform: diese steht der skandinavisch-gothischen zunächst, istnäuch lang oval, mit grossem
Hinterhaupte, aber doch etwas breiter, als die gallische, und gleicht der des langen uralten Schädels,
welchen E schricht im dänischen Volksblatte beschrieben hat *
In dieser cimbrischen Form kommen, wie bei den übrigen, Uebergänge, möglicherweise hybridi-
cirte, vor, welche unsrer eigenen Schädelform so nahe stehen, dass sie mit keiner besonderen
Sicherheit zu unterscheiden sind.
3. Der Schädel eines römischen Kriegers. '
Dieser ist ebenfalls von P richard mitgetheilt und mit dem vorigen von demselben vermuthlichen
alten Schlachtfelde gewonnen worden. Ich habe zwei hauptsächliche Veranlassungen, diesen Schädel
für einen römischen zu halten; theils nämlich stimmt er gut überein mit B lumehbach’s Beschreibung *),
und besonders mit S a sd ifö r t ’s 2), theils hat man vollen Grund, Beste römischer Krieger in der Gegend
zu erwarten, in welcher er gefunden ward.
Dieser Schädel ist sehr gross, sowohl lang, als breit, doch von der doli'chöcephalen (iranischen)
Form, von grösserer Weite oben nach dem Scheitel, als unten gegen die Basis zu. •) Sein
oberes Gewölbe und der Scheitel sind ziemlich platt, der Umfang, von oben angesehen, ist lang
keilförmig oval, mit dem Hinterende in einen kurzen, stumpfen Winkel ausgehend. Stirn breit, gut
gewölbt, aber etwas niedrig; Augenbraunenhöcker klein, Jochfortsätze der Stirnbeine klein, nicht
herausstehend, keine Stirnhöcker; Schläfen gerundet, herausstehend; Scheitelhöcker gross, Seitenwinkel
für den hintern Theil des Kopfes bildend, mit weitem Abstande von einander; Schläfenbogen-
limen hoch nach dem Scheitel hinauf gehend; Hinterhaupt breit, gerundet, mit ziemlich herausstehendem
Hinterhauptshöcker; längs der Pfeilnath, besonders nach hinten, eine schwache Vertiefung-
Beceptaculum cerebelli gross, etwas schief aufwärts gestellt; Lineae semicirpulares majores im Schädelgrunde.
Hinterhaupt, von hinten angesehen, breit; von der Höhe des Scheitels bis zum Hinterhaupts')
a. a. O. Dec. IV, Tab. XXXn.
2) Tab. Cran. div. Nat., P. 1.
3) Er ist Fig. IV PL V abgebildet.
höcker ist die Abdachung platt. • Ohrenöffnungen mitten vor der Mitte der Längsachse des Kopfes;
Warzenfortsätze gross; Rückenmarksloch gross, lang oval; Gelenkknöpfe von mittelmässiger Grösse
und Vorragung; Nasenrücken an der Wurzel schmal, die Breite zwischen den beiden Augenhöhlen
aber bedeutend; Nasenbeine klein, aber vorwärts gerichtet, wie an einer sogenannten Römernase;
Augenhöhlen fast rund; Jochbeine besonders klein, eher nach einwärts gedrückt, als herausstehend,
so auch die Jochbögen; Oberkiefer schön gerundet, nett, mit ziemlich grossen Wangengruben; Zähne
stark, gut abgenutzt.
Das Antlitz findet sich von einer schweren Blessur beschädigt, welche die Nase zerbrochen hat
und durch die linke Orbita in die Gehirnhöhle eingedrungen ist.
Länge.................................................................................................................... ..... . 0,198
Stirnbreite . .................................................................................................................... 0,110
Hinterhauptsbreite??.-......................................................................................................... 0,158
Grösster Umfang^'............................... 0,557
Höhe ................................................ . . . \ .....................................................0,145.
Mastoidalbreite 0,128
Schläfenbreite (Grösste Breite) ................................................; ..........................0,158
Breite zwischen den Parietalhöckern.....................................................................0,148
Joch b reite............................................................................................................... c. 0,140
Höhe und Breite der Aperturae orbitarum.......................................................... 0,039
Länge des Rückenmarksloches............................................................................... 0,038
Breite d esse lben......................................................................................................... 0,029
Höhe des Oberkiefers............................................................................................... 0,068.
B lumenbach sagt von seinem Römerschädel: ’’Calvaria subglobosa, anterius fronte eleganter
complanata terminatur;” S andifort spricht Folgendes: ’’Conceptaculum cerebri oblongam habet
formam. Frons lata et complanata in linea perpendiculari adscendit; hinc vertex etiam complanatur;
nec nisi in posteriore parte parum adscendit. Latera conceptaculi cerebri globosa sunt.” — An dem
Schädel, welchen er vor sich hatte, war das Antlitz besser erhalten; — er äussert über dasselbe,
dass es breit und platt gewesen sei. Dass auch der hier in Rede stehende Schädel breit gewesen
sei, kann wohl aus der grossen Jugalbreite, von 0,140, ungeachtet kleiner Jochbögen und Jochbeine,
geschlossen werden. S andifort’s Specimen hat grosse, B lumenbach’s mittelgrosse Jochbeine gehabt.
Vergleicht man den Celten- mit dem Römerschädel, so findet man, dass an dem erstem die
Basilargegend weit breiter war, als die Coronalgegend; am Schädel des Römers ist das Verhalten
ganz das entgegengesetzte. Eben so ist im Ganzen der Celtenschädel klein, der Römerschädel
gross. Besonders bemerkenswerth erscheinen auch die Beschädigungen; der Celte hat seine Todeswunde
von hinten im Hinterkopfe, vermuthlich fliehend empfangen; der Römer, vermuthlich verfolgend,
ist von vorn, wahrscheinlich von einem groben Spiesse getroffen worden.
4. Der Schädel eines Angelsachsen.
Dieser ist mir gütigst vom Dr. T hurnam in York, nebst einem gedruckten antiquarischen Bericht
aus den ’’Proceedings of the Yorkshire Philosophical Society” zugesandt worden. Er ist beim Ausgraben
des sogenannten Lamel Hill, eine halbe Meile von der genannten Stadt, gewonnen worden.