Mehrere Ethnographen und Physiologen haben eine Stammverwandtschaft zwischen den Lappen
und Grönländern angenommen, weshalb ich glaube, auch von den Letzteren etwas anführen zu
müssen, weil zumal das Museum zwei gut erhaltene „Schädel dieses Volksstammes darbietet; der eine
ist von einem Manne von Upernavik in Westgrönland, der andere vermnthlich von einer Frau von
Nennese in Ostgrönland, beide vom Dr V ahl mitgebracht
Schädel von Grönländern.
Diese Schädel haben einen starken Knochenbau, stark ausgebildete Muskelansätze und einen
ovalen Umfang, dessen Länge 0,190 und grösste Breite (M 40, sonach dem der Schweden fast gleich
is t1); aber die vordere Stirnbreite, *bei den Schweden M-0,107, ist hier nur 0,097. Beide Schädel
sind, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, höckerig, besonders der westgrönländische, und der
Oberkiefer,, die Jochbeine und Jochbögen stehen bedeutend vor übenden Umkreis der Hirnschale
hinaus. -)' v
Das Rückenmarksloch ist gross und elliptisch, von Länge 0,042, Breite 0,032. An dem einen
Specimen ist der Atlas durch Ankylose mit dem Hinterhauptsbeine verwachsen. Das Conceptaculum
cerebelli ist gross, gewölbt und bedeutend aufgerichtet; die Lineae semicirculares des Hinterhaupts
treffen unter einem stumpfen Winkel zusammen; der Hinterhauptshöcker ist rund, ohne Absatz und
von den Seiten zusammengedrückt. Die Spitze der Lambdanath steht niedrig und ist sehr stumpf,
der hintere Theil der Scheitelbeine gegen den Hinterhauptshöcker längs abgedaqht, di^cheitelhöcker
sind niedrig. Die Entfernung zwischen den beiden Gehörgängsöffnungen ist beinahe gleich der des
vordem Randes des Rückenmarkslöchs von der grössten Convexität des Hinterhauptshöckers.
An dem westgrönländischen Schädel ist län^r der Pfeilnath eine starke Erhöhung, welche
sich jedoch auf dem Scheitel etwas herabsenkt; an dem ändern Schädel ist sie schwächer und liegt
in der Nähe des. vordem Endes der Nath. Die Stirn ist niedrig, mit einer schwachen Erhöhung
längs der Mitte, ohne'Stirnhöcker. Die bogenförmigen Linien der Schläfen gehen hoch hinauf gegen
den Scheitel und hinten nahe bis zur Lambdanath. Die Ohrenoffnungen, deren Insertion mitten vor
die Mitte der Schädellänge fällt, sind klein, und die Gänge sind bis zum Ringe des Trommelfells
rund. Die Proc^mastoidei sind ziemlich gross, die Breite zwischen ihnen ist 0*125. Die grösste
Breite des Schädels, welche = 0,140 ist, fällt gleich oberhalb der Proc. mast. Die Schläferigruben
sind sehr tief, die Schläfenflügel des Keilbeins klein und wie eingekniffen vor der Stelle, an welcher
die mittleren Hirnlappen die Schläfenoberflächen aufrecht stehend machen; die Juga sphenoidalia
bilden lange Kämme und Zacken. Die Schuppentheile der Schläfenbeine sind grosp. und platt, aber an
der Vereinigung mit den Keilbeinsflügeln sind sie hervorstehend, in Folge der oben genannten Convexität
der mittleren Gehirnlappen.
Von vorn angesehen, zeigt sich die Stirn schmal, die äusseren Orbitalfortsätze springen weit
seitwärts hervor, die Augenbraunenhöcker sind klein, die Glabella ist erhöht. Die Nasenbeine sind
ungewöhnlich schmal, obgleich die Breite zwischen den Augenhöhlen dieselbe ist, wie bei den euro-
*) Nach der von dem Verfasser bei den andern Schädelformen angewendeten Methode, das Verhältniss zwischen der grössten
Länge und Breite, nach . jlen Mittelzahlpn berechnet, anschaulicher zu machen, ist dieses hier wie 1 0 0 0:736. Herausg.
■) Der westgrönländische Schädel ist Big. II PI. II abgebildet. ,
päiscSen Nordbewohnern. Die Augenhöhlen sind gross, schief gestellt, mit abgerundeten Ecken und
mit herabgedrückter unterer äusserer Ecke; die Fissurae orbitales gross. Die Höhe des Umkreises
der Orbitalöffnungen ist 0,038, die Breite 0^041. _
Der Oberkiefer islnöißM, von der Nasenwurzel bis zum Alveolarrande 0,080, mit breiten Wangengruben,
Jochhöcker grSST, horizontal herausstehend, die Hälfte der Jochhöcker bildend, ferner unten
bogenförmig ausgeschnitten, weit zum -Alveolarfortsatze hinabgehend, welcher sehr breit ist, an dem
einen Schädel 0,080, am andern, an welchem drei Vorderzähne ausgefallen und die Alveolen nachher
zusammengezogen sind$; 0,070. Die Entfernung der Spina nasalis vom Alveolarrande ist 0,025. Der
Alveolarfortsatz bildet eine breite .Rundung, so wie B lumenbach sie von einem Chinesen beschrieben
hat, ’’osseum caput . . . praesertim autein singulari fere subglobosa rotunditate partis alveolaws
maxillae superioris notabile est.” *) Das Gaumengewölbe ist niedrig und gewölbt; die Proc. pterygoidei
nach vorn abdachend, klein, die Pflugscha^nehst den Choanen niedrig. Was nächst dem vorstehenden
runden Oberki&fer * $m ' meisten in die ÄJigen fällt, ist die^; Stellung der Jochbeine. Ihre äusseren
Flächen sind nämlich so sehr von oben nach unten und aussen abdächend, dass sie diesen Köpfen
von vorn ein etwas pyramidales Ansehen geben; vermuthlich dieselbe Bildungsform, welche den Dr.
P richard veranlasst ffät, seine dritte Formenklasse dio, pyramidale zu nennen. Die Jochbögen selbst
sind stark, am meisten convex auf der Mitte; ihre grösste Entfernung von einander, 0,145, ist grösser,
als die grösste Breite der Hirnschale, 0,140.
Dur ansteigenden Aeste des Unterkiefers sind niedrig; das Kinn ist gerundet, die Breite zwischen
beidenUnterkieferwinkeln 0,115, die Höhe des aufsteigenden Astes 0,058, die Höhe vom Kinnrande
bis zum Alve'olarfortsatze 0,031.
Diese ^Verhältnisse^; welche mit B lumenbach’s % M. Beschreibungen von Grönländer- und
Es kirn o-Scii ädeln übereinstimmen, zeigen, dass diese eine de£ europäischen fremde Form besitzen,
oder dass sie ein Glied in der Reihe der zahlreichen amerikanischen Volksstämme bilden.. Im Museum
befinden sich zwei von Sr. Maj. dem K|inige geschenkte Mumien, nebst einem Schädel aus
der Gegend des Titicaca. Die Schädel dieser Mumien sind kleiner, als die der Grönländer, aber
auch oval von Form, und haben übrigens Ähnlichkeit mit ihnen in mehrerer Hinsicht. Der eine
Schädel hat dieselbe lange, in der Mitte eingesenkte Sagittalerhöhung, wie bei dem Westgrönländer.
Die Körpergestalt bei diesen, wahrscheinlich den Urbewohnern von Peru, ist klein, und die Stellung so,
wie Mehrere sie von solchen Mumien beschrieben haben, nämlich sitzend, mit herabgebogenem Kopfe,
krummem Rücken, nach der Brust hinaufgezogenen Knieen, zusammengelegteij^und an die Seiten
gedrückten Armen. Dieselbe Stellung hatten auch die Skelette, welche man in den Grabkammern
der Axewalla-Heide fand;
*) a. a. o. Dee. V, p. I I