Ich finde mich in meiner Ansicht bestärkt sowohl durch T schudi’s Reise, als auch durch einige
andere Pefttanerschädel von natürlicher Form und Mumien in den^ammlungen. des CÄdinischen
Institutes und durch die reichhaltige Darstellung über ”the ancient Pöruvians” in den ’’Cräuia ameri-
cana.” Die interessantesten Specimina dieser Art, welche ich gesehen habe, sind^im Jpl826 von
dem französischen Consul in Lima, Hrn. Chaumette des F osses nach Schweden an. den König Carl
XIV. gesandt worden. Sie bestehen in zwei fast vollständigen Mumien und einem einzelnen Schädel.
Alle drei Schädel haben ein und dieselbe dolichocephalisch-prognathische Form.
Sie sind alle von mittelmässiger Grösse, regelmässig normaler Conformation, nicht ünbedeiitender
Breite und Länge und oval-dolicKocephalischer Form, versehen mit stark herausstehendem Hinter-*
hauptshöcker, gewölbten Schläfen, grösster Breite über den Schläfen, haben wenig ausgezeichnete
Tubera parietalia, fast runde, grosse Augenhöhlen, flache Jochbögen und vorspringende Kinnladen
und Zähne (prognathisch), wie es die Figur vor Augen stellt.x)
Die Dimensionen des abgebildeten Schädels sind:
Fronto-occipital-Länge......................................................................................... ..... 0172
Stirnbreite . . . . . . . . . . . . ■■■'*. . , . . . . . . . . 0092
Grösste Breite (zwischen den Schläfen) . . . . ................................ . . 0132
Breite zwischen den Tubera parietalia . . . ................................................0125
Mastoidalbreite . . \ . . . . . .. . . . . . ...........................q 110
Hi>h e ....................................................................................0.132 •
. -Umfang..........................................................- . V / V : : :: '
Jöchbreitfe^llngewöh^ch klein) 1 . *v* . . •*. } . * > . * " ; -0.115*. •
Oberkieferhöhe . v .......................... ...................... ' ................................ . . o 063
K in n h ö h e ................................................................' V .................................... ..... 0 023
Hintere Unterkieferhöhe .......................................... ............................... 0045
Orbitalhöhe und —.JBreite^*, ' -• ....................................................... 0 032
Die beiden Mumien haben die Stellung, welche die beisteherrcle Figur
zeigt. Der Rückgrat ist gekrümmt, der Kopf niedergesenkt, die Kniee
sind gegen das Gesicht gezogen, die Arme dicht an die Seiten gelegt^
die Hände nach den Schläfen und dem Hinterhaupte ausgestreckt,
die Füsse kreuzweise über einander gesetzt. Die Haut zeigt Eindrücke
von einer groben Leinwand, mit welcher der Leichnam in dieser Stellung
vermuthlich straff umwickelt gewesen ist. Die Cavitäten sind
nicht geöffnet worden. An der rechten Seite der Brust sind die
Bedeckungen, wahrscheinlich durch irgend eine Unachtsamkeit beim
Transporte, abgerieben und so die Zwischenräume der Rippen bloss
geworden. Zwischen die Rippen hindurch erscheinen die Einge weide
der Brust in ihrem Zusammenhang erhalten. Eben so erscheinen,
durch eine Oeffnung im Bauche, dessen Eingeweide in unversehrtem
Zusammenhänge und unversehrter Lage conservirt. J)ie Schädel siij,d
auch nicht abgetrennt worden; die Hals- und) Nackenmuskeln sind
>) Pig. vi pi. v.
mit der Haut unverletzt .geblieben. An der einen Mumie ist die Gesichtshaut erhalten, die Augenlieder
sind, ganz, die Augen noch,-vorhanden, so auch die Nase, die Conchse und die Membrana
Schneideriana. Hieraus kann |man schliessen, dass das Gehirn eben so wenig wie die Eingeweide
der Brusft und des Bauchs herausgenommen worden ist. Die Haut der beiden Mumien hat eine
hell-graugelbe Farbe, mit kleinen weissen Flecken. Eine Epidermis ist nicht zu entdecken. Ein
Theil derselben könnte sich, wie man glauben möchte, an der Umhüllung festgehängt haben; aber
diese hat, wie man deutlich sehen kann, zugleich die gek rümmten Gliedmassen und den Rumpf
umschlossen. Das Ganze hat das Ansehen, als ob es in einer Lösung gegerbt worden sei. Man
jveiss aus der Erfahrung, (hass,,sich die Epidermis bei mehren Balsamirungs- und Gerbungsarten
ablöst. Eine besonders eigen%* Erscheinung ist die, dass alle Eingeweide unversehrt sitzen geblieben
und so gut bewahrt worden smd; Nach Angaben von Reisenden sind jedoch dergleichen Mumien
nicht künstlich einbalsamirt, sondern nur in trocknender Luft und im Winde ausgedörrt worden.
Meyen äussertx) über die Mumien, welche er aus dem Andenhochlande um Pisco mitgebracht, eben
so wie über die, welche er in Lima gesehen hat, und die bestimmt waren,, nach Frankreich gesandt
zu werden: ’’Diese Mumien, wenigstens aus verschiedenen Gegenden der Hochländer, sind ohne alle
Beihülfe der Kunst aufbewahrt. Durch die ausserordentlich trockne Luft, und besonders durch den
stark austrocknenden Wind, der in jenen Gegenden zu gewissen Tageszeiten weht, werden mit
bewundernswürdiger Schnelligkeit alle organischen Körper ausgetrocknet.............Diese Austrocknung
geschieht hier übrigens so vollkommen, dass das Fleisch fast ganz verschwindet und nur die leichten
Knochen, überzogen mit der Haut, die ein lederartiges, fahles Ansehen annimmt, Zurückbleiben.” .
Eine nähere Aufklärung über unsere zwei Mumien habe ich noch nicht erhalten; doch steht zu
hoffen, dass sie mir zukommen werde. Der Umstand, dass sie von dem französischen Generalconsul
in Lima gesendet worden sind und so gut mit denen übereinstimmen, welche Meyen in Lima gesehen
hat, und die bestimmt waren, nach Frankreich geschickt zu werden, veranlasst mich zu der Vermu-
thung, dass ein jmd dieselbe Einsammlung sie, beiderseits geliefert habe. Neben den Mumien selbst
kamen noch mehre Antiquitäten an, als^künstliclie Urnen ^dn Silber u. s. w., welche auf dem königlichen
Lustschlosse Rosendal' werden aüfbewahrt werden. Dergleichen silberne Urnen werden auch
von dem eben angeführten Reisenden erwähnt, welcher ferner die Grabstätten der alten Peruaner
beschreibt. In den Küstengegenden wurden die Leichen in Sandhügel eingebettet; im Hochlande
brachte man sie in sogenannte’’Huacas, kleine Grabstätten, von denen einige über, andere unter der
Erdoberfläche befindlich sind. Bedachtsame Leute baueten selbst die Huacas, in welche sie nach
ihrem Tode eingelegt sein wollten, so wie es noch jetzt in China gebräuchlich sein soll. Die Huacas
der Urbewohner waren von viereckiger Form, zwölf bis vier und zwanzig Fuss breit,* zehn bis zwölf
Fuss tief, von Stein oder Erde, sn wie die Stelle das Material darbot. Die Huacas der Fürstlichen
und Reichen, welche nahe zusammenlagen, standen mit einander in Verbindung. An einer solchen
Stelle entstand ein Labyrinth von Gängen und Räumen, wie es z. B. der Fall war bei der grossen
Huaca in Toledo. Die Wände dieser grossen Huacas waren roth angestrichen und mit Hieroglyphen
bedeckt. Die Reicheren, sowohl im Hochlande, als in den Küstenländern, legten ihre Huacas auf
kleinen Anhöhen an; minder Bemittelte suchten dazu Berghöhlen aus, wenn solche in der Nähe waren.
Die beiden von Meyen dem Museum in Berlin zugebrachten Mumien waren in solchen Höhlen gefunden
worden. 1
1) Nova Acta Acad. Caes. Leop. Car. N.. ^ Vol. XVI, Suppl. 1, Bresl. et Bonn, 1834, S. 30.