Die eigentlnimliche Stellung dieser Mumien rührt offenbar davon her, dass die Peruaner die
Gewohnheit hatten, auf dieselbe Art zu sitzen, und von der bei so vielen Völkerschaften ehemals
herrschenden Vorstellung, dass die Abgeschiedenen fortfahren würden nach dem Tode dieselben Beschäftigungen
zu treiben, welche sie in ihrem Leben getrieben haben. Prof. Nilsson *) hat auf dieselbe
Weise diese eigentlnimliche Stellung der Todten in den Gräbern der Eskimos erklärt, wie er auch
nach Cranz von den Grönländern anführt, dass sie, wenn ein Mensch ’-iip Begriff ist zu sterben,
sie ihm seine besten Kleider anlegen und seine Beine unter die Hüften biegen.” Die Leichiame
der Grönländer und Eskimos wurden wenigstens vordem in der hier erwähnten Gestalt in ihre
Grabkammern gesetzt. . Nilssös! hat auch darauf aufmerksam gemacht, dass die im Jahr 1805 vom
Capitain Lindgren in Grabkammern auf der Axevalla-Heide angetroffenen Gerippe, welche unzweifelhaft
den Urbewohnern des Landes angehören, auf dieselbe Weise in-ihren Nischen zusammengekrümmt
gesessen haben. Martius, Meyen und Morton führen an, dass eine Menge amerikanischer Völker
den Leichnamen dieselbe Stellung geben. Der Letztere führt an, dass ein solcher Gebrauch in Patagonien,
Brasilien, Guiana, bei den Caraiben auf den Inseln und dem Festlande, bei den Florida-
Indianern, in der grossen Kette der Lenape-Nationen, unter den Bewohnern zu beiden Seiten der
’’Rocky Mountains” und auch in Canada und der grossen nordwestlichen Region von Amerika vorkommt.
2) Er betrachtet jedoch diesen Gebrauch als eigenthümlich und charakteristisch für die
amerikanischen Racen.
Die hier abgebildete Mumie, welche die grösste war, wog aehthalb Pfund, und also eben so viel,
wie die Guanchenmumie von den canarischen Inseln, die sich in den BmMENBACH’schen Sammlungen
zu Göttingen befindet. Sie hat einer Weibsperson von mittleren Jahren angehört, welche klein von
Statur und nicht ganz fünf schwed. Fuss hoch gewesen ist.
Nach einer Vergleichung mit den vielen Schädeln peruanischer Mumien, welche in den ’’Crania
americana” beschrieben und abgebildet stehen, haben diese Mumien Ur-Peruanern von dolichoce-
phalisch-prognathischer Form angehört, welche gar nicht verwandt mit der brachycephalischen Völkerschaft
waren, von der die *von Morton hergesandten Schädel' sind, und welche zufolge der von
demselben Gelehrten im letztgenannten Werke geäusserten Ansicht von dem später in das Land
gekommenen Toltecas-Stamme war und nach dieser Einwanderung in Peru unter dem Name# der
Incas bekannt geworden ist. Kurz, die amerikanischen Völkerschaften im Allgemeinen können, wie
die Völkerschaften der alten Welt, in zwei grosse Hauptgrüppen; getheilt werden: in Brachycephalen
und Dolichocephalen. Diese Formklassen vereinigen, wie man früher z. B. Slaven und Germanen
in Folge sprachlicher Verwandtschaft vereinigt hat, heisst sich ausserhalb des Grundes und Bodens
begeben, welcher uns sichere naturgeschichtliche Thatsachen darbietet. So wie in der alten Welt
scheinen die zu jenen zwei Formgruppen gehörenden Völker an mehren Stellen um einander herum
in kleineren Gesellschaften zerstreut gelebt zu haben, an anderen schärfer in grössere, meistens
geg^ü einander feindliche Nationen abgetheilt gewesen zu sein, von denen bald die eine, bald die
andere die herrschende gewesen ist.
') Skandinaviska Nordens Ur-inv&nare 1838—43.
“) An inquiry into the distinctive, characteristics of the aboriginal race of America; p. 23.
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Schädel aus alten Gräbern in Grossbritannien.1}
1. Schädel von Englands und Irland’s ältesten Bewohnern, wahrscheinlich Basken
(Iberiern) oder Finnen.
I c h habe voa^solchen die Gipsabgüsse zweier Indiyidujf| den einen durch den Dr. P bichakd ans
dem Museum zu Scarborough in/Yorkshire, den andern von R ob. B i n E sq. in Dublin aus dem
dortigen Universitätsmuseum erhalten.
a) Der Schädel eines Ur-Britten. Bei der Untersuchung eines grossen Grabhügels in dem Dorfe
Gristorphe bei Scarborough (am 10 Julius 1834), angestellt vom Eigenthümer Hrn. W. Beswick,
stiess man sechs Fuss tief auf eine Menge ohne Ordnung da liegender eichener Aeste und unter
diesen auf ein Stammstück von sieben Fuss Länge^und drei Fuss Breite. Es lag in der Richtung
von Norden napli Süden und zeigte an seinem einen Ende das rohe Bild eines^Menschengesichtes.
Als Pfcs Tags darauf mit vieler ..Anstrengung aufgehoben ward, fand es sich, dass es den Deckel
eines Sarges ausmachte, der mit Wasser angefüllt war und ein menschliches Gerippe nebst Ueber-
bleibseln an Waffen und Schmücksachen von Knochen, Feuerstein und Kupfer enthielt. Alles wurde
herausgeholt und dem Museum in Scarborough überliefert. Der Sarg sowohl als dessen Deckel
bestanden ganz einfach aus einem an den Emden mit schlechtem Werkzeuge abgehauenen eichenen
Stamm, auf welchem noch die Rinde wohl erhalten sass. Das Deckelstück schien mittelst Keile
abgptrennt zu sein. Das Sargstück war wie ein Trog ausgehöhlt. Der Deckel war nur aufgelegt,
ohne am Sarge befestigt zu sein; die erwähnte Gesichtsfigur war in der Rinde ausgeschnitten,;^ Das
Gerippe war vollständig, weiss wie Elfenbein und besass eine Körperlänge von sechs Fuss zwei
Zoll E. M. Es zeigte, dass der Körper auf die rechte Seite mit dem Gesichte nach Osten gelegt
war. Aus allem Ansehen der Knochen ergab es sich, dass sie einer Person von starkem Muskelbau
angehört hatten. Um das Skelett fanden sich Ueberreste von einer Thierhaut, mit welcher die Leiche 1
1) Öfversigt af Kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar 1849 p. 118: Cranier ur gavilci grafvar i England.
Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin, herausg. von Joh. Möller 1849 pag. 558. Aus d. Schwed.
von F. C. H. Creplin.