die wenig; zahlreichen^-'Ueberbleibsel eines grösseren Stammes ans, deren Scbädelform sich^dureh
eine monströs niedrige Stirn und ein niedriges Hinterhaupt auszeichnet. Diese Form wurde zuerst
durch die Schädel aus alten Gräbern, welche P en t la n d mitgehracht hatte, bekannt. T schudi fand
noch lebende Völker dieses Stammes in den Departements von Junin und Ayaeucho. Da die genannten
Naturforscher die angegebene eigentümliche Schädelform bei Leibesfrüchten angetroffen
haben, die in Mumien gefunden worden waren, so hat man Grund zu der Annahme, dass diese
Form unabhängig von mechanischer Einwirkung sei. Den andern dolichocephalischen Volksstamm
fuhrt T sc hu d i unter der Benennung der Aymaras auf. Dieser soll nach seiner Angabe in seiner
ursprünglichen Reinheit in den südperuanischen Departements Puno und Cuzco Vorkommen und in
seiner Schädelform beinahe den Guanchen auf den canarischen Inseln gleichen.!®- Dr. T sc hu d i,
welcher in seiner Reise in Peru übrigens so lehrreiche Nachrichten von .diesem Lande und genaue
Angaben der Schädelform mittheilt, liefert keine über die intelleetuellen und moralischen Eigenschaften
dieser verschiedenen Völkerstämme. Es ist demzufolge wahrscheinlich, dass sie nichts Bemerkenswertes
dargeboten haben. D ’O rbigny hingegen, welcher die hier so genannten Huanchas ’’Aymaras”
nennt, bemerkt, dass, nach der Construction der alten Gräber zu schliessen, die Chefs, welche unfehlbar
die in intellectueller Hinsicht Ausgezeichnetsten waren, die am meisten niedergedrückten und
entstellten Schädel gehabt haben.
Die Indianer im ganzen übrigen Theile von Südamerika, nämlich die Araucaner in Chili,
die Charruas, Puelches etc. in Uruguay, den La-Plata-Staaten und cfem Magelhanslande, sind,
soviel ich habe finden können, alle Brachycephalen. Ich habe zwar einen sehr langen, niedrigen
Schädel von eigentümlicher Form, der Angabe nach aus dem Magelhanslande, erhalten; aber ich
halte doch jetzt dessen Herkunft für ungewiss. Ich habe auch später aus F itzeot ’s und D akwin’s
Reise ersehen, dass selbst die Bewohner des Feuerlandes dieselbe brachycephalische-Form darbieten,
wie die übrigen Puelches, und muss daher diese Form als herrschend im ganzen südlichem Theile
von Südamerika betrachten.
Die brachycephalischen Volksstämme in Amerika bilden eine fast ununterbrochene Kette durch
>die/j ganze westliche Seite dieses Weltteils bis zum Cap Horn des Feuerlandes hinab. Ein Theil
dieser Stänimb besteht, wie man glaubt, aus den Ueberbleibseln der vormaligen Toltecanern, welche
Mexico verlippen und um das Jahr 1050, in Folge einer verheerenden Seuche in ihrem Lande, bis
nach JucatanTiihabzogen. Sie werden für die civilisirteste Nation gehalten, welche Mexico im Besitze
igehabt^at, ejne Nation, welche so zahlreiche Denkmäler einer höhern Cultur, eines erhabenen Cultus,
wissenschaftlicher Fortschritte und schöner Kunst hinterlassen hat. {ff Moeton ist der Meinung, dass
die Toltecaner mit den Incas nahe verwandt gewesen seien. ‘) D ’O bbignt trägt kein Bedenken, die
Quichua^dder Incas hinsichtlich der intelleetuellen Fähigkeiten in gleiche Linie mit den Völkern
der-' alten Welt zu stellen, und schreibt ihnen ’’eine Milde der Religion und der Sitten” zu, ’’welche
sie sehr von den Anahuacs Nationen, besonders von den aztekischen und toltecanischen Racen
unterscheide.”
Mehre Schriftsteller bemerken, dass Bilder, welche unter den alterthümlichen Ueberbleibseln im
mittleren Amerika Vorkommen, dieselbe Schädelform darhieten, welche sich theils an Schädeln aus
alten Gräbern wiederfindet, theiis einem Theile der gegenwärtigen Indianerbevölkerung noch jetzt
angehört.
*) Crania americana, p. 114.
Die Incas oder-Quichuas besitzen ,eine eigne bräunliche Olivenfarbe der Haut, gleichend der
des Mulatten. Dieselbe Hautfarbe zeigt|sich wieder sowohl bei den Araucahern, als auch bei den
Pampeanern und Patagoniern bis hinab zum Feuerlande, und deutet nebst der kurzen Schädelform
auf die Wahrscheinlichkeit einer Stammverwandtsehaft hin. Hierzu kommt ferner, dass die
Augenspalten schräge stehen, wie bei den Chinesen. P öppig äussert über die chilenischen Cholos:
’’Sie sind von Olivenfarbe und ausgezeichnet durch schiefe Stellung der Augenspalten, eine Eigentümlichkeit
aller südlichen Indier in einem hohen Grade.” 1)
Die Incas eroberten bekanntlich Peru im elften Jahrhunderte. P öppig äussert über die Peruaner,
welche als von den Einwohnern, die vor dieser Eroberung das Hochland inne hatten, herstammend
betrachtet werden: ’’Wenn auch der Indier der peruanischen Sierra ein Wesen von sehr beschränkter
Geisteskraft ist, selbst in dem Grade, dass er Jahrhunderte unter dem Scepter seiner Incas leben
konnte, ohne eigenes Streben nach etwas Höherem und selbst ohne ein fest bestimmtes Eigenthum,
so steht er doch weit indifferenter da und kann weder so hinderlich noch so gefährlich werden, als
sein Halbprodukt, der Mestize, oder der Neger und Mulatte.” 2) Dieses Urvolk, von welchem hier
die Rede ist, sind die oben genannten Aymaras, von denen die Huanchas als ein Zweig angesehen
werden. Ich führe dies an, um zu zeigen, wie. gering dieser Schriftsteller die Eroberer sowohl, als
die Unterjochten schätzt.
Südlich von Peru fängt Chili an. Die Urbewohner dieses Landes, die Araucaner, ebenfalls
Brachycephalen, werden von klassischen Schriftstellern mit grosser Auszeichnung als eine Nation
erwähnt, welche drei Jahrhunderte hindurch mit Heldenmuth ihre Unabhängigkeit gegen die Angriffe
der Spanier vertheidigt hat. Siebzehn Jahre nach ihrem ersten Zusammentreffen mit den Europäern
hatten sie militärische Disciplin eingeführt und eine zahlreiche und starke Reiterei organisirt. Sie
führten ihre Heere in militärischer Ordnung und stellten sich den Feinden auf offenem Felde entgegen.
Morton sagt von ihnen: ”They are brave, discreet and cunning to a proverb, patiënt in
fatigue, enthusiastic in all their enterprises, and fond of war as the only source of distinction . . . .
their war with the Spaniards are replete with those chivalric exploits which constitute the charm
and romance of history.” Nach demselben Schriftsteller sind sie besonders empfänglich für Geistes-
cultur, ertragen aber die Bande der Civilisation nicht, so dass Individuen der Arauc_aner, welche
in den spanischen Colonien eine sorgfältige Erziehung erhalten hatten, die erste Gelegenheit benutzten,
um zu den Erdklüften und der Lebensweise ihrer Väter zurückzukehren. Ihre Lage dürfte jetzt
sehr verändert sein. Ein grosser Theil von ihnen soll noch ganz genau auf eben dem Standpunkte
stehen, wie .die an sie angrenzenden und, wie es scheint, ihnen nähe verwandten Pampeaner;
andere sind, wie es in der Provinz Valdivia der Fall ist, Christen und machen die Soldaten der
Provinz aus.
Die Pampeaner, welche von einem vor Kurzem mit Tode abgegangenen Schweden, dem
Hrn. T arras, so gut gezeichnet worden sind, werden als grausame, raubgierige, eigensinnige Wesen
beschrieben, welche mit ihren Nachbarn in unaufhörlichem Streite leben, so dass diese sich nur
durch das Ausrotten der. Wilden in Schutz gegen deren heimtückische Anfälle und Plünderungen
setzen können.
*) Reise in Chili, Peru etc. Leipzig 1835, p. 201.
2) A. a. O. Bel. 1 p. 193.