um den Kopf zu verunstalten. Man möchte eher glauben, dass dieser Gebrauch in Frankreich unbewusst
als ein Erbe aus dem rohen Heidenthume fortbesteht und wie viele andere eingewurzelte Gewohnheiten
und Vorurtheile erst durch besondere Zufälligkeiten sein Ende erreichen wird.
Man hält gewöhnlich die Bewohner der Normandie für Normanner; aber es ist wahrscheinlich,
dass die Bevölkerung, welche vor der Ankunft der Normänner das Land bewohnte, nicht ausgestorben
ist Es ist im Gegentheil zu vermuthen, dass hier, wie in vielen anderen Ländern, die ältere
Bevölkerung neben dem mehr aristokratischen Herrscherstamme fortbesteht. Der letztere hat, wovon
ich selbst mich zu überzeugen Gelegenheit gehabt habe, den Typus seiner Vorfahren, der Normänner,
treulich beibehalten. Der berühmte Verf., welcher hier zuletzt citirt worden ist, giebt selbst
davonv einen hübschen Beweis. Ich glaube nicht, dass das Kopfpressen von den Nor männern
herstammt. Die in Fig. 1 u. 2 auf Taf. 23 abgebildeten Köpfe zeigen auch nicht die geringste
Aehnlichkeit mit dem norwegischen dolichocephalischen Typus, sondern deuten vielmehr einen bra-
chycephalischen an. — Die Hirnschale, welche auf PI. 22 abgebildet steht, ist, nach meiner Ansicht,
von einem echten gaulischen Typus, niedrig, lang, dolichocephalisch, nicl|t;. künstlich geformt. Sie
ist aus einem Kirchhofe bei Paris, und man weiss nichts von der Person, welcher sie im Leben
angehört hat.
Die Erwähnung eines allgemeinen Vorkommens jenes Missbrauchs in Bretagne, der alten Grafschaft
Toulouse und mehren Ländern, in denen der celtische Stamm herrschend ist, ist sehr bemer-
kenswerth; aber auch diese Länder sind vor den Ceiten von Iberiern bevölkert gewesen. In
Béarn, wo die alte iberische Bevölkerung noch herrschend ist, soll nach Dr. F ov ille die Umwicklung
des Kopfes der zarten Kinder nicht gebräuchlich sein.
Nach Anführung aller dieser Facta kommt man leicht zu der Frage: Ist jener Gebrauch yon
selbst in den grossen Continenten, in der alten und der neuen Welt, enstanden, oder können diese
Facta von einer ehemaligen Verbindung dieser Continente Zeugniss ablegen? Ich hoife bei einer
andern Gelegenheit auf diese Frage zurückzukommen. l
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lieber den Schädel eines Pampas-Indianers.1}
einiger Zeit erhielt ich den vorzüglich gut- erhaltenes und charakteristischen Schädel eines
s. g. Pehuenches oder Puelches aus dem südlichen Theile der Republik Buenos Ayres. Er war von
meinem Landsmann, Hrn. J ohan W ilhelm S mitt, mitgebracht und dem hiesigen anatomischen Museum
übergeben worden. Besitzer zweier grösseren Estancias in der Banda oriental, am untern Theile
des Uruguay-Flusses, zwischen den Flüsschen Arenal, San Salvador und Espenillo, in der Nähe der
Stadt San Salvador, hat Hr. S mitt sich schon seit 1840 ununterbrochen in den Gegenden der s. g.
Jconföderirten La Plata-Republiken und mehre Jahre in Paraguay aufgehalten. Er hat dadurch
Gelegenheit gehabt, wichtige Erläuterungen über die wilden Volksstämme, so wie über andere Gegenstände
und Verhältnisse in diesen von uns noch wenig gekannten Ländern einzuholen. Der hier in
Rede stehende Schädel gehörte einem Indianer mittlern Alters aus dem südlichen Theile der Pampas
an, welcher mehre Wanderungen landaufwärts bis in die Nähe von Buenos Ayres gemacht hatte und
dort in einer Schenke erstochen worden war. Der Wirth, welcher von Hrn. Smitt den Auftrag
bekommen hatte, ihm den Schädel eines Pampas-Indianers zu verschaffen, benutzte die Gelegenheit,
setzte sich in den Besitz des Kopfes und übersendete denselben an Hrn. S mitt. Diese Umstände
werden hier als Beweis der Echtheit des Schädels angeführt.
Wir haben schon früher Gelegenheit gehabt, zu näherer Kenntniss über die Körperbildung dieses
Indianerstammes zu gelangen, und zwar durch das Individuum, welches der verstorbene General-
consul T arras von Montevideo mitgebracht hatte und von welchem ick eine Beschreibung und eine
vom Hrn. W ilh . v. W right verfertigte Portraitzeichnung2) zu Hrn. T arras’ interessanten Nachrichten
l) Öfversigt af Kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar 1855, pag. 1: Cranium a f Pampas-Indian.
Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin, herausg. von J oh. Müller 1855 pag. 498. Aus d. Schwed.
von F. C. H. Creplin.
'-) S. die Figuren auf der folg. Seite,