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Periode, wo der Auflösungs- und Verdünstungsprozefs am heftigsten gewesen zu seyn
scheint, sehr grofse und fühlbare Verhaltung eintreten.“ -------
„Eine ältere wohl verbürgte Ueberlieferung der Vorwelt scheint darauf hinzudeuten,
dafs der Zustand der Atmosphäre der ältesten Zeit der Erde ein anderer gewesen, als er
jetzt ist; dafs vormals das Wasser auf andere (chemische) Weise mit der immer heitern Luft
verbunden gewesen; seine Niederschläge vorherrschend in anderer, thauartiger Form erfolgten,
als jetzt. Und in der That, da das Verhältnifs des Luftkreises zur Oberfläche der
äussern Erdrinde kein blos mechanisches, auf Druck und gegenseitige Schwere gegründetes,
sondern, so wie zwischen dem Pol einer voltaischen Säule und der ihn umgebenden Flüssigkeit,
ein dynamisches ist, mufste sich auch die in der Atmosphäre vorherrschende Wirksamkeit
der Naturkräfte ändern, eine verschiedene Richtung nehmen, wenn die der Oberfläche
des festen Erdkörpers sich änderte.“
„Der Pol des elektrisch - chemischen Apparats, der-das Oxygen in sich darstellt, ruft
in seiner Umgebung das ihm entgegengesetzte Hydrogen hervor; der Nordpol der Magnetnadel
in dem Stück Eisen das er berührt, den Südpol, so auch die jetzige Erdrinde in der
sie umgehenden Atmosphäre die der ihrigen entgegengesetzte Richtung der Thätigkeiten.
In der Atmosphäre herrschen mithin, nur nach kleinerm Maasstabe undungleich schwächer,
dieselben Naturprozesse, welche einst in dem grofsen Gewässer thätig waren, indem die
Gebirge sich bildeten, und im kleinen und abbildlich zeigt sich uns dort noch immer ein.
Nachspiel des ehemaligen grofsen Vorspiels.“
Von diesem grofsen Ereignifs der Umwendung der Pole wird von dem Verfasser
die grofse Katastrophe der allgemeinen IJeberschwemmungen, der veränderten Richtung der
Gebirge durch Einsenkung eines grofsen Theiles des festen Erdkörpers, und-die plötzliche
Abkühlung des Klima’s hergeleitet; die in den fossilen Thieren und Pflanzen wärmerer
Zonen in nun kalten Erdstrichen sich bewahrheitet. Den Zeitpunkt dieser Begebenheiten
führt er mittelst mühsamer Berechnungen und Vergleichungen auf die gewöhnliche Zeitangabe
zurück.
So sinnreich auch immer alle diese mit grofsem Aufwand von Belesenheit zusammen --
gehäuften Hypothesen seyn mögen, so bleiben sie dem Geognosten doch nur brauchbar, da
sich von allen den angeführten Begebenheiten keine nachweiseh läfst, die nicht auch auf
eine andere Art hätte Statt haben können, und von andern Schriftstellern auf eine andere
Art dargestellt worden wäre.*' So erschien wenige Monate nach dieser Urwelt eine zweite,
welche die nämlichen Mittel auf ganz verschiedene Weise verwendet, darstellt, 4) -
Dieses Werk, von dem wir nur den ersten Theil kennen,, enthält nebst der eigenen
Meinung des Verfassers, der seine Welt wiedas Gehäus eines Schaalthieres von innen heraus
sich erbauen und wachsen läfst, wobei den inponderablen Stoffen ein grofser Antheil
zUgewiesen wird., zugleich in kurzen Andeutungen sämmtliche Hypothesen, die seit den
ältesten Zeiten über die Bildung des Erdballs ausgesprochen wurden. Dafs der Verfasser
mit sich selbs konsequent, gleich wie er früher gethanl), die Erzeugung der Steinkohle
aus einer früher vorhandenen Vegetation verwerfen werde, war zu erwarten; wann er aber
sein Urtheil dahin ausspricht 5 *) , „es verrathe einen sehr niedrigen Standpunkt, aus dem Naturforscher
die Bildung der Erdrinde betrachten, wenn sie die mächtigen Steinsalzflötze
aus verdünsteten Meerwasser, die Kalkflötze aus abgestorbenen Schaalthieren, und Steinkohlen
aus verbrannten oder aufgelösten Pflanzen entstehen lassen“ , so müssen wir erinnern,
dafs diese Naturforscher es gewöhnlich nicht in einem so buchstäblichen Sinne aussprechen,
als wäre gar keine andere chemische Wirkung zugetreten, um diese Bildungen zu erzeugen.
Auch dürfte der hohe Standpunkt, auf den sich der Verfasser gestellt hat, den praktischen
4) X T. K r ü g e r Geschichte der Urwelt in Umrissen, 1822.
5) Archiv der Vorwelt.
1| päg. 427.
Naturforschern nicht ganz Zusagen, da die aus andern Quellen mit unglaublicher Belesenheit,
aber weniger britischer Sichtung, als Beweise angeführten Stellen das Gepräge von Unrichtigkeiten
an der Stirne tragen. So wird als Beweis, dafs das Steinsalz nicht aus abgedampftem
Meerwasser entstehen könne, *) die Höhe von 45Ö8 Fufs, auf welche sich selbes in Tyrol
erhebt, und die Tiefe eines Stollen in Berchtesgaden, der schon 1900 Fufs tiefer als der Meeresspiegel
geführt worden, ohne die gröfste Tiefe zu erreichen, angeführt. Allein zu Hall in
Tyrol giebt es kein eigentliches Steinsalz wie zu Wiliczka, sondern mit Salztheilen geschwängerten
Thon und Gips, wie in dem österreichischen Salzkammergut, die in Sinkwerken aus--
gelaugt werden, und zu Berchtesgaden keinen Stollen, der unter den Meeresspiegel reicht.
Das Mundloch, durch welches man bei Berchtesgaden in die .Salinen einfährt, steht am Ufer
der Albe oder Alm, die bis an den Engpafs, der hangende Stein genannt, von wo der Almkanal
ihre Gewässer nach Salzburg und dessen Umgebungen leitet, einen Fall von beiläufig
500 Fufs hat. Salzburg liegt 1050 Fufs über dem Meeresspiegel; der 1900 Fuös unter dem
Meeresspiegel reichende Stollen mufste' also 3250 Fufs lief seyn. Ein Riesenwerk, von dem
noch keinem Naturforscher und Bergkündigen etwas bekannt wurde; selbst der Verfasser
scheint p. 276 noch keine Kenntnifs davon gehabt zu haben; da er die gi-öfste Tiefe, in die
der Mensch in die Erdrinde gedrungen sey, auf 5000 Fufs beschränkt. Mit den nachgcsclirie-
benen Kohlenablagerungen ist der Verfasser nicht glücklicher; so lesen wir p. 419 folgende
Flötzreihe: .Unter der Dammerde kommen 5 Fufs Thonschiefer — dann 4 Fufs Kohlenflötze,
35 Fufs Sandstein, 2 Zoll Thonschiefer, 9 Zoll Kohlen, 200 Fufs Sandstein, 15 Fufs Thon-
schiefer , 5 Fufs Kohlenflötz, 11. s. w. Welcher Geognost, der jemals. Kohlenflötze' befahren
hat, wird einen Augenblick zweifelhaft bleiben, dafs bei dieser Aufzählung der Thonschiefer
mit Schiefertlion verwechselt wurde.
Ueber die gangartig im Granit vorkommende Kohle in der Auvergne, in Schottland, und
m der Lausitz (p. 426) möchten wir, des bedeutenden Gewährsmannes ungeachtet, Zweifel
erheben, wenn in solchen Dingen ohne eigene Ansicht ein sicheres! Urtheil zu fällen wäre.
Nach B u k la n d befindet sich der Anthracit Schottlands, Englands und Irlands in der IV. Klasse
des Uebergangsgebirges. ■, In der V. Klasse des Urgebirgs wird ér nicht erwähnt. ») Es würde
uns zu weit führen, alle auf ähnliche Weise hingeworfene Beweise anzuführen.
Die Steinkohlenbildung wird auf folgende Art angegeben, (p. 417.) -..
„Der Kohlenstoff, der schon in den Urgebirgen, in dem Uebergangsporphir, und in dér
„Grauwacke angetroffen wird, hat, sich entweder unmittelbar mit dem Thon verbunden (Koh-
„lenblende uder , Anthracit j , oder er ist mit dem Sauerstoff und Wasserstoff eine chemische
„Verbindung eingegangen, hat das Bergöhl, Erdharz, Erdpech (Bitumen) erzeugt, und
„hierauf mit dem Thon die Steinkohle, gebildet.“
Wenn der Thon die Basis war , mit welcher sich der Kohlenstoff verband, um Kohlenblende
und Anthracit zu bilden, oder wenn er in Verbindung mit dem Thon, mit Sauerstoff
und Wasserstoff, erst mittelst des Bergöhls, Erdharzes, und Erdpechs die Steinkohle erzeugte-
wie kömmt es wohl, dafs wir diese reine Kohlenbildung des Anthracits, der 95 p. c. Kohlen
Stoff enthält, mitten in den Schichten der Schieferkohlen, zwischen der mit Ilcrgöhl Erdharz,
und Erdpech gebildeten Glanzkohle antreffen? Wie kömmt es, dafs wir nach dem
Verbrennen der altern Steinkohle blos einen Rückstand'von 2 — 6 Anlheilcn Asche, bei den
chemischen Zersetzungeneinen so unbedeutenden Antheil von Thon vorfinden, wie man ihn
bei chemischer Zerlegung der Holzasche ebenfalls antrift? Wie kömmt es, dafs im Schieferthon
die eingeschlossenen Baumrinden, das Holz, die kleinsten Blätter- Abdrücke mit einer
Kohlenhaut oder Kohlendecke beschlagen, sind, indefs in dem umgebenden Schieferthon, der
oft sehr rein mit einem unbedeutenden Antheil von Sand gemischt ist, nicht eine Spur von
Kohlenstoff zu entdecken ist? Wie kömmt es, dafs die Pflanzenab drücke auf dem Stink-
V V‘‘S- + 35.
8) TJ. B u k la n d Order c f supèrposilion o f Strata in the British Islands.