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 W risberg),  der  Scheidewand  (D igby),  den Streifenhügeln  (W illis),  den Vierhügeln  
 (P latn er),  so  dass  fast kein  hervorstechender,  besonders kein  einfacher Hirntheil  exislirt,  wohin  
 man nicht ihren Wohnort verlegt hätte,  selbst in  das Herz (die Stoiker),  das Blut (Empedooles),  
 zwischen  dié  Augenbrauen  (S tra to n ),  ja  in  die  H erzgrube  (D iogenes)  und  in den Magen  
 (Parm enides,  van  Helmont).  Obgleich  es  nun  zwar  bei  so  abweichenden Ansichten  vor  
 der Hand  beinahe  am gerathenslen seyn  möchte,  es  Jedem  selbst  zu  überlassen,  wohin  er  den Sitz  
 seiner eigenen  Seele zu  verlegen  gesonnen sey,  so muss doch  in  diesem  Chaos  der Meinungen immer  
 auffallen,  dass man  dabei  den Begriff,  welchen  man mit  dem Worte:  Seele  verband,  nicht  anzugeben  
 und  darin  verschiedene Dinge mit  einander zusammenzuwerfen pflegte. 
 Im  allgemeinsten  Sinne  bedeutet  Seele  das  E inheitsprincip  unseres  körperlichen  
 und geistigen  Lebens,  deren  innere Einheit  ich nämlich  als  feststehend  annehme.  Wir  sind über  
 die Zeiten  hinaus,  wo  man  Geist  und  Körper als  zwei künstlich  an  einander  geschmiedete,  einander  
 übrigens völlig fremde Wesen  ansah,  als gegenseitige  Gefangene und Knechte.  Die Naturwissenschaft  
 und  Philosophie  haben  vielmehr  die  natürliche Verbindung derselben,  ihre Unauflösbarkeit und die natürliche  
 Verwandtschaft beider mit siegenden Waffen  dargelegt, und  es kann  ferner nur noch über  die  
 Art ihrer Vereinigung oder  Wechselwirkung gestritten werden. 
 Versteht  man also  unter Seele  die höhere,  und zwar substanzielle,  persönliche Einheit,  in welcher  
 Körper und Geist  zusammenschmelzen  und von  deren geheimnissvollen Wesen sie getragen werden, 
   so  muss es  auch unüberlegt erscheinen,  von  einem  Sitze  der  Seele  in  unserem Körper  reden  
 zu wollen.  Diese Frage würde  denselben  Sinn haben,  als  wollte man fragen:  Wo ist im  Universum  
 der  Sitz  Gottes?  Denn  diese  unsere Seele  verhält  sich  zu  unserem  Körper,  wie Gott zur  Natur.  
 Was unendlich und ewig ist, hat  gar keinen besonderen Sitz,  ist  vielmehr über räumliche Verhältnisse  
 erhaben.  Fernrohr und Mikroskop, sie würden  den  Tempel dieser Seele der Welt  und unseres eigenen  
 Körpers  vergeblich  suchen,  kein  elektrischer Strom  würde  sie  ausspähen,  und  überträfe  er  die  
 Flügel  der Morgenrölhe.  In diesem  allgemeinsten Sinne durchdringt unsere Seele unsem  ganzen Körper  
 und  ist  allgegenwärtig  in  jedem  Molecül  desselben,  wie  Gott  allgegenwärtig  ist  im  Universum.  
 Wir  können nicht mehr zu  seyn verlangen,  als relativ  und im Kleinen,  was  Gott  absolut ist  und  im  
 Grossen,  gleichsam  ein kleiner Kreis,  ein kleines  rechtwinkliges  Dreieck  im  unendlich Grossen  Es  
 giebt nur Eine Weltseele,  deren  Theile die individuellen Seelen  der Schöpfung sind,  unendliche  Theile  
 eines unendlichen  Ganzen,  begabt mit relativer Selbstständigkeit,  und  doch  gebunden  an  das  höhere  
 Ganze,  dem  sie  angehören,  Theil  und  Ganzes zugleich,  uuendüche Monaden,  die,  indem sie aus  
 einander  treten,  den  Schein  neuentstandener Wesen  annehmen,  gleichwie  das  Ei des Menschen  eine  
 solche körperliche Monas ist,  welche,  ursprüngüch nur ein  Theil  der mütterlichen  Organisation  sich  
 davon trennt und aus  jener Allgemeinheit  als  selbstständiges  Ganze hervorgeht. 
 Bei  dieser  Ansicht brauchen wir auch nicht die vielerlei, oft  aufgeworfenen Fragen zu beantworten, 
   worüber  sich  Theologie  und  gerichtliche  Medicin  den  Kopf  zerbrochen  haben.  Zu  w elcher  
 Zeit  entsteht  die  Seele  eines  Menschen,  zu  welcher  schlüpft sie  in den  Körper  hinein  vor  der  
 Geburt oder nach  derselben, vor oder nach  dem  ersten  Athemzuge?  -   weil diese Fragen für uns  
 gar nicht existiren.  Wir haben nicht  zu  fragen:  Wie  weit  erstreckt  sich  die Beseelung  der  Geschöpfe  
 m  der Natur und  in  unserem  eigenen Körper?  Welche  Geschöpfe  (Thiere,  Pflanzen  Minerahen  
 u. s. w.) sind beseelt,  welche nicht?  E ntstehen  die  Seelen  und  gehen  sie unter?  Kön-  
 nen sie  sich  theilen  und  vervielfältigen,  und auch:  Wo ist der  Sitz  unserer Seele? 
 Als Naturforscher  sind wir nothwendig Monotheisten  und Pantheisten  zugleich.  Wie in der Kategorie  
 der Einheit neben  dem  Einzelnen nie  das  Ganze,  neben  der  V ielheit  nie  die  Allheit  
 ehlen kann,  so  wurden wir  an  den  Gesetzen unseres eigenen Verstandes freveln,  wenn auch  in unserer  
 Frage  dem  Emen  oder  dem  Anderen  das  ausschliessliche  Recht  zugesprochen  werden  sollte,  
 enn wir mit  Leibniz  unendhche  und  freie,  aber verbindungslose  Monaden  oder mit  den Fatalisten 
 und Materialisten  einen  todten,  unfreien  Mechanismus,  eine  absolute  Herrschaft  der Molecule  annehmen  
 wollten,  zwar  einfacher,  darum  aber  nicht  natürlicher. 
 Soll  aber die Frage nach  dem Sitze  unserer  Seele  bedeuten:  Wo  ist  der Sitz  unseres  geistigen  
 Lebens  Cd* h.  unserer Empfindungen  und  empfindungslosen  Wahrnehmungen oder  Reizungen),  
 so  ist es  auch  hier sehr  die Frage,  ob  wir von  einem besonderen Sitze  dieser Seele in unserem Körper  
 reden  dürfen.  Vielmehr ist  dieses unser  geistiges Leben über unseren  ganzen  Organismus  verbreitet  
 und steht  wiederum  mit  dem  geistigen Athem,  der  überall  die Natur  durchdringt,  in  innigster  
 Verbindung.  Der Mensch  hat vor  den  übrigen Naturkörpern,  vor Thieren  und  Pflanzen  Und  den unorganischen  
 Körpern  nur  die  grössere Vollkommenheit  der  Beseelung  voraus,  er  ist  aber  nicht  das  
 einzige  geistige  Geschöpf  par  excettence.  Gedanken  hat  auch das  Thier,  und  vom  Affen herab  bis  
 zur  infusoriellen Monade  wird der Kreis  der Gedankenwelt nur immer kleiner,  die Empfindungen immer  
 schwächer und  niederer,  und am Ende löst sich  in  der Pflanze  auch  die Sinnesempfindung und das  Gemeingefühl  
 auf in  die  empfindungslose  R eizbarkeit.  Wer wagt  es  nun zu  sagen:  Bis hierher  und  
 nicht weiter!  In  der Wissenschaft ist  es  nicht  Sitte,  gordische Knoten zu  durchhauen! 
 Wie  nun in  der Natur im Grossen,  so  in  unserem  eigenen Körper im Kleinen!  Nicht  das Hirn  ist  
 der alleinige Sitz des geistigen Lebens,  selbst nicht das Nervensystem,  sondern  alle Organe tragen seine  
 unverkennbaren Spuren an sich,  in verschiedenem Grade der Vollkommenheit.  Die Reizbarkeit ist auch  
 hier  die  erste  Grundlage  des  geistigen Prozesses  in  uns.  Geköpfte  Thiere  geben hiervon  Zeugniss,  
 die Thäligkeit des Rückenmarkes,  Thiere  ohne Nervensystem  und  die  nervenlosen  Keime  organischer  
 Geschöpfe,  aus  denen  sich  doch  das  Gehirn  und  mit  ihm  unsere  Gedanken  entwickeln,  statt  wie  ein  
 Deus in   machinam  von  aussen  hinein  zu  schlüpfen.  Ohne diese Saat  dunkler Regungen  und Reizungen  
 wären  die  goldenen  Früchte  unseres  höheren  Geisteslebens  niemals  gereift.  Durch  viele  
 Gänge  und Stufen  eines  psychischen Mechanismus  arbeitet  und  läutert  sich  diese  unsere  ganze Maschine  
 durchdringende  Seele  herauf  bis  zu ihrer obersten Sprosse,  bis  zur  Vernunft.  Und wiederum  
 wankt  auch mit jenem Fundamente das ganze stolze Gebäude unseres Geistes.  Selbst  mit jeder  Nacht  
 sinken  wir  dahin  zurück,  woher  wir  gekommen,  und  das  ephemere geistige  wie  körperliche Leben  
 zieht  sich  auf  seine  ersten  Wurzeln  zusammen,  um  am  folgenden  Morgen  mit neuem Lebensmüde  
 wieder  emporzuwachsen.  In  süsser  Gedankenverwirrung  weicht  unser  Geist  zuèrst  zurück  aus  den  
 Hemisphären  in  die  Kette  der  grossen  Hirnganglien.  Auch  sie aber  werden  gelähmt,  Streifenhügel,  
 Sehhügel  und Vierhügel vermögen  weder den Blick mehr zu beleben,  noch  die Glieder zu  stützen,  das  
 Augenlid  sinkt,  verlassen' von  dem  gelähmten Augenmuskelnerv,  herab,  das  Gleichgewicht  verliert  
 sich.  Nur  die ewig  wache Quelle  unseres Lebens,  das verlängerte Mark,  bleibt unversehrt von diesem  
 Rückgänge.  Gleich dem Herzen  das  primum  movens und ultimo  moriens erhält  es  noch  das Spiel  der  
 vitalen  Rumpfmuskeln  und  die  vitalen  Prozesse  selbst.  Ueber  diese  Grenze  hinaus,  und  es  erfolgt  
 Ohnmacht und  Tod. 
 Mil  Einem Worte,  die Seele,  als  die  Fähigkeit  der  Wahrnehmung  in ihren  verschiedenen Abstufungen, 
   von  der  Idee  herab  bis zur  Reizempfänglichkeit  ist  ebenfalls  ein  Gemeingut  der Körperwelt  
 und  aller unserer Organe.  Ober besser:  der Körper und die Seele in  diesem Sinne ([Geist) sind nicht  
 Stamm  und Blüthe ([Oken),  nicht niedere und höhere Stufen  Einer  Kraft,  sondern  die nothwendigen  
 und  deshalb  untrennbaren  polaren  Darstellungen  jener  allgemeineren Indifferenz,  welche  ich  oben  die  
 Seele  genannt habe,  die  zweifachen,  nach  entgegengesetzten  Richtungen  aus  einander  gehenden  und  
 deshalb  gleichzeitigen Erscheinungen unseres Ich.  Kein  Gedanke cxistirt  ohne Körper,  kein Geist  
 trennt  sich jemals  von  ihm  oder  verbindet  sich  mit  ihm,  sondern  beide haben  eine unauflösliche  Verbindung  
 mit  einander.  Alle Materie  ist  eine beseelte, und  alle  Seelenthätigkeit  hat  einen  
 m ateriellen,  ihr  inhärirenden  B egleiter. 
 Hieraus  folgt  aber  weiter,  dass  die Verbindung beider  keine  causale  ist.  Keines  dieser  zwei  
 Reiche  des  Lebens geht  oder  wirkt  unmittelbar  hinüber in  das  andere  oder ist  ein  Product  desselben. 
   In diese fehlerhafte Annahme verfallen Spiritualisten und Materialisten.  Indem ich dieses schreibe, 
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