Erklärung der Tafeln
E r s t e Tafel.
Die beiden Figuren sind bestimmt, ein Bild von der A rt der Triangnlirung des Schädels zu geben, die ich zur Berechnung des
Flächeninhalts der Scbädelknochen angewendet habe, und erklären sich durch sich selbst. Ich habe aber als Beispiel dazu einen für sich
selbst merkwürdigen Schädel gewählt, den ich in den Tabellen als C im b e rn s c h ä d e l (N r. 1) aufgeführt habe. Mehrere von dieser
eigenlhümlicben Form wurden unter den Gebeinen gefunden, die unter der Sladtkircbe zu Jena in grosser Menge aufgehäuft lagen,
bis sie vor mehreren Jahren auf den Gottesacker translocirt wurden, um die unterirdischen Gewölbe frei zu machen. Sie stammen
aus einer Zeit, wo ein Kloster noch stand, das mit der Kirche verbunden, aber schon im 14. Jahrhundert eingegangen w ar, jedenfalls
also aus einer Reibe dieser Zeit vorausgegangener Jahrhunderte. Es fanden sich an keinem dieser unzähligen Knochen Spuren
einer venerischen, scrofulösen und überhaupt von keiner inneren Knochenkrankbeit neben vielen Ankylosen, Brüchen und Wunden.
Der Schädel bat eine grosse Aebnlicbkeit mit einem Negerschädel, unterscheidet sich aber scharf davon durch das orthognatbe Gebiss
und die senkrechte Stirn, und zeigt daher einen Kaukasier an. E r trägt die scharf ausgeprägten Züge des celtisch en Typus an sich.
Die e r s te F ig u r zeigt ihn v o n d e r re c h te n S e ite . Besonders auffallend sind daran die ausserordentlich ausgedehnten
P lana sem icircularia, die bis 1 " von der Pfeilnaht beraufreichen.
Die z w e ite F ig u r , die S c h ä d e ld e c k e v o n o b e n , gibt ein Bild seiner nngewöbnlichen Schmalheit und Länge.
Hierbei bemerke ich nachträglich, dass die Durchmesser des Avarenschädels, die ich S. 43 und 100 nach einem Gypsabguss im
anatomischen Museum zu Dresden gegeben habe, nicht mit denen von R e lz iu s (M ü lle r’s Archiv. Bd. 1845. S. 128) vom Originale
mitgetheilten (LDm. : QDm. 147 : 137 Mm. = 51,7 : 48,3 -g) harmoniren, so dass entweder jener Gypsabguss oder meine
Messung ohne Zweifel Fehler enthalten, da überdiess der Ursprung dieses brachycepbalisehen Volkes einen weit grösseren Querdurchmesser
erfordert, damit aber die Messung von R e tz iu s , nicht aber die meinige harmonirt.
Z w e i t e Taf e l .
Diese und die folgende Tafel ist zur Veranschaulichung meines Systems der Windungen des kleinen Gehirns bestimmt.
A llg e m e in e Z e ic h e n :
a. Brücke.
b. Markknopf.
b* Vierte Hirnhöhle.
c. Vierhügel und Wasserleitung.
d. Brückenschenkel und Fisstrra horizonlalis magna.
e. Vorderer (oberer) Wurm.
f. Hinterer (unterer) Wurm.
g. Nodulus.
b. Pyramide.
i. Cnrra cerebelli a d m edullam oblongatam.
k. Fibrae arciformes.
1. O b e re r h in te r e r L a p p e n , der die obere Hälfte der ersten Zickzackbiegung macht.
1* Die e r s te ä u s s e r e C u rv a tu r.
2. U n te r e r h in te r e r L a p p e n , der die untere Hälfte dieser ersten Schlinge bildet.
2* Die z w e ite in n e re C u rv a tu r.
3. Z a r te r L a p p e n (dritter Zug oder obere Hälfte des zweiten Zickzacks).
4. Z w e ib ä n c b ig e r L ap p e n (untere Hälfte des zweiten Zickzacks).
5. Gyrus antroflexus von 3. und 4. nnd z w e ite ä u s s e re C u r v a tu r .
6. Vorspringender lobulns pelrosus, der bei dem Hund und anderen Thieren in der Höhlung des oberen Bogenganges liegt, aus
mehreren Blättern besteht, dem zweibäuchigen Lappen angebört oder, bestimmter gesagt, die Ecke ausmacbt, welche durch
die schnelle Umschlagung der unteren Hälfte des zweiten Zickzacks am Seilenrande des Cerebellum entsteht.
7. M a n d e l oder die Umbiegungsstelle der unteren Hälfte des zweiten Zickzacks in die erste Hälfte des dritten Zickzacks
( d r itte in n e r e C u rv a tu r ) .
8. F lo c k e oder dritter Zickzack oder d r i t t e ä u s s e r e C u r v a tu r .
Die flo ccu li secundarii scheinen der obere Arm, die Flocke selbst der untere Arm dieser Endscblinge zu seyn und ihr Markstiel
zieht sich daher mit einem Arme herauf, um sich zum Marksegel zu begeben, während der andere als ein noch dünneres Mark-
häuteben sich über die strangförmigen Körper hinweg zur L ig u la begibt, die nur seine dickere Fortsetzung ist.
9. Untere Hälfte dieser dritten (Flocken -) Schlinge.
10. Viereckiger Lappen (L o b . quadr a ngularis).
11. Centrallappen. ______________
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 3.
'Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 7.
Kleines Gehirn der K a tz e , von vorn.
— — hinten,
m W a c h te lh u n d , von vorn.
— — hinten.
B ä r e n , Fern., von vorn.
— — — hinten. Die obere 4 hat die Bedeuluug von 2.
i der K u h , von vorn.
Man sieht bei den Wiederkäuern, deren Zickzackbiegungen des Cerebellum nicht, wie bei den Carnivoren, von aussen nach
innen, sondern von vorn naeh hinten laufen, bei Betrachtung des kleinen Gehirns von vorn sogar die Flocke, die gerade unter dem
G yru s antroflexus erscheint. Dieser aber gelangt bei weitem nicht so weit nach vorn oder macht fast gar keinen Umschlag, weshalb
man den Brückenschenkel uud die Horizontalfurche, welche bei den Carnivoren ganz von dem scharfen Umschläge des G yrus
anlroflexus verdeckt w ird, hier ganz offen zu den Hemisphären aufsteigen sieht.
Fig. 8. Kleines Gehirn von der K u h , von hinten.
Fig. 9. Dasselbe vom P a v ia n , von vorn uud oben (nicht photographirt).
Fig. 10. Dasselbe, von hinten und unten (nicht photographirt).
Man sieht den G yrus antroflexus nur noch schwach als eine Schleife an der Horizontalfurche hervortreten. Das Hirn ist platter
geworden und hat die menschliche Gestalt angenommen. Der viereckige Lappen ist ausgebildet.
Fig. 11. Dasselbe von unten und hinten.
Man sieht den unteren hinteren Lappen durch eine kurze dünne Biegung (*) übergehen in den zarten Lappen (dritten Zug der
zweiten Schlangenwindung), der dann den G yru s antroflexus darstellt, herabsteigt und sich in dén zweibäuchigen Lappen (vierten
Zug der zweiten Schlangenwindung) fortsetzen. Dieser biegt sich unter noch spitzerem Winkel neben dem unteren Ende des hinteren
Wurmes um als die dritte innere C urvatur, welche beim Menschen zur Mandel anschwillt und den Wurm bedeckt, was hier
noch nicht der Fall ist, und geht endlich über in die mit Blättern versehene, aber noch einfache Flocke (fünfter und sechster Zug
der dritten Scblangenwindung). D r i t t e Tafel.
Fig. 12. Das Cerebellum von S i m i a n e m e s t r i n a (nach T ie d em a n n ), a. Von oben. b. Von oben und hinten, c. Von
hinten und unten.
Fig. 13. Dasselbe des O r a n g -U ta n g (nach T ie d em a n n ).
Nach dieser Zeichnung steht das Cerebellum des Orang-Utang etwas niederer, als das von Sim ia tro g lo d ytes, indem es noch
mehr die thierischen Schlangenwindungen zeigt und die verschiedenen Arme und Blätter der drei Curvaturen sich noch nicht so vollkommen
von einander getrennt haben.
Fig. 14. Das Cerebellum des C h im p a n se (nach S c h rö d e r v a n d e r K o lk ).
Fig. 15. Dasselbe (nach T ie d e m a n n ).
Fig. 16. Dasselbe des N e g e r s (nach T ie d e m a n n ).
Fig. 17. Dasselbe eines D e u ts c h e n , von oben.
Fig. 18. Dasselbe, von unten, um die Schlinge derTonsille (dritte innere Curvatur) zu sehen. Der Markknopf ist stark berabgezogen.
Die nächsten Tafeln sind für das grosse Hirn und sein Windungssystem bestimmt.
A llg e m e in e Z e ic h e n fü r T a f e l IV — V I.
1. Zug der ersten, 2. der zweiten, 3. der dritten, 4. der vierten Urwindung.
A. Vordere Centralwindung.
B. Hintere Centralwindung. -f- Oberer, X unterer Schluss.
C. Centralfurche.
a. Uebergangswiodung.
b. Scyphus.
c. Querer Wulst an der Unterfläche.
e. Erste Insel der zweiten Urwindung.
f. Verbindungsäste derselben zur dritten und ersten Urwindung.
g. Zweite Insel derselben.
h. Erste Insel i ,jer dritten Urwindung.
i. Zweite Insel )
k. Gerade Windung als Ende des dritten Zuges.
l. Uutcrwindung des zweiten Zuges.