Säugclhierc, welche durch ihre cigenlhümlichc Lage auf der vorderen Fläche der Hemisphäre und dem
Brückenschenkel sogleich erkannt wird.
Ebenso zart sind bei den Nagern Flocke lind Mandel schon angedeulet und bilden mit jener
ungeschlagenen Windung das drille kleinste Läppchen ihres Ccrebellum, das auf dem Hörnerven aufliegt
und aus drei Abtheilungen im verjüngten Maassslabe besteht, wrovon die oberste den Gyrus an-
IroflexuSy das zweite die Tonsille und das dritte die Flocke darstellen.
Sehr merkwürdig ist aber der Gegensatz in der Richtung des ganzen kleinen Gehirns und insbesondere
der beschriebenen zickzackformigen Lappenzüge an der unteren Hemisphärenhälfte bei den
H erbivoren und C arnivoren, den zwei Hauptabtheilungen der Säugethiere, welche überhaupt
in Bau und Leben einander entgegengesetzt sind.
Bei den Carnivoren (Hund, Katze, Iltis u. s. w.) gestaltet sich das Cerebellum in die Quere
und der eben beschriebene Zickzack seiner unteren Lappen hat gleichfalls diese Richtung. Bei den
H erbivoren (Pferd, Schaf, Kuh) hingegen ist das kleine Hirn mehr rund, d. h. sein Längendurchmesser
ist verhältnissmässig mehr ausgebildet und die zickzackförmigen Lappenzüge liegen dem entsprechend
nicht hinten.und der Quere nach, sondern von vorn nach hinten, so dass ihr Zickzack an der
Seite der Hemisphäre herabläuft, sind auch etwas verwickelter im Bau.
Folgende Zusammenstellung gibt das Yerhältniss des L ängen- und Q uerdurchm essers des
kleinen und grossen Gehirns bei verschiedenen Thieren nach fremden und eigenen Messungen.
G attung . K leines Gehirn. Breite zur Länge. Grosses Gehirn. Breite zur Länge.
Fö tus von 7 Monaten 9 : 5'" 64,3 : 35,7g. 23 :31,5'" 42,2 : 57,8g.
E u ro p ä e r 46,07:16,39"' 73,8 : 26,2g. 60 : 73'" 45,1 : 54,9g.
B uschm ännin 45 : 57'" 44,1 : 55,9g.
O ra n g - U tang 30,2:15,7'" 66,0 : 34,0g. 31: 37'" 45,6 : 54,4g.
C him p anse 30,5:15,7'" 66,3 : 33,7g. 30 :3 3 '" 4 7 ,6 :52,4g.
A n d ere A ffen 15,8:8 ,2'" 63—67 : 37—43g. 16 ,3 :1 7 '" 4 8 ,8 :51,2g.
Lem ur M ongoz 11,5:9,25'" 55,4 : 34,6g. 33 : 35,5'" Lö we 4 8 ,2 :51,8g. 21,75:11,5'" 6 5 ,4 :34,6g. 33:35 ,5"' 4 8 ,2 :51,8g. K a tze 3 0 :2 0 '" 60 : 40g. 46 : 50'" 48 : 52g.
B är 7 3 :4 6 '" 61,34 : 38,66g. 87:10 0'" 46,52 : 53,48g.
P fe rd 60 : 55'" 5 2 ,2 :47,8g. 102 :120'" 46:54g. Kuh 67 : 50'" 5 7 ,4 :42,6g. 100:110'" 47,6 : 52,4g.
Aus diesen Beispielen ergibt sich, dass bei den Katzen die Breite des Cerebellum 60 — 65$ beträgt
und bei den Wiederkäuern 548, der Mensch aber mit 738 obenan steht, soweit als es der
ganze, nach Breite strebende Charakter des kleinen Gehirns erlaubt. Am' grossen Gehirn sehen wir
das entgegengesetzte Streben, nämlich zur Ausbildung der Längenrichtung. Die Wiederkäuer ahmen
in der rundlichen Gestalt ihres Cerebellum die Natur des grossen nach, die Carnivoren umgekehrt
lassen die Eigenthümlichkeit, welche das Cerebellum überhaupt hat, schärfer als die übrigen Säugethiere
hervortreten. Die Katzen sind Querthiere, die Wiederkäuer Längsthiere.
Nachdem ich den scharfen Gegensatz in der Gestalt des Cerebellum bei fleisch- und pflanzenfressenden
Säugethieren nachgewiesen habe, bleibt mir noch übrig, von dem Uebergange des Thier-
cerebellum in das kleine Gehirn des Menschen Einiges zu sagen.
Wie der Lebensbaum der Thiere weit einfacher ist, als im Menschen, so auch das Aeussere
ihres Cerebellum. Wurm wie Halbkugeln haben grobe, kurze Läppchen ohne feinere Unterabtheilungen,
alle, besonders aber die Läppchen der beschriebenen Schlangenzüge der unteren Hemisphärenhälfte
sind ausserordentlich lose verbunden, ein lockeres Convolut scheinbar ungeordneter
B lätter, zwischen welche dicke Lagen von Zellgewebe und weicher Hirnhaut hereintreten. Dieser
lockere Bau rührt aber von der Armuth an Windungen und Läppchen her. Je grösser und zahlreicher
sie werden, desto mehr schieben sie sich dicht in einander und verdrängen die eingedrungene
weiche Hirnhaut, die Oberfläche des kleinen Gehirns wird glatter, die Lappen, bisher voll krauser,
condylomarliger und frei beweglicher Auswüchse (Läppchen) werden mit ihrer weiteren Verästelung
eine dicht gefügte Masse, nur die Flocken bleiben auch im Menschen solche freie Ansätze, wie bei
den Säugethieren es alle Lappen und Läppchen waren.
Ausserdem aber werden auch die Läppchen weit breiter. Bei den Affen gewahrt man dies schon
deutlich, zugleich beginnt aber eine schiefe Stellung der Läppchen, die endlich beim Menschen, wo
sie noch mehr, ja fast nur in die B reite wachsen, in eine vollkommene quere übergeht. Jetzt
beginnen sie mehr oder weniger alle an der Horizontalfurche und laufen von da ununterbrochen fort
bis zum Wurm. Wie dieser quere Verlauf an der oberen Hälfte der Hemisphären (viereckigen Lappen
u. s. w.) auch schon bei anderen Säugethieren existirt, so tritt er von den Meerkatzen bis zum
Orang-Utang auch an der unteren Hälfte der Hemisphären immer mehr hervor und erreicht seinen
höchsten Grad im Menschenhirn, so dass man hier kaum mehr den anfänglichen gewundenen Typus
wieder erkennt. Fast alle Läppchen reichen bis zur Horizontalfurche und stossen hier gekrümmt mit
denen der oberen Hälfte zusammen.
Damit hätte also die Breitedimension sich des ganzen kleinen Gehirns, auch der feineren Abtheilungen
desselben, bemächtigt. Es hat den Typus, der sich Anfangs nur im Grossen und in den groben
Abschnitten aussprach, bis auf das feinste Detail ausgeführt.
Die Hemisphären haben sich weit über ihre Grundlage, den Wurm, ausgebreitet und ihre obere
Hälfte hat mit der Verdrängung der um geschlagenen Windung von ihrem Gebiete die Ausbreitung
der unteren erreicht. Mit der Theilung des indifferenten Wurms in die zwei symmetrischen Hälften
und deren vollkommene Ausbildung, mit Erreichung der queren Stellung auch selbst der Läppchen
und Blätter des Markbaums ist die Entwickelung des Cerebellum geschlossen.
Je vollkommener dies im Hirn eines Menschen geschieht, desto vollkommener wird auch die Thä-
tigkeit des Cerebellum seyn. Es bleibt weiteren Untersuchungen Vorbehalten, solchen feineren Struc-
turverhällnissen, zunächst nach Alter, Geschlecht und Ra<je und dann auch bei Individuen von verschiedener
geistiger Begabung und bei Irren weiter nachzuforschen.
D ritter Abschnitt.
Von dem grossen Gehirn insbesondere.
E rstes Kapitel.
A. Das Gewichtsvehrihränlst nuisnsd dZewr iLsacphepnesnc hoedieterl hdiersn sS.tirnhirns, ScheitelNach
den Ergebnissen des Schädelbaues lässt sich erwarten, dass das Verhältniss dieser grossen
Abtheilungen des grossen Gehirns nach Alter, Geschlecht und Raije bei Menschen und Thieren sich
umändern werde, wenn auch gewisse Einrichtungen und der allgemeine Typus überall dieselben bleiben.
Sie sind die Substrate für die grossen Länder des geistigen Lebens, wie ihre einzelnen Theile
für seine Provinzen, Städte und Flecken. Sie sind nicht getrennt, weil der Schädel sie spaltet, sondern,
wenn auch alle ihre Windungen in einander überzugehen scheinen und in den mannichfaltigsten
Verbindungen sich vereinigen, ihre Gliederung geht aus ihrem inneren Leben hervor und der Schädel
folgt eher ih rer Einrichtung als umgekehrt. Die Sylvische Grube trennt beide so entschieden, dass
auch die Trennung mit dem Messer dadurch leichter wird, selbst nach oben hin, wohin der aufsteigende
Ast dieser Grube sich wendet. Dieser Ast Cd*e Uebergangswindung) entspricht zugleich der
Kranznaht der Lage nach, man wird daher sicher gehen, wenn man, diesen Ast verfolgend, in seiner
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