Ausserdem fand ich, dass bei einem G ansert die Hemisphären des Cerebellum, die als seitliche
mit reichlichen Blutgefässen versehene Massen nach hinten, unten und aussen hervorragen, grösser
sind, als bei einer Gans, was sich aber wegen der Kleinheit der Gewichtsunterschiede durch die
Wage nicht bestimmen liess.
Zweites Kapitel.
Verhältniss der Brücke und des Markknopfs zu dem Cerebellum und
den Hemisphären.
Auch diese Theile haben ein nach Alter, Geschlecht und Raqe gesetzmässig veränderliches Verhältniss
zu einander und zum kleinen Gehirn.
1) Das A lter begünstigt entschieden die Brücke und das verlängerte Mark dem Cerebellum gegenüber.
Mag ich meine oder die noch zahlreicheren Wägungen von R eid, woraus ich das von ihm
nicht angegebene Gewicht des Mesocephalum durch Rechnung abgeleitet habe, zu Grunde legen, so
ergibt sich sehr deutlich ein mit den Jahren besser werdendes Verhältniss der Brücke nebst Markknopf,
was ich in procentischer Rechnung vorlege.
W e i b e r .
13 Stück Hioterbaoptshira 2^—16 Jahren hatten im Mittel 84,7$ C ereb ell. 15,3* M esocephal. (Max. 8 8 ,9 , Min. 81,8$),
16 — — 16—30 — — — f g . 84,7$ — 15,38 — (Max. 88 ,0 , Min. 82,1$),
14 — _ — 30—40 — — — — 83,9$ — 16,18 . . (Max. 88 ,9 , Min. 81,8$),
16 — 40—60 — — — 83,3$ — 16,78 f : r^ " : (Max. 88,2, Min. 81,8$),
9 — 60—90 — — — — 82,9$ —
M ä n n e r .
« ,1 8 — (Max. 86,3, Min. 81,0$).
13 S t. Hinterhaupts!). von 4Mon. bis 10 Jahren batten im Mittel 86,6$ C ereb el]. : 13,4$ M esocephal. (Cerebell. fällt von 88 9$
bis 88—84,4$), *
20 —- 11 — 30 — — — — 84,7$ : vl5,3$ — (mit Weglassung v. 2 extremen
Fällen von 14,8$:
Max. 87,2$, Min. 78,8$),
20 — — — 30 — 50 — — — . 84,3* — ! 15,7g — (Mtx. 87”, Min. 81,48),
® - ’W M 50 - 89 -4 _ ------------ 83,78 - ! 16,38 - (M .s. 87,18, M i n .^ g ) .
Meine eigenen Beobachtungen aber geben Folgendes:
W e i b e r .
2 Stück Hinlerhauptshirne Ton 24—30 Jahren hatten im Mittel 87,5$ C erebellum 5 — 12,5$ M esocephalum . — — 30—40 — — — ^ - 8 6 ,1 6 $ — 13,84$ _ 5 — — — 50—70 rr-Jk — — — 85,65$ ,r-- ; - 14,35$ _ 4 — ~ 4 - 7 0 -8 4 - f i — — — 85,40$ — 14,60$ -
M ä n n e r .
4 — — — 17—30 — — — — 85,8$ — 14,2$ 6 — — — 30—40 — — — — 86,47$ — 13,53$ _ 5 — *“ — 40—50 — — — — 85,83$ — 14,17$ _ 9 — — 50—60 — ----------------- 85,7$ - 14;3$ __ 6 — —. 60—70 — ~ - - 86,4$ - 13,6$
Schwankt auch in meinen Beobachtungen an männlichen Hirnen im früheren und im höchsten
Alter etwas die allmählige Steigerung des Mesocephalum, so erkennt man sie doch deutlich vom 30_
60. Jahre und eine ununterbrochene Progression in den 16 Fällen von weiblichen Hirnen.
Noch entschiedener zeigen aber die aus den R eid’schen Angaben abgeleiteten Zahlen, dass im Weibe
das Mesocephalum von 15—171] steigt, im Manne aber von 13,4—16,31 und umgekehrt in demselben
Verhältniss das Cerebellum dort von 85—83S und hier von 86,6—83,78 bis zu Ende des Lebens fällt.
In meinem vom Kindesalter entworfenen Tabellen ist dies gleichfalls ersichtlich. Es ist aber die
Frage, ob nicht die Zeit von der Geburt und kurz nach derselben auszunehmen sey. Wenigstens
fand ich bei einem unreifen Knaben das ungeheure Verhältniss des Mesocephalum von 32,2 : 77,88,
was um so weniger auf einem Fehler, auf einem zu tief abgeschnittenen verlängerten Marke beruhen
kann, als dasselbe ausserdem auch vom Riegel an gewogen wurde, wo natürlich ein solches Versehen
gar nicht Vorkommen kann, da die Grenze hier von der Natur scharf einmal wie das andere Mal
gezogen ist. Auch da erhielt ich 17,78, was alle übrigen Alter weit übertriilt. Aber auch bei neugeborenen
Knaben und Mädchen wird man 15,9 und 198 finden. Bis in diese erste Zeit des Lebens
geht also jene erste Bildungsperiode des Hinterhauptshirns, wo das verlängerte Mark das Cerebellum
um so mehr überwiegt, als die Frucht jünger ist. Auf diese Zeit eines thierischen Typus folgt
bald nach der Geburt die eines höheren menschlichen, wobei das kleine Gehirn relativ stärker
zu wachsen anfängt, so dass bei allen Kindern bis zum 14. Jahre fast nur 10—128 Mesooe-
phalum angetroffen w'erden, selten 138, nicht mehr, und nie jene hohen Zahlen. Erst mit der Pubertätszeit
tritt wieder eine Umkehrung dieses Typus in der Art ein, dass von hier an bis in das höhere
Alter vielleicht mit Ausnahme der allerhöchsten Altersstufe — verlängertes Mark und Brücke mehr
wachsen, als das Cerebellum.
Das Verhältniss des Markknopfs zur Brücke ist vor der Geburt und in der ersten Zeit des Lebens
sehr deutlich, desto undeutlicher aber später. Dort hat beim frühgeborenen Kinde oder selbst
bei Kindern von 1 — 4 Wochen das verlängerte Mark entweder noch ein gleiches Gewicht wie die
Brücke oder selbst ein noch grösseres, während sioh dies im Erwachsenen gerade umkehrt, so dass
sich dann die Brücke zum Markknopfe mindestens verhält wie 6 8 :3 0—328, wie im nächsten Kapitel
gezeigt werden wird.
23 Den Unterschied, welchen die Verschiedenheit der G eschlechter den zwei Elementen
des Hinterhauplshirns aufdrücken, erkennt man am klarsten aus den Tabellen von Reid.
Wenn auch dariu die Proportion zwischen Cerebellum und Mesocephalum hei dem Manne weit
mehr schwankt, als beim Weibe, so geht doch daraus so viel hervor, dass beim männlichen Geschlecht
in allen Altern das kleine Gehirn vor dem Mesocephalum im Vergleich mit den weiblichen Hirnen
vorherrscht, indem das Cerebellum des Weibes mit 84,78, das des Mannes mit 86,68 anfängt und dort
mit 82,98, hier mit 83,78 schliesst.
Das w eibliche H interhauptshirn ist also nicht nur im V erhältniss zum grossen
Gehirn leichter als das männliche, sondern das Weib hat auch ein relativ zum
ganzen H interhauptshirn leichteres Cerebellum und dagegen ein im V erhältniss zu
seinem Cerebellum schw ereres Mesocephalum.
Das Weib bleibt auf der Stufe der Kindheit (84,78) stehen bis zu den dreissiger Jahren (84,78).
Der Mann hat zwar in den jugendlichen Jahren (11 — 30 Jahren) dasselbe Verhältniss des Cerebellum
zum Mesocephalum, als das Weib (84,78), aber er hatte in der Kindheit (1—10 Jahre) eine
höhere Proportion (86,68), sein Mesocephalum steigt also in dieser Zeit schnell von 13,48 bis auf
15,38, wächst also mehr als sein Cerebellum.
Bei beiden Geschlechtern wachsen aber diese Theile bis zu dem erwachsenen Alter etwa zur
doppelten Grösse heran.
Detaillirte Messungen der Brücke und‘des Cerebellum sind bei Menschen und Thieren von den
Gebrüdern W enzel, Tiedemann, Schröder van der Kolk, T reviranus, Valentin u. A.
veröffentlicht worden. Ich stelle beifolgend eine kleine Reihe-derselben zusammen und füge eine pro-
centische Berechnung verschiedener Verhältnisse bei.