langen Weibern fand ich dem entsprechend mehr einen längeren, bei kleinen Staturen einen mehr
runden und breiten Schädel,
Damit kann man die von der Natur beliebte Abwechselung in der Einrichtung der Wirbelsäule
wohl zusammenstellen. Es wechseln hier bewegliche Abschnitte (Schwanzbein, Lendenwirbel, Halswirbel)
mit unbeweglicheren (Heiligbein, Rückenwirbel, Schädelwirbel) ab. Im Weibe sind die bew
eglicheren, im Manne die unbew eglicheren Abschnitte die längeren. Wenn nun das Weib
einen verhältnissmässig längeren Hals hat, als der Mann, so folgt, nach jenem Princip der Abwechselung,
bei ihm auf demselben ein k ü rzerer Schädel, beim Manne auf dem kurzen, untersetzten
Hals ein länglich-ovaler Schädel.
11) Am Gesichtstheil fallt nicht nur ein höher stehendes Zungenbein, der mehr kreisförmige Gaumen
des Weibes, eine entsprechende Gestalt des Unterkiefers und dessen mehr rechtwinklig vom
Körper abgehender Ast, die Zartheit, Kleinheit, Glätte aller weiblichen Gesichtsknochen (Zähne,
Kiefer u. s. w.), und dagegen der lang ausgezogene, tiefe Gaumen des Mannes auf, sondern auch ein
anderes Verhältniss der Augenhöhlen zur Höhe des Oberkiefers.
Die Höhe der O rbital Öffnung verhielt sich zur Höhe des Oberkiefers (vom Unleraugenhöh-
lenrande bis zum Alveolarrahde des Oberkiefers)
beim Weibe = 1:1,14-^1,48,
Manne = 1:1,25^1,30.
Hieraus crgiebt sich, dass die weibliche Orbitalöffnung, welche absolut kleiner ist, als die männliche
(der Umtang der weiblichen beträgt 129 —138 Mill, die der männlichen 140—150 Mill., der
weibliche Augapfel wiegt 6 Gramm., der männliche 8 Gramm.), doch einen verhältnissm ässig
grösseren Anteil vom weiblichen Gesicht ausmacht.
Wie darin das weibliche Gesicht dem Gesicht eines Kindes sehr ähnlich wird, so ist es die Augenhöhle
ferner auch in anderer Hinsicht.
A u g e n h ö h le . Erwachsener. 12jähriges Kind. 4jähriges Kind. Neugeb. Kind. Neugeb. Kind.
T i e f e ................................ 50 Mill. = 42g 45—46 Mill. = 42g 45 Mill. = 42g 28 Mill. = 39g 27 Mill. = 40g.
B r e i t e ................................ 39 — — 32g
f1 i 32 — = 30g 23 — = 31g
M1
il.
H ö h e ................................
E s verhält sich dem
31 — = 26 g
nach
31 - = 2 8 g 29—30 — = 28g
§II vi 11
18 — = 2 7 g .
die Höhe zur Tiefe . . 1 :1,613 1 :1 ,4 5 2 1 :1 ,5 0 0 1 :1 ,2 7 3 1 :1 ,5 0 .
Höhe und Breite zur Tiefe 1 :0 ,7 1 4 1 :0 ,6 9 2 1 :0 ,7 3 8 1 :0 ,6 2 2 1 :0 ,6 7 5 .
Höhe zur Breite . . ■ 1 :1,258 1 :1 ,0 9 6 1 : 1,103 1 :0 ,0 4 6 1 :1 ,2 2 .
Es scheint hiernach mit dem Alter die T iefe der Orbita und auch der Querdurchmesser ihrer
Oeffnung gegen ihre Höhe zuzunehmen. Nur das zweite Neugeborene macht hinsichtlich der Höhe
eine Ausnahme, was nicht Wunder nehmen darf, da in dieser Hinsicht auch beim Erwachsenen häufige
Yarietäten angetroffen werden. Wo die Stirn breit ist und wenigstens das Jochbein und der
Jochfortsatz des Stirnbeins stark hervortritt, ist der Querdurchmesser der Orbitalöffnung meist in weit
günstigerem Verhältniss zu ihrer Höhe, als bei schmalen Stirnen, wo der Querdurchmesser abnimmt,
ja sogar von dem senkrechten Durchmesser übertroffen wird, wodurch das Gesicht einen anderen Ausdruck
bekömmt.
Die ganze Oeffnung der Orbita eines Kindes ist runder, später viereckig, ihr unterer Rand springt
mehr vor dem oberen hervor, als im Erwachsenen. Alles Verschiedenheiten, welche an die Thiere
erinnern. Auch liegt ihr Boden weit horizontaler, als am erwachsenen Schädel, und die Grube für
die Thränendrüse ist tiefer und abgegrenzter.
Dazu kömmt endlich das bessere Verhältniss der B reite zur Höhe der Choanen, was in Ueber-
einstimmung mit der kleinen weiblichen Nase steht.
C. Ra^ en und Vö lk e r .
Die zahlreichsten (118) Flächenmessungen habe ich an Ra9enschädeln vorgenommen, am zahlreichsten
an denen der Negemuje, weil davon in dem Berliner königlichen Museum die meisten Exemplare
vorhanden sind. Alle anderen Ra<jen, und zum Theil sehr seltene Völkerschaften, sind aber
ebenfalls durch eine geringere Zahl von Beispielen vertreten, ja auch ein seltener Schädel eines erwachsenen
Microcephalus aus der Blumenbach’schen Sammlung zu Göttingen ist mit beigezogen worden,
so dass mehrere Schlüsse daraus abgeleitet werden können und, wo diese wegen der geringen
Zahl der Beodachtungen entweder unsicher sind oder gar nicht möglich waren, wenigstens eine Grundlage
für spätere Beobachter gelegt ist.
1) Der Gesammtumfang der Schädeldecke halte ihr Minimum in dem pathologischen Schädel
des Microcephalus (18791 □ MillQI dann folgte der Schädel eines jungen Menschen aus einem griechischen
Grabe in Sicilien mit 41568 ÜMill., der Iluancaschädel von Tschudi mit 42723 ÜMill., ein Macuschi
Indianer von Guiana mit 45869 ÜMill., ein Hschina-Indianer mit 46963 ÜMill. und ein Nukahiwa-
schädel mit 46983 ÜMill., ein Neu-Grieche mit 46935 ÜMill., ein Guarapavaner in Brasilien mit
47380 ÜMill., ein französischer Soldat mit 47905 ÜMill., ein Neger von Mozambique mit 48435 ÜMill.,
ein Buschmann mit 48896 ÜMill., ein Baschkire mit 49502 ÜMill.
Von 50 — 5 2 0 0 0 ÜMill. hatten Schädel 6 Neger, ein Hottentott, ein Kamtschadale, Iogahire,
Lappe, Bugginese, Amboinese, Kangaro-Seeländer, Puri, Araucaner, Hindu, Guanche, Schwede,
Deutscher; von 5 3 —5 5 0 0 0 ÜMill. 4 Neger, ein Hottentott, Kaffer, 2 Chinesen, ein Japanese,
2 Tungusen, 2 Buräten, ein Kalmücke, Lappe, Finne, Ungar, Kosack, Malaie, Cambodia, Madurese,
Nicobare, Neuholländer, Grönländer, nordwestlicher Amerikaner, 3 Bolocuden, Peruaner, der Macrocc-
phalus von Kertsch, ägyptischer Mumienschädel, Jude, Georgier, Cimber, 5 Deutsche, von 56 — 5 9000
ÜMill. 4 Neger, ein Kaffer, Tunguse, Bengale, Macassarese, 2 Javanesen, ein Madurese, Caraibe,
Guarapavaner, Araucaner,. Aegypter, Jude, Cimber, 18 Deutsche; von 6 0 0 0 0 ÜMill. 2 Neger, ein
Chinese, Baschkire, ein Huanca, der Avarenschädel, Hindu Fakir, der alte Grieche von Blumenbach
und 8 Deutsche, oben an stehen aber mit 67148 ÜMill. ein alter, sehr kluger Jude von Halle und
3 deutsche Schädel mit 6 6 -, 67- und 68216 ÜMill. Die grossen Negerschädel, Fakir u. s. w. sind
aber sehr schwer und erreichten wahrscheinlich ihren bedeutenden Umfang durch Dicke der Schädelwände.
Diese Zusammenstellung zeigt also, dass in jeder Ra<je grosse und kleine Schädel Vorkommen,
und aus der Grösse allein weder immer auf ein grösseres Gehirn, noch auf einen vollkommneren Geist
gefolgert werden kann. Jedoch sieht man, wie bei den besseren Ra<jen im Durchschnitt doch auch
die Grösse zunimmt und die hohen Zahlen viel zahlreicher hier Vorkommen, die höchsten Zahlen aber
nur hier. Noch deutlicher wird dies bei den kubischen Messungen seyn.
2) Die W eiberschädel verschiedener Ra9en tragen die oben für deutsche Schädel schon
angegebenen Eigentümlichkeiten an sich. Namentlich sind sie kleiner als die Männerschädel ihrer
Ra9e. Kein Schädel erreicht 6Ö000 ÜMill. Die Schädel der Negerinnen schwankten zwischen 46931
und 52283 ÜMill., eine Hollenloltin hatte 46963, zwei Hottentotlinnen 51—54852 ÜMill., eine Tun-
gusin 48768, drei Tungusinnen 54—57514 ÜMill., eine Kalmückin 47355, ein Kalmücke 54484 ÜMill.,
eine Ungarin 54000, ein Ungar 55941 ÜMill., eine Bolocudin 53950, zwei Botocuden 53—55888
ÜMill, eine junge Bajadere von 20 Jahren 50598, ein Hindu von nur 12 Jahren 52130 ÜMill., ein
anderer selbst 61142 ÜMill., zwei deutsche Mädchen nur 46—47768 ÜMill., und nur eine Neugriechin
halte 48218, während ein Neugrieche 46935 ÜMill.
Es sind also die Beispiele wenigstens selten, wo die Weiberschädel grösser sind, als die entsprechenden
männlichen.
3) Auch bei anderen Ra9en scheint hinsichtlich des Verhältnisses der gemessenen Knochen zu
einander derselbe Geschlechtsunterschied zu bestehen, wie es oben für die Deutschen nachgewiesen.
Hierzu sind aber nicht einzelne Beispiele, sondern statistische Zahlenreihen notwendig. Ich kann daher
eigentlich nur von den Negern reden, von denen 16 männliche und 6 weibliche Schädel gemessen wurden.
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