nach auch in dieser Beziehung überein, wenn auch dieses letzte ungleich höher steht und es nie bis
zu 13 —20S Wurm bringt. Die Abnahme des Wurms trifft gerade auf die Jahre, wo bei jedem Ge-
schlechte die Geschlechtsthätigkeit aufzuhören pflegt, beim Weibe auf den Anfang der fünfziger, beim
Manne auf den der sechziger Jahre. Auch bei der Kuh war der Wurm grösser und besonders rückwärts
gewölbter, beim S tier die Hemisphären.
Wenn es hiernach wahrscheinlich ist, dass auch Ra<je und Nationalität dergleichen Differenzen im
Verhältniss beider Hauptabschnitte des Cerebellum erzeugen, so habe ich doch directe Beobachtungen
hierüber zu machen keine Gelegenheit gehabt, und Andere haben bei ihren Wägungen und Untersuchungen
ihr Augenmerk auf dieses speciellere Verhältniss nicht gerichtet. Ich muss mich daher mit
einem indirecten Beweise begnügen hinsichtlich des Negers.
Die grössere B reite eines kleinen Gehirns wird hervorgebracht durch seine
Hemisphären, die grössere Länge und Höhe durch seinen Wurm.
Im Vogel, wo die Halbkugeln noch fast gänzlich fehlen, ist das Cerebellum ein schm aler, von
den Seiten zusam m engedrückter Körper mit einem grösseren Längen- als Quercliirchmesser.
Bei den Säugethieren hat es wegen der immer mehr seitlich hervorwachsenden Hemisphären schon
eine rundliche Gestalt angenommen, bis es endlich im Affen und Menschen die bekannte quere
Ausbreitung und Form erhält durch die grosse Entfaltung der Halbkugeln.
Der gerade Durchmesser des Cerebellum steht also mit der Grösse des Wurms, sein quere
r mit der der Hemisphären in geradem Verhältniss. Sowohl aus der Schmalheit der Hinterhauptsgegend
beim Neger, als auch ans dem (relativ zu dem europäischen Cerebellum]) grösseren Längendurchmesser
seines kleinen Gehirns im Verhältniss zu dessen Querdurchmesser geht daher mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit hervor:
dass beim Negerhirn der Wurm, bei dem Europäer die Hemisphären besser
bedacht sind,
und folglich:
dass es sowohl wegen der g rö sseren Schw ere des H interhauptshirns im
N eger, als auch wegen seiner rundlicheren G estalt und dem V orherrschen
des Wurms eine niederere S tellung einnimmt, als das Cerebellum des E uropäers,
weil der Wurm entschieden der niedere Abschnitt desselben ist.
In dieser Hinsicht hat endlich das Negerhirn
eine A ehnlichkeit mit dem Gehirn des europäischen W eibes und Kindes.
Es verhält sich nämlich die B reite des kleinen Gehirns zu dessen Länge in der Mitte
beim E u r o p ä e r (4 Falle von T ie d e m a n n durchschnittlich) 47 : 29,88'" (106,093 : 67,448 Mm.) = 6 1 ,13:38,87$,
— Mann von V a le n tin (grösste Breite nnd Länge) 4 2 :2 7 " ' (94,806 : 60,947 Mm.) 6 ? 60,87 : 39,13g,"
bei der E u r o p ä e rin (2 Fälle von T ie d e m a n n ) 4 1 ,5 :2 8 ,5 '" (93,677 : 64,333 Mm.) = 59,29:40,71$,
— einem Mädchen von 24 Jahren (H n s c b k e ) 32 : 2 9 '" (72,233 : 65,461 Mm.) . = 52,46 : 47,54$,
beim N e g e r (nach T ie d em a n n nnd W e n z e l, 3 Fälle) 4 2 ,8 3 :2 9 " ' (96,680:65,461 Mm.) = 59,63:40,37$,
bei der Venns-Hottentotte (nach T ie d e m a n n ) 3 8 ,5 :2 8 ,5 '" (86,906 : 64,333 Mm.) = 5 7 ,46:42,54$.
Wenn diese Messungen!) nun die B reite des kleinen Gehirns mit der grössten Länge desselben,
d.h. seiner Hemisphären, vergleichen, so ergibt sich daraus eine rundlichere Gestalt des
Cerebellum sowohl beim europäischen W eibe, als auch beim Neger im Vergleich mit dem Europäer,
nnd bei der H ottentottin im Vergleich mit dem männlichen Neger; denn sie haben einen
verbältnissmässig längeren geraden Durchmesser der Halbkugeln. Da aber cinestheils die Messungen
der Wenzel nicht ganz damit harmoniren Cderen Messnngsart nicht näher von ihnen angegeben ist),
1) Ich mnns hierbei bemerken, dass, wenn T ie d e m a n n angibt, dass er den Längendurcbmesscr in der M ille des kleinen
Hirns gemessen habe, er doch nicht den W a rm , sondern die Länge der H e m is p h ä re n e b e n dem Wurm gemessen zu
haben scheint. Wenigstens bekomme ich bei meinen, die Wurmlänge messenden Beobachtungen zu verschiedene Zahlen, und
auch seine Abbildung des Negerbirna macht diese Vermnthnng sehr wahrscheinlich.
anderntheils hier und dort der Wurm nicht berücksichtigt wurde, wie er es wohl verdient, so gebe
ich hierbei noch einige Messungen darüber von mir selbst.
B r e i t e d es C e r e b e l l um z u r L ä n g e d e s Vermis.
Knabe von
K i n d e r .
12 Monaten 69 : 32 Mili. 68,32 : 31,68$.
70 Jahre
W e i b e r .
104 :4 8 MU1. 68,42 : 31,58$.
91 — 9 4 :4 2 ■ 69,1:30,9$.
,24f?.- r
M ä n n e r .
101:43 Mill. 71,5:28,6$.
28 — 105 :45 70,0 : 30,0$.
48 — 106 : 47 — 69,93 : 30,07$.
60—70 — 104 :3 7 H 73,8 : 26,2$.
70 — 103:45 69,6 : 30,4$.
77 - 113:43 — (56 hoch) 72,4:27,6$.
Und so habe ich die Freude, hier wieder zurückzukommen auf den oben CS. 11) mitgetheilten
osteologischen Fund, dass der Körper des ersten Schädelwirbels CZapfentheil des Hinterhauptsbeins)
im Verhältniss zum Körper des zweiten am weiblichen Schädel der Säugethiere und des Menschen
durchschnittlich länger ist, als am männlichen. Dieser Satz, welcher vor meinen Wägungen des
Wurms durch Messung gefunden wurde, findet nun seine volle Bestätigung und Erklärung durch das
Verhalten des Hirns selbst, indem darnach nicht nur das verlängerte Mark der weiblichen Thiere
länger seyn muss, sondern auch das kleine Gehirn, und zwar durch seinen Mitteltheil, den Wurm.
Dadurch und durch den ebenfalls längeren geraden Durchmesser wird das weibliche Gehirn dem kindlichen
sehr verwandt.
4) Endlich mache ich noch auf die Wirkung aufmerksam, welche die Castration in analoger
Weise Cdurch Zurüokhalten auf der Stufe der Kindheit) auch selbst auf Wurm und Hemisphären
ausübt. Wenn nämlich das kleine Gehirn
des L am m e s an Gewicht 51,4$ W u rm hat, so besitzt
das weibliche S c h a f 51,7$,
der S tä rb o c k 48,44$,
— H am m el 54,6$,
— H e n g st 45,4$,
— W a lla c h 56,9$.
Das etwaige grössere Gewicht des Cerebellum bei den Castralen, wie es L euret gefunden zu
haben behauptet, würde hiernach wahrscheinlich auf Rechnung des niederen Bestandtheils desselben,
auf den Wurm zu setzen seyn.
5] ) Die S äugethiere stellen sich hinsichtlich der Gewichlsproporlion des Wurms zu den Hemisphären
in folgende Reihe: W u rm . H e m isp h ä re
F i s c h o t t e r 25,6 74,4$,
S c h w e in 32,8 67,2$,
H u n d 39—42 61 :58$,
F u c h s 42—43,7 56—56,3$,
K a tz e 47—51 53—49$,
P fe rd 45—54 55—46$,
Z ie g e 50 50$,
S c h a f 50—51 50—49$.
In der Klasse der Vögel sind die Hemisphären so auf ein Minimum reduzirt, dass der Unterschied
in verschiedenen Ordnungen und Gattungen mit Sicherheit nur schwer bestimmt werden kann.
Bei einem jungen Hahn aber, wo ich die Wägung sehr genau anstellte, verhielt sich der Wurm zu
den Hemisphären wie 1,8 : 98,28. Zu diesem enormen Ucbergewicht des Wurms in dieser Klasse
machen den Uebergang unter den Säugethieren die Nager und Monotremen.