11) Der grosse Flügel des Keilbeins isl dagegen beim Kinde besser bedacht. Er wächst
von 500 bis 1200®1500 Mül., also um das Doppelte und Dreifache.
Ich verglich in folgender Zusammenstellung die Länge (von vorn nach hinten) beider Knochen
in verschiedenem Aller:
6 Mon. $ Jahr. n j . 1 J. 2 J. 2 J. 2^ J. 2 J. 4 J. 7 J. 12 J. 17 J. 30—40 J.
55 55 56 55 65 63 68 63 72 75 81 90 100 Mill.
15 18 18 18 24 18 19 18 15 17 18 20 24 —
d. S c h u p p e : 40 37 37 37 5 t 45 49 45 57 58 63 70 76 —
Verhältnisse von c : d : 1 : 2,6. 2,0. 2,1. 2,0. 3,5. 2,5. 2,6. 2,5. 3,8. 3,4. 3,5. 3,5. 3,8.
und fand also, dass der grosse Flügel beim Kinde ein Drittel, beim Erwachsenen ein Viertel und
Fünftel ist. Hieraus geht hervor, dass der Schlafmuskel sich vorzüglich nach hinten verlängert, er
gewinnt aber dafür an der Ala major wegen des allmälig sich stärker wölbenden Jochbogens an Dicke.
Sollten ferner hiernach die Gyri temporales mit dem Alter nicht mehr zunehmen, als die sphemidales?
An einer Reihe grosser Schädel von Erwachsenen (Männern wie Weibern) war die S chlafbeinschuppe
verhältnissmässig kleiner im Vergleich mit einer Reihe kleiner Schädel; denn IG
kleine Männerschädcl gaben für die Schlafbeinschuppe 9,568 der Schädeldecke, die 16 grösseren aber
9,488. Ebenso die 10 kleineren W eiberschädel 6,448, die 10 grösseren durchschnittlich .6,348.
An denselben kleineren Männerschädeln belrug der Durchschnitt des Flächeninhalts des grossen
Flügels 2,798, bei den grossen 2,698, bei den Weiberschädeln verhielten kleine und grosse sich
ziemlich gleich.
Dies Resultat kann indess, wie das vom Zwischenscheitelbein gegebene, zufällig seyn; eine grössere
Zahl von Beobachtungen wird darüber die Entscheidung herbeiführen müssen.
12) Endlich bleibt noch das für das kleine Gehirn bestimmte Stück der H interhauptsschuppe
übrig. Auch dieser Knochen scheint mit dem Alter verhältnissmässig grösser zu werden. Die Messung
ist indess an ihm wegen seiner hervorspringenden Knochenleisten schwieriger, auch kann man
zu wenig von'dem Hinterhauptswirbel im Vergleich mit den beiden anderen Wirbeln messen. Besser
ist es hier, wo man kann, die kubische Messung vorzunehmen, und noch genauer wird das Resultat,
wenn man das Gehirn selbst wägt. Daher verweise ich auf die Hirnwägung in meiner Schrift.
Bei den grösseren Männerschädeln erhielt ich die Durchschnittszahl von 1:9,57, bei den kleineren
von 1:9,48, desgleichen bei den grösseren Weiberschädeln 1:9,88, bei den kleineren
1:9,15. Wäre dies richtig und könnte man auf so kleine Differenzen sicher bauen, so würde insofern
dieser Knochen im Gegensatz zu dem Interperietalknochen stehen, welcher, wie wir eben sahen,
bei kleineren grösser, bei grösseren Schädeln kleiner zu seyn schien.
B. Geschlecht .
Wie der weibliche Geist ein anderes Gepräge hat, als der männliche, so ist auch zu erwarten,
dass das weibliche Gehirn und wiederum ebenso das starre Gehäuse dieses letzten, der Schädel, in
beiden Geschlechtern mit mehreren Eigenthümlichkeiten begabt ist. Man hat diese nur an einzelnen
Stellen oder im Allgemeinen und wohl auch selbst oberflächlich und prinziplos bis jetzt sludirt, mehr
aber noch am Schädel als am Gehirn.
1) Man weiss, ohne es aber auf Flächenmaasse gebracht zu haben, dass der weibliche
Schädel im D urchschnitt kleiner ist, als der männliche.
Indem ich dies nach dem Flächeninhalte untersuchte, ergab sich, dass die Schädeldecke (d. h.
die Knochen, welche ich im vorigen Kapitel durch Triangulirung nach dem Alter gemessen habe und
ohne hier auf fremde Itaijen Rücksicht zu nehmen) in den 32 Männerschädeln, wie die betreffende
Tabelle zeigt, zwischen 52000 und 68000 öMill. schwankt, bei den 22 Weiberschädeln dagegen
zwischen 45000 und 57000 □ Mül. Keine Frau erreichte auch nur 60000 □ Mill., wie es viele Männerschädel
Ihun.
Das Mittel war beim männlichen Geschlecht 59000 □ Milk, beim weiblichen 53000 GMiU. Die
Schädeldecke des Martnes hat also GOOO □ Mill. durchschnittlichen Flächeninhalt, oder g — Ar mehr als
die weibliche.
Es lässt sich wohl a priori schon erwarten, dass ausser jener allgemeinen Grössenverschiedenheit
der gesammten Schädeldecke auch noch besondere Gegensätze an einzelnen Knochen bei beiden Geschlechtern
auftrelen werden. In den Tabellen übersieht man diese Verhältnisse und der craniolomi-
sche Unterschied würde wahrscheinlich noch Schürfer hervorgetreten seyn, wenn bei allen Individuen
der Geschlechtsunterschied überhaupt im ganzen körperlichen und geistigen Leben immer gleich’scharf
ausgeprägt wäre, auf welche Schwierigkeit schon vorn aufmerksam gemacht wurde. Wie selten ist
sogar der männliche oder weibliche Charakter vollkommen rein ausgeprägt! Wie oft ist nicht bei
einem Manne irgend ein Theil eher weiblich und bei einem Weibe eher männlich zu nennen! Etw as
Zwitterhaftes kömmt fast an jedem Menschen vor, wenn auch natürlich die meisten und die Hauptorgane
dort nach männlichem, hier nach weiblichem Schnitt eingerichtet sind. So wenig uns nun
diese Erscheinung, auch am Schädel, überraschen kann, so sehr erschwert sie doch die Untersuchung
und die Auffindung des geschlechtlich Charakteristischen. Man muss sich zuerst auf grosse Mengen
von Schädeln stützen und hierauf diejenigen Schädel zur Norm nehmen, worin die statistisch gefundenen
Unterschiede an schärfsten sich olfenbaren. Man wird nicht verkennen, dass unter den 47 Schädeln
beiderlei Geschlechts mehrere mit entschieden entgegengesetztem Typus an einzelnen Theilen
Vorkommen. Indessen ersieht man doch,
2) dass das S tirnbein beim Mann ein verhältnissmässiges Uebergewicht über das weibliche besitzt.
Ist die höhere, breitere, hervortretendere Stirn des Mannes im Allgemeinen schon bekannt, so
fehlte doch eine genauere mathematische Feststellung.
Das männliche Stirnbein bewegt sich zwischen 12500 und 18200 □ Mül. und hat im Mittel von
32 Fällen 15000 DMAl.
Das weibliche schwankt zwischen den Extremen von 10600 DMül. als Minimum und 14700 DMill.
als Maximum und hat ein Mittel von 13000 üMilk, also ungefähr 2000 □ Milk oder iV weniger als
das männliche oder in den Extremen sogar über 3000 □ Mül., also 8 weniger.
Die Extreme seines procentischen Flächeninhalts aber sind beim Mann 21,768 und 30,09g,
beim Weibe aber 20,308 und 25,88, das Mittel aber ist im Mann 258, beim Weibe-248 des gesammten
Schädels. Berechne ich aber sein Verhältniss zu den Knochen, welche nur das grosse Gehirn
einschliessen, so scheint der Unterschied noch schärfer herauszuspringen. Bei den 14' ersten Weiberschädeln
war das Mittel 26,5: 73,58, bei den 16 ersten Männerschädeln 28,3 : 71,78. Der Unterschied
steigt demnach hier sogar auf 28.
3) Die Scheitelbeine linden beim Mann ihre Grösse zwischen 22200 und 33600WMill. und
haben ein Mittel von 28000 □ Müh, beim Weibe zwischen 21800 und 28500 □ Mül. mit einem Mittel
von etwa 26400 □ Milk, steigen also allerdings absolut nicht so hoch als ein Mann, haben aber
ihr Minimum fast in derselben Zahl als dort und befinden sich also in offenbarem Vortheüe gegen die
männlichen Scheitelbeine. Auch die Exlreme des verhältnissmässigen procentigen Flächeninhaltes sind
beim Mann 428 als Minimum und 518 als Maximum, beim Weibe dagegen 478 Minimum und 528
Maximum. Hieraus geht das entschiedene Vorherrschen dieser Schädelknochen im weiblichen Geschlecht
hervor.
Während also der männliche Typus sich charakterisirt durch das S tirnbein, schlägt der weibliche
Charakter seinen besonderen Sitz in den Scheitelbeinen auf, und das Weib, dessen physischer
Charakter überhaupt eine Fortsetzung des kindlichen ist, ist auch in dieser Kind geblieben,
wenn auch schon mehr Ausnahmen von der Regel Vorkommen, als beim kleinen Kinde, und der Unterschied
zwischen Scheitel- und Stirnbein ebenfalls nicht in dem Grade ausgeprägt ist.
4) Das Z w ischenscheitelbein ist zwar ebenfalls absolut llächenhaltiger als beim Weibe,
aber dieses hal, was die Hauptsache ist, ein verhältnissmässiges Uebergewicht. Beim Mann beträgt
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