Hauptrolle spielen muss, die alle solche Ausnahmen erklären würde. Wie man in der Naturgeschichte
die Geschöpfe nicht allein nach ihrer Grösse ordnet, wonach eine Eiche oder ein Walfisch
höhere Geschöpfe seyn müssten als der Mensch, sondern nach der Mannichfaltigkeit ihres Baues und
nach der Entwickelung niederer oder höherer Organe, so auch hier. Demungeaohtet giebt die Grösse
immer Einen natürlichen Maassstab ab, den zu vernachlässigen man sehr Unrecht thun würde, und
dessen natürlicher Werth die Entwickelung Eines Organismus aus einem mikroskopischen Ovulum bis
zur Schwere von 150 Pfund klar genug darthut. Ja, Oken hat dies wohl gefühlt, als er in seiner
Zoologie von den Thieren Einer Gattung die grössten immer obenan stellte. Deshalb gelten in meinen
Augen alle dergleichen Ein würfe, wie z. B., dass einzelne Thiere oder der menschliche Fötus ein
verhältnissmässig grösseres Gehirn,besitzen, als der erwachsene Mensch, für Nichts in dieser Streitfrage.
Uebrigens steigt auch bei Bergmann’s Irren das Hirngewicht am höchsten (bis zu 1517
Grmm.) vom 26.-29. Jahre im männlichen Geschlecht und im weiblichen (bis zu 1313 Grmm.) bis
zum 23. Jahre.
B. Nach dem Geschlecht und der Ra^e.
Aus meiner Tabelle tritt der von A ristoteles an bis auf Tiedemann ausgesprochene Satz,
dass das Weib ein absolut leichteres Gehirn besitze, als der Mann, ebenfalls hervor. Aber sie zeigt
es durchgreifender, nämlich dass das Hirn selbst in jedem Jahrzehend vom 10.—90. Jahre leichterist,
als in demselben Jahrzehend bei dem männlichen Geschlecht. Nach Tiedemann und Peacock
langt diese Verschiedenheit sogar schon von der Geburt an. Der Unterschied des Gewichts scheint
aber zu fallen bis zu dem 70. Jahre, wie folgende Zusammenstellung noch zeigen mag:
10—19 20—89 30—39 40—49 50—59 60—69 70—79 80—90 Jahre.
Männer :
W eiber:
1411
1219
1419
1260
1424
1272
1406
1272
1398
1239
1291
1219
1254
1129
1303 Grmm.
1186 —
Differenz : 192 159 • 152 134 159 82 125 117 Grmm.
Nur in dem höchsten Alter entfernen sie sich wieder von einander.
Ob nach der Race und Nationalität eine geschlechtliche Differenz eintrete, ist nicht bekannt. Aber für
den germanischen und romanischen Stamm liegen Data vor. Hamilton, der das männliche Gehirn der
Schotten zu 3 Pf. 8 Unz. Troy-G. 1309 Gramm.), das der Weiber aber zu 3 Pf. 4 Unz.
0= 1190 Gramm.) angibt, nimmt also eine Differenz von 119 Gramm. Uebergewicht im männlichen
Schotten an. Bei den Franzosen gibt Parchappe das durchschnittliche Gewicht zu 1323:1212 Gramm.,
also die Differenz zu 111 Grmm. an. Bei den Negern und Negerinnen scheint der Unterschied nach
den wenigen vorliegenden Wägungen weit kleiner zu seyn. Dies würde wenigstens mit den durch
die kubischen Messungen der Schädelhöhle beider Geschlechter gefundenen stimmen. Resultaten wohl übereinHinsichtlich
der verschiedenen Ra^en überhaupt ist ebenfalls eine Verschiedenheit nicht zu verkennen,
wobei aber die Statur mit einwirken mag. So übersteigt das germanische Gehirn 1400 Grmm.
im Mittel, das französische ist von mehreren Beobachtern nur über 1300 Grmm. angegeben worden
und das der kleinen Hindus und Eingeborenen von Bombay übersteigt nur 1000—1100 Grmm.
Das Gewichtsverhältniss des Hirns zum ganzen K örper ist nach Tiedemann beim Weibe
eher grösser als kleiner, nämlich 1 :4 0 - 44, beim Manne 1 :4 1 -4 2 . In meinen Tabellen wird
amuasnm aacuhcth, hini eKrüibnedre rne inme ehArn.zahl Wägungen finden, wonach es durchschnittlich über 28 des Körpers
Vergleichende Tabelle
über das Gewicht des menschlichen Gehirns in den verschiedenen Altern, nach den Beobachtungen
von Sims, Reid, Peacock, Tiedemann, Parchappe und Husohke, in Grammen.
1. M ä n n e r .
Ja h re .
S im s. R e id . P e a c o c k . T ied em an n . P archappe. M itte l
aller hier
angeführten
Fälle.
Zabld.
Fälle.
M ittel.
grösstes.
kleinstes.
Zahl d.
Fälle.
M ittel.
grösstes.
kleinstes.
Zahl d.
Fälle.
M ittel.
gross-Iklein-
tes. stes.
Zahl d.
Fälle.
M it-'
tel.
Zahl d.
Fälle.
M iu ''
tel.
Zahl d.
Fälle.
M itT
tel.j
20—29
30—39
40—49
50—59
6 0 -6 9
7 0 -7 9
80—90
10
12
16
18
26
18
3
1361
1358
1398
1322
1247
1222
1256
1588
1531
1672
1554
1389
1644
1590
1210
1134
1219
1162
1049
1106
1021
1162
7
20
19
12
26
10
5
2
1426
1437
1442
1380,5
1444
1384
1363
1382
1533
1644
1772
1673
1650
1708
1496
1237
1290
1194
1301
1109
1155
1304
5
9
10
5
2
1
1480
1483
1421
1395
1297
1474
1733
1754
1593
1531
1403
1248
1262
1354
1262
1173
22
14
11
64
1
1
1547
1285
1428
1494
1502
1327
1339
1135
1
3
• 2 --1
4
5
7
1
1046
1384
1288
1368
1418
1253
1240
1280
4
5
7
5
6
1
1492
1449
1334,5
1377.4
1332.5
1684
1411.
1419.
1424.
1406.
1398.
1291.
1254.
102 Fälle. 32 Fälle. 41 FäUe. . 28 p Ile. 28 Falle. 270 F.
2. W e i b e r .
10—19
20—29
30—39
40—49
50—59
60—69
70—79
80—90
91 100
13
12
11
15
17
15
17
6
1179
1268
1232
1276
1230.7
1241.7
1121
1200
1354
1531
1531
1503
1411
1590
1333
1276
879
992
992
1021
1049
1021
907
992
9
15
19
13
8
11
11
1254
1274
1290
1275
1283,5
1217
1304
880
1410
1418
1446
1428
1415
1322
1311
1159
1099
1113
1120
1207
1024
5
10
51
3
1
1290
1274
1320
1247
1255
1106
1389
1389
1502
1382
1205
1077
1077
1134
2
24
2
11
1
1317
1187
1292
1149
1193
1238
1342
4
2
3
35
1
1213
1237
1259
1153
1206
1197
3
1
4
3
3
‘ 2
1222,2
1311
1264
1281
1094
1184
1219.
1260.
1272.
1272.
1239.
1219.
1129.
1186.
77 F alle. 25 * alle. 13 F alle. 18 F alle. 17 F alle. Ö15F.
Zweites Kapitel.
B. Gewichtsverhältniss des grossen Hirns und des Hinterhirns.
Die älteren Angaben über das Gewichtsverhältniss des grossen Gehirns und des Hinterhaupls-
hirns weichen sehr von einander ab. So bestimmt es
Vesal ») zu 1:11—12 0= 8,33:91,67*),
Wrisberg 2) : 1:9 —12 C - 10,0 : 90 —7,7: 92,3S),
Chaussier 3) — l : 8 - 9 ( = 11,1 ; 88,9 —10,0:90,0*),
Tiedemann 1 2 3 4) - 1: 9—10 C= 10 : 90—9,1: 90,98) ,
Haller 5 6 7 8 9 10) und Cuvier 6) :h ä 1 : 9 ( = 10 : 90*),
Sömmerring 7) und Portal 8) —i 1: 6 —8 —9 ( = 14,3: 85,7 — 11,1: 88,98),
Mayer 9) und Carus *0) — 1 : 8 ( = 11,1: 88,9*),
1) L ib . V II. c. 4. p. 540—780.
2) In Soem m erring, D e basi encephali p. 41.
3) A natom ia p . 77; zuweilen auch 1:6 — 7 , seilen 1 : 10—11.
4) Zoologie I. 105.
5) E lem en ta P hysiol. I V . 68.
6) Vergleichende Anatomie II. 158.
7) Hirnlehre S. 23.
8) A natom ie IV . 56.
9) Gehirn S. 18. Anatomie VI. S. 181: 1 :6—7.
10) Zootomie S. 231.