kehren in rohem Entwürfe bei den übrigen Sinnen wieder. So lässt sich physikalisch, anatomisch
nnd physiologisch zeigen, dass es sechs Sinne, und zwar in zwei Reihen geordnet, gibt, eine Reihe
von drei niederen, mehr materiellen und eine zweite Reihe von drei höheren, geistigeren Sinnen, wie
folgendes Schema sogleich überblicken lässt:
M e c h a n is c h e E le k tr is c h e C h e m isc h e
) Niedere Getast — Cohäsion. Wärmesinn Wärme. Geschmack — Wasser (Hydrochemie).
in n e | jjgjjepe Gehör — Schall. Gesicht — Licht. Geruch — Luft (Pneumatochemie).
Recht deutlich werden diese zwei Reihen und ihre 'Wiederholung durch ihre Objecte charakteri-
sirt, die je zwei einander, wie niedere und höhere Phänomene Einer Urkraft, entsprechen.
Ohne in dieses fremde Thema, worüber ich meine früheren Schriften zu vergleichen bitte, weiter
einzugehen, bemerke ich hier nur noch, dass, wie diese Reihen ihrem Werlhe nach über einander
stehen, auch ihre Sinnesnerven in zwei gleichgeordneten Reihen über einander liegen und entspringen.
Tast- und Wärmenerven gehören nämlich schon dem Rückenmark an. Darauf folgt unter den übrigen
vier Sinnesnerven der Zungenschlundkopfnerv als der Geschmacksnerv, mit welchen chemischen Nerven
die erste Reihe der Sinne geschlossen ist. Hierauf beginnt die zweite Dreiheit mit dem achten
Paare, mit dem Hörnerven, also gleichfalls mit den mechanischen Nerven, darauf folgt der elektrische,
der Lichlnerv, und endlich schliesst auch diese zweite Reihe der chemische Nerv, der
Geruchsnerv.
Warum in jeder Reihe drei Sinne enthalten sind, ist leichter erklärlich, als warum zwei Reihen
existiren. Jene Dreiheit hat ihren Grund in der Dreiheit der Urkräfte in der Natur (der mechanischen,
chemischen und elektrischen Kräfte), eine Vier- oder Fünfzahl war daher nicht möglich. Weit
schwerer ist der Grund aufzufinden, warum diese Dreizahl sich wiederholt auf einer höheren Stufe*
Wahrscheinlich beruht dies darauf, dass es überhaupt körperliche und geistige Organe gibt. Diese
Zweiheit sehen wir sich namentlich auch im Gehirn wiederholen, wo die körperlich wirkenden in der
Reihe von Hirnganglien auftreten im Gegensatz zu dem geistig begabten Himmantel. Jedenfalls re-
präsentiren aber die drei höheren Sinne auf der Stufe der Objectivität die drei grossen Hirnabschnitte
mit den drei Schädelwirbeln, zwischen welche ihre blasenartigen Organe, Labyrinth, Apfel und Nasenhöhle
eingeschoben sind.
Ist dieses aber richtig, so folgt weiter, dass diese höheren Sinne und ihre Hirncentra, wie beide
anatomisch und genetisch im genauesten Zusammenhänge stehen, auch functionell einander entsprechen
und verwandt seyn werden. Hieraus schliesse ich, dass, wenn es auch nur Eine allgemeine Kraft
gibt, welche in aller Nervenmasse wirkt, sie mag sich befinden, wo sie will, Eine neuroelektrische
Thätigkeit, doch gesetzliche Modificationen derselben eintreten werden, je nach der Eigenthümlichkeit
der Organe, zu denen ihre Nerven sich begeben, gleichwie wir in der Bildungslhätigkeit unseres Körpers
zwar überall einen chemischen Process finden, aber nach Ort und Stelle vielfach modificirt,
oder, wie wir von physikalischer Seite her für Licht, Luft, Electricität, Contactelectricität, Wärme
und Magnetismus Eine gemeinsame elektrische Urkraft annehmen, die sich in jene verschiedenen Arten
zerlegt und damit modificirt.
Zeigt also der respective Sinnesnerv die besondere Thätigkeit seines Hirnlappen an, dessen Ausstülpung
er ist, so folgt, dass im S tirnhirn es der Chemismus ist, welcher jene allgemeine Ner-
venkraft modificirt und ihr den besonderen Charakter aufdrückt, im Scheitelhirn der E le k tris-
mus als Lichtbewegung, und im H interhauptshirn der Mechanismus als Schallbewegung,
dort das Riechen und Sehen, hier das Hören. Der Inhalt jeder Sinnesthätigkeit wird physiologisch
wie psychologisch erhoben auf die centrale Stufe des Hirns und des Geistes und beide Richtungen
des Lebens werden einander ebenso entsprechen müssen, wie etwa die Wellenbewegung des Licbt-
äthers der materielle Begleiter einer bestimmten Farbe ist und eine bestimmte Zahl von Schwingungen
wägbarer Materie jeden Ton begleitet, oder überhaupt wie eine mathematische Erscheinung eine
ästhetische, geistige, deckt.
Hiernach ist also der materielle Charakter des S tirn h irn s, aus welchem der Riechnerv entspringt,
durch den Chemismus bestimmt, es ist das chemische Hirncentrum, das Scheitelhirn,
welches den Sehnerv erzeugt, ist das eigentlich elektrische oder Lichthirn, und das Hinterhirn
wird das mechanische Centrum seyn gemäss seinem Sinne, dem Gehör, dessen Object eine
mechanische Erscheinung der Natur ist.
Ich möchte es nun am liebsten den Psychologen vom Fach überlassen, den Parallelismus und die
Verwandtschaft festzustellen zwischen dieser physiologischen Bedeutung der Hirncentra und den psychologischen
Grundkräften, deren körperlicher Ausdruck sie sind und welche oben ihnen zugewiesen
worden. Um aber auch hierbei Hand anzulegen, wo keine Vorarbeiten benutzt werden konnten,
mögen einige Gleichungspunkte noch angemerkt werden.
Wenn aus dem Stirnhirn, in welchem das Erkenntnissvermögen seinen vorzüglichen Sitz aufschlägt,
zugleich der Geruchssinn hervorgeht, so sind beide Thätigkeiten nicht so heterogen, als es
auf den ersten Anblick zu seyn scheint. Der Chemismus, welcher das Wesen des Geruchssinnes ausmacht,
ist der eigentliche analytische und synthetische Act der Natur. Er besteht in der Z erle gung
der Stoffe, der Zusamm ensetzung einfacherer Elemente zu den verschiedenartigsten Com-
binationen und der Umsetzung der Stoffe und ihrer Atome. Ist nun unsere Verstandesthätigkeit
eine andere? Beim Denken handelt es sich, wie dort, um Analyse und Synthese, so dass man ein
analytisches und synthetisches Geistesvermögen angenommen hat. Der ganze Act unseres Denkens
besteht im Zergliedern zusammengesetzter Vorstellungen, in Scheidung der Nebendinge von den wesentlichen
Eigenschaften des Objects, in Combinationen und Umlegung derselben, um neue Ideen zu gewinnen.
Den Geruchssinn hat man ferner immer mit dem Scharfsinne und der Phantasie in Verbindung
gesetzt. Es wäre auch die Frage, ob nicht das Athemholen durch die Nase in Folge der Belebung
des Geruchsnerven, die damit ohne Zweifel verbunden ist, nebenbei auch bestimmt wäre, reizend auf
das Stirnhirn zu wirken. Die Beeinträchtigung des Denkvermögens beim Schnupfen, die lebhafte Einwirkung
heftiger Gerüche auf die Freiheit des Denkens und des Bewusstseyns, bei Ohnmächtigen, wie
bei Gesunden (Schnupft aback) u. s. w. zeigt auf eine lebendige Wechselwirkung zwischen Geruchsnerv
und Stirnhirn oder Riechen und Denken hin.
Das Scheitelhirn ist das Augenhirn und folglich das eigentlich elektrische Nervencentrum.
Der Elektrismus aber ist die höchste und mächtigste Naturkraft und das Sehen der höchste
und mächtigste Sinn, der Sinn für das Anschauen des Universum, der höchste geometrische Sinn oder
Raumsinn. Wenn durch irgend einen Sinn der Begriff von Gott angeregt wird, so geschieht es gewiss
durch das Auge. Das Auge ist der Spiegel zweier Welten. Auch unsere ganze Seele strahlt
aus ihm hervor, vor Allem aber das Gemüth, das eben so sehr die höchste Kraft des Geistes, wie
als Gemeingefühl seine Urkraft ist. Indem der Geist sich bis zum Menschen erhebt, bekämpfen sich
Intelligenz und Gemüth, Verstand und Liebe, und in gleicher Weise streiten sich vorderer und hinterer
Hirnlappen um den Rang, so dass mehrere ausgezeichnete Naturforscher die grössere Vollkommenheit
des menschlichen Gehirns in die Ausbildung seines hinteren Hirnlappens, andere in die
grössere Entwickelung seines S tirnhirns setzen. Wenn auf der einen Seite der Mensch durch
seine Klugheit und seinen Erfindungsgeist alle Geschöpfe der Erde beherrscht, so gelangt auch erst
im Menschen das Gemüth zu seiner höchsten Stufe. Die Thiere haben alle Factoren des Erkennt-
nissvermogens, Gedächtniss, Einbildungskraft, Urtheil, Schlussvermögen und Combinationsgabe, oft in
ausgezeichnet feiner, wenn auch einseitiger Weise, dagegen nur schwache Spuren des Gemüthes,
das noch mehr auf der Stufe des Gemeingefühls beharrt.
Jedenfalls ist das Gefühl der eigentliche Hebel unseres Thuns und Treibens. Von ihm aus werden
unsere Handlungen angeregt, mögen sie sinnlicher Natur seyn, wobei das Gefühl in irdischer
Gestalt als Gemeingefühl die treibende Vis a tergo ist, oder geistiger, mögen sie in Thaten des
Geistes oder der leiblichen Organe bestehen, in Schöpfungen des Erkenntnissvermögens oder in Thaten
des öffentlichen Lebens. Hinter ihnen allen steht das Gefühl mit seiner 4A8lles entzündenden