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 Grund  gewesen,  warum  alle  bisherigen  Eintheilungen  des  menschlichen  Windungssystems  gescheitert  
 sind.  Man  hat  sie  alle  gesehen,  ja  beschrieben,  es  fehlte  aber  allen  Darstellungen  an  natürlicher  
 Systematik,  weil  man  nicht  die  zootomische  Metamorphose  befragt,  weil  man  die  Idee,  die  ihrem  
 ganzen  scheinbaren Gewirre zum  Grunde liegt,  nicht  erfasst hatte. 
 So  theilt  der  letzte  Schriftsteller,  der  eine  Klassification  der  Windungen  aufgestellt  hat,  Fo-  
 ville *),  die Windungen  in  vier  Ordnungen,  wovon die  erste  der  Gyrus fomicatus ist,  die  zweite  
 wiederum  aus zwei Gegenden  besteht,  wovon  die  erste  die  neben  der Mittelspalte  von  vorn nach  
 hinten  laufenden  Windungen  enthält,  die zweite  (circonvolution  d’enceinte  de  SylviusJ  um  die Insel  
 und  die Sylvische Grube  herumläuft,  also  vorzüglich  den  Klappdeckel  ausmacht.  Seine  d ritte  Ordnung  
 enthält  die vom  Gyrus fomicatus  schief  nach oben  ausstrahlenden Windungen  und  die Windungen  
 der Insel.  Die vierte  Ordnung  endlich  sind  die  queren Windungen,  welche  die  erste und zweite  
 Gegend  der zweiten  Ordnung  mit  einander  verbinden.  Mit Ausnahme der  Circonvolution  transversale  
 medioparietale  und  transversale  anterieure  ist  diese  Ordnung  ganz  künstlich.  Man  sieh't  aber  auch,  
 dass  Fovillc  in alle seine Fehler geralhen  ist  dadurch,  dass  er nicht genetisch zu Werke gegangen  
 ist  und  den  so  klaren  und  einfachen  Grundtypus  der Windungen  bei  den Säugethieren  vernachlässigt  
 hat.  Bei  Rolando  findet  man  schon  eine viel  natürlichere  Anschauung,  auch  er hat aber die  Thiere  
 nicht  zu Käthe gezogen  und wirft  mehrere  nicht zusammengehörige Windungen  zusammen. 
 Durch  die  E ntstehung  der  C entralw ülste  wird also  die Hemisphäre  schärfer,  als  es bisher  
 vermittelst  der  zwei Bogenhälflen  der  drei  oder  vier Urwindungen  geschah,  in  eine  hintere  und  
 vordere Ablheilung  getrennt.  Bisher gingen jene Hälften  allmählig in einander über.  Jetzt treiben sie  
 jene colossalen Randwülste,  gleich  einem Keile,  der  sich  zwischen  sie  schiebt,  von  unten  bis oben,  
 alle vier aus  einander,  so  dass  sie nicht mehr  unmittelbar mit einander,  sondern nur  durch die  Scheidewand, 
   welche  die  Centralwülste  bilden,  Zusammenhängen  und  wie  zwei  sich  fliehende,  feindliche  
 Kräfte  ihre  Massen  nach  zwei  entgegengesetzten  Richtungen  hin  aus  einander legen.  Sie  sind  nur  
 Aeste  der Cenlralwülste  geworden und der hintere Centralwulst nimmt die Quellen  der hinteren Läppchen  
 des  Scheitelhirns  und  des Zwischenscheitelhirns,  der  vordere  die Ströme  des  Stirnhirns  in  sein  
 breites Bett  auf.  Das  Resultat  dieser  allmähligen Metamorphose  ist  demnach,  dass  verm ittelst  
 eines  grossartigen  F altungsactes  aus  dem  bei  den  Säugethieren  noch  einfachen  
 Ringe  der  Urwindungen je tz t  zwei  Ringe  geworden  sind,  eine  v o rd e re   und  h in te 
 re   R ingordnung. 
 Der  ganze  Act  aber ist  ein Polaritälsact, mit  dessen Beendigung  auch  die höchste  Stufe des  Hemisphärenbaues  
 erreicht ist.  Wie  die  Entwickelung  des Herzens  beendigt ist  mit  der Vollendung  seiner  
 Scheidewände  in  dem  Vogel  und Säugelhiere,  weil  damit  erst  eine  vollkommene  Scheidung  der  
 polaren Blutströme  erreicht  wird,  die  bisher  sich vermischten,  so  auch hier am  Gehirn,  anatomisch  
 und,  wie  wir  unten  sehen  werden,  auch  psychologisch. 
 Zugleich  ist  aus  dem Mitgetheilten ersichtlich,  welche  Veränderung in  dem  Verhältnisse des vorderen  
 und hinteren Hirnlappens mit der Entstehung  der  Centralwülste vor  sich geht.  Bei  den meisten  
 Säugethieren  ist  der hintere  Hirnlappen  ausserordentlich  im  Vortheil  gegen  den  vorderen.  Mit  ihrer  
 Entstehung  rückt  der  vordere  Lappen  ([Stirnhirn)  gewissermaassen  über  das  Stirnbein  hinaus,  in  das  
 Bereich  des Scheitelbeins  hinein.  Oder besser vielleicht:  der  Scheitellappen  erhält  durch  sie  die  Bedeutung  
 des indifferenten M ittelgliedes,  und  das Zwischenscheitelhirn  (oder überhaupt  die  von  
 dem  hinteren  Centralwulst  sich  abzweigenden Windungszüge])  und  das Stirnhirn  ([oder überhaupt  die  
 von dem  vorderen Centralwulst auslaufenden Züge) sind die  scharf getrennten  Pole  des ganzen Windungssystems  
 der Hirnschenkel,  die,  fein  gegliedert  und geschlängelt,  einem  doppelten  Ende zulaufen. 
   Wie  der Zickzack des  kleinen Gehirns bis zur Flocke sich herabscblängclt, diese Schlängelung 
 1)  Traité  com plet  de  F A natom ie,  de  la  Physiologie  et  de  la  P athologie  du  système  nerveux  cerebrospinal.  P aris  1844.  8. 
 jedoch  nur  an  der  unteren (hinteren)  Hälfte  geschah,  so  geht  sie hier  an  beiden Hirnenden vor  sich,  
 nach  vorn wie nach hinten. 
 Die  Centralwindungen  fehlen allen Säugethieren,  ausser den Vierhändern,  und  sind  in  den niederen  
 Affen  nur  angedeutet.  So  reicht  im Pavian die hintere noch  nicht  in  die Höhe bis  zur Längenspalte  
 des  Gehirns,  sondern  kehrt  vorher  spitzwinkelig  um  und  steigt  als  zw eiter Zug  von  der  
 hinteren  Längenwindung  herab  zum  Schläfenlappen,  nachdem  diese  gleich  an  ihrem  Anfänge  den  
 ersten  Zug  dahin  abgesendet  hat.  Der  obere  dritte  Zug,  welcher  die  hintere  Spitze  der  Hemisphäre  
 bildet  (Zwisohenscheitelhirn),  stellt  sich  als  ein  einziger,  grosser,  dreieckiger,  windungsloser  
 Lappen  dar,  welcher  die  hintere  Spitze  des  Affenhirns  bildet.  Im  Grunde  fehlen  noch  alle  
 sechs  Läppchen dem  lotms posterior.  Im  Orang-Utang  und dem  Chimpanse ist  dies schon weit  vollkommener, 
   ihre  Windungen haben im  Allgemeinen  ganz den  menschlichen Typus. 
 13)  Betrachten wir  nun  den  V erlauf der  Aeste  der zwei  C entralw ülstc,  so  schickt  der  
 vordere drei  Züge  an  den  Stirnlappen  ab,  einen  oberen,  m ittleren  und  unteren,  welche  alle  
 der  Länge nach  vorwärts  gegen  die  vordere  Spitze  der  Hemisphäre zusammenlaufen,  stark  gewunden  
 sind  und  zugleich  bis  gegen  dieses  Ende  immer  feiner  und  complicirter  werden,  um  sich  endlich  
 an  die  Unterfläche  des  Vorderlappens  umzuschlagen  und  zu  den Supraorbitalwindungen  dieser  Fläche  
 zusammenzuziehen,  indess  auch  hier,  wie  wir sehen werden,  noch  nicht  ihr Endo" erreichen.  Vom  
 oberen  bis  zum  unteren  Zuge  werden  sie  immer kürzer,  so  dass  der untere  mindestens  noch einmal  
 so kurz ist,  als  der  obere.  Auch  nehmen  ihre  Ursprungsäste bis  zur  unteren  an  Dicke  ab.  Jedenfalls  
 ist  dieser  also  in  aller Art  der kleinste Zug.  Der  obere Zug liegt noch  ein grosses Stück unter  
 dem  Scheitelbeine  (von  dessen Mitte an),  der  untere  fast  nur  im Stirnbein. 
 A.  Der  obere  oder dritte  Zug,  welcher der dritten  und vielleicht auch der vierten Urwindung  
 der Säugelhiere  entspricht,  geht  von  dem  obersten Ende  der  vorderen Centralwindung  als  deren vorderer  
 Ast  dicht neben  der Mittelspalte nach vorn ab,  während  der  hintere  Ast ihrer gabelförmigen  
 Theilung,  wie schon erwähnt wurde, mit der hinteren Cenlralwindung zusammenfliesst.  Der so begonnene  
 Windungszug läuft  dann  immer  neben  der Mittelspalte am Stirnbein herab,  durch  das Organ  der  E hrerbietung, 
   des  W ohlw ollens,  der V ergleichung,  des  Thatsachen-  und  G egenstandssinnes  
 u. s. w.  hindurch.  Gleich am Anfänge,  noch  1 — 2 "  hinter  der  Kranznaht,  trennt sich  der  
 vordere Ast in zwei Zweige  oder  geht  auch wohl sogleich  doppelt und dreifach  aus  der vorderen Centralwindung  
 hervor,  um  sogleich  eine  oder  zwei  hinter  einander  liegende  Inseln  zu  bilden.  In  einzelnen  
 Fällen  laufen  auch  die zwei Aeste  neben  einander  parallel  einher  ohne Anastomose und Inselbildung  
 (e rs te   Insel). 
 Darauf erfolgt  eine regelmässige  grössere Insel  dicht  hinter  und  vor  der Kranznaht,  in  der  Gegend  
 der grossen Fontanelle (oder  des Organs  der E h rerb ietu n g ),  bald länglich  und schmal,  bald  
 aber auch  1)" breit und  dann  aus 3—4  untergeordneten  Inseln  bestehend  (zw eite  Insel). 
 Sich  weiter  schlängelnd,  geht  dieser Zug  in  eine  neue kleinere Insel  über,  ungefähr  am Organ  
 des W ohlw ollens  (d ritte  In se l)  und  endlich  in  ein  Paar  noch  kleiner  Inseln  (v ierte   und  
 fünfte  In se l),  womit  er  dann  auf dem Boden  der  ersten  Schädelgrube  angelangt ist. 
 B.  D er  m ittlere ([zweite) Zug,  welcher der breiteste  von  allen  dreien ist,  beginnt etwa von  
 der Mitte der vorderen Centralwindung mit  einer dicken Windung am Organ der Hoffnung, schlängelt  
 sich  erst  einwärts,  dann auswärts und geht hierauf in  zwei  Aeste  aus  einander,  die  am  Organ  der  
 W under  sich  inselartig  wieder vereinigen  zu  einer  neuen  Quer Windung.  Diese  bildet  eine  zweite,  
 von schwächeren Armen umgebene  Insel  am  Organ der  Nachahmung  und schlängelt sich noch dreimal  
 hin  und her, etwa  durch  das  Organ des W itzes und  Tonsinnes  hindurch  unter  zunehmender  
 Verfeinerung,  um sich  endlich  ebenfalls an  die Unterfläche  des  Vorderlappens  zu begeben. 
 Er  beginnt  bei  groben Windungen K  und  endet  11111  breit.  Er  steht  im  Gegensätze  zu  dem  
 vorigen  Zuge.  Ist  dieser  breit,  mit  grossen Inseln  versehen,  so  ist  er  gewöhnlich  schmaler  ohne  
 grosse Inselbildung,  und  umgekehrt  kann  er  auch  drei  grosse  hinter  einander liegende  Inseln bilden, 
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