Vorderfläche hervordrängenden Seitenstränge zerstört, geht theilweis in ihre Bildung ein und erscheint
nach erfolgter Decussation wieder als Scheidewand des verlängerten Markes und der Brücke und weiter
vorwärts noch einmal als vordere Commissur (der S(reil'enhügel), wenn diese nicht zugleich
das Chiasma der Riechnerven ist, wie die fibrae acus/icae und das septum Medullae oblongatac das
Chiasma des Hömerven.
43 Die vorderen Markstränge des Rückenmarkes gehen am verlängerten Mark wesentlich fort
als O livenstränge zur Haube und von da in die Sehnervenhügel, nachdem sie auch an die
Schenkel des kleinen Gehirns und an die Pyramiden und dadurch wieder an die Basis der Hirnschenkel
Portionen abgegeben haben.
5 ) Die S eitenstränge des Rückenmarkes, von den Yordersträngen unterstützt, treten wesentlich
als Pyramiden zwischen den Querfasern der Brücke hindurch, kommen, durch deren graue
Massen mit neuen Markbündeln versehen, vor ihr wieder zu Tage als Basis oder Puss der H irnschenkel
und treten als diese in die Streifenhügel ein, nachdem sie als runde S tränge auch
zur Haube einen kleineren Beitrag geliefert haben. Ein kleinerer Arm von ihnen aber durchbricht
nach der Durchkreuzung der Pyramiden die hintere Wurzelreihe der Halsnerven, tritt an den Keilstrang
und stellt mit dessen äusseren Arme den Schenkel des kleinen Gehirns, dar.
6) Die hinteren R ückenm arksstränge theilen sich schon am Halse in die zarten
Stränge und die K eilstränge. Jene gehen an der Seite der Schenkel des kleinen Gehirns vorbei
in das grosse Hirn über, was am Froschhirn sehr deutlich ist, nämlich zur Haube und mit ihr in die
Sehhügel. Die Keilstränge aber gehen theilweis in die Haube, theilweis in die Schenkel des kleinen
Gehirns ein, indem sie sich wesentlich durch die Oliven- und Pyramidenstränge verstärken, treten
aber vielleicht durch die Bindearme wieder aus dem Wurme hervor und in die Vierhügelmasse und von
da in die Sehhügel ein. Wie viel von beiden Strängen zu den Streifenhügeln sich begebe, ist nicht
erörtert. Vielleicht erhalten diese ihre sensiblen Elemente auch aus sensiblen Fasern der Seiten-
stfänge, wenn diese deren enthalten.
Der motorischen Bedeutung des kleinen Gehirns und der sensitiven des des grossen hat man anatomische
Beobachtungen enfgegengestellt, nach welchen sich in das kleine Gehirn gerade vorzugsweise
die sensitiven hinteren Rückenmarkslränge fortsetzten. Ja, nach B lattm ann l) begeben, sich sogar
beim F rosch die ganzen hinteren Stränge dahin und enden daselbst. Wenn dies richtig wäre,
würden die anatomischen Thatsachen in eine grosse Collision mit den physiologischen, mit den Resultaten
der Vivisectionen gerathen. Allein glücklicherweise ist jene Beobachtung von Blattmann nicht
richtig, vielmehr zeigte mir eine Wiederholung derselben gerade das Gegenlheil. Sobald nämlich die
hinteren Rückenmarksstränge des Froschhirns an der Spitze der Schreibfeder aus einander treten,
thun sie dies nicht, um an die Seile des eine einfache Querbrücke darstellenden, hirnklappenähnlichen
Cerebellum zu gelangen und unter einem spitzen Winkel in dasselbe nach innen umzubiegen.. Vielmehr
schlagen sie sich, und zw ar die zarten wie die K eilstränge, um die grauen
Stränge, welche je tz t durch deren A useinandertreten in der Tiefe der R autengrube
zu Tage kommen, sogleich sch leifen artig ganz und gar herum, um an die
untere Fläche des verlängerten Markes zu gelangen, liegen nun an dem äusseren
Rande jener Stränge und nehmen ihren Weg ganz oder grösstentheils zum grossen
Gehirn. Was Blattmann dagegen für eine gerade Fortsetzung dieser hinteren Rückenmarksstränge
gehalten hat, das sind die in der Rautengrube neben einander liegenden und vorwärts laufenden
mächtigen Stränge der grauen Substanz, die sich an die hintere, convexe Fläche des Cerebellum
begiebt und sie überkleidet, weshalb diese auch eine graue Färbung hat. Sie, nicht die hinteren
Stränge, gehen nun unter der Form einer Einknickung geradezu über in das quer gelagerte Cerebellum
und bilden es seiner Hauptsache nach, stossen in dessen Mittellinie an einander und eine weisse
1) Mikroskopisch-anatomische Darstellung der Centralorgane des Nervensystems hei den Batrachiern, mit besonderer Berück-
ßichtigung von R ana esciUenta. Zürich, 1850. S. 77.
Linie, eine Art Raphe, zeigt hier ihre Verwachsung an. Wie die Seitenstränge als Pyramiden an
die vordere Fläche des Markknopfes hervorbrechen, so treten demnach an diese Fläche hier auch die
hinteren Stränge, und es geht also eine vollkommene Kreuzung vor sich, so dass, was vorn lag,
nach hinten ([oben), was hinten und seitlich lag, an die vordere Fläche gelangt. Die vordere Fläche
des Froschcerebellum ist übrigens weiss und bekömmt ihre Fasern von einer anderen Quelle. — Durch
Behandlung mit Chromsäure tritt obiger Verlauf ganz besonders deutlich hervor, da die hinteren Stränge
weiss bleiben, die anderen dagegen eine gelbliche Färbung annehmen. B lattm ann’s Seilenstränge,
die nach ihm in die Vierhügel treten, sind wahrscheinlich die um den Markknopf herumgeschlagenen
und dann nach dem grossen Hirn weiterziehenden hinteren Stränge. Die Vierhügel, nicht das kleine
Gehirn, nehmen daher zuletzt die sensitiven hinteren Stränge auf.
Nachdem ich diese Skizze der Hirnmetamorphose aus den Elementen des Rückenmarkes vorausgeschickt
habe, wird sich darauf ein wissenschaftliches Fundament für die Windungen des grossen
Gehirns aufrichten lassen.
Das grosse Gehirn zerfällt zunächst in die zwei paarigen grossen Abtheilungen, welche vordere
und hintere H irnlappen genannt werden. Jener entspricht dem Stirnwirbel und ihm gehört zugleich
der St reifen hügel an als correspondirendes Hirnganglion, wenn er auch nur mit seinem
kleinsten vorderen Theile im Slirnwirbel selbst liegt, vielmehr mit seinem Körper und Schwänze sich
durch den Scheilelwirbel hindurch erstreckt. Der h intere Lappen aber correspondirt dem Scheitelwirbel,
bildet sonach das Scheitelhirn und besitzt als Hirnganglion den Sehnervenhügel ([und
Vierhügel).
Alle Fasern der Hirnschenkel treten nun aber lediglich aus den Streifenhügeln und den
Sehhügeln in die Hemisphärenmasse ein, mögen sie ohne Weiteres jene grauen Massen durchsetzen
oder daselbst, netzartig sich verästelnd, enden, um dann, gewissermaassen neu entspringend,
an der äusseren Wand dieser Ganglien wieder zu erscheinen ([Burdach, K olliker, W agner).
Die V ierhügel dagegen entsenden unm ittelbar in die Hemisphären bekanntlich keine F asern ,
sondern schicken sie erst durch das Polster in die Masse der S eh hügel und sind wesentlich Durchgangspunkte
nach denjenigen Hirnganglien hin, welche in directer Beziehung zu den Hemisphären
stehen. Sie sind das Mittelhirn niederer Wirbelthiere, das bei den höheren Klassen immer unbedeutender
wird. Nach ihrem Vierhügeltypus aber entwickeln sich auf ihre Kosten jetzt auch vier
höhere Hügel als Seil- und Streifenhügel im Vorderhirn, das jetzt zugleich ihre Rolle übernimmt, so
dass sie fast nur noch das indifferente Bindeglied zwischen Hinterhauptshirn und Hemisphären darstellen
, durch ihre Wirkung auf den Gesichtssinn den Sehhügeln verwandt und durch ihre motorischen
Eigenschaften dem Cerebellum.
Bei der Untersuchung und Classification der Windungen handelt es sich also nur um Seh- und
S treifenhügel und deren Strahlungen. Nur aus ihnen gehen im Menschen die Hemisphären hervor.
Sonach giebt es auch nur Windungen der S treifenhügel und Windungen der
Sehhügel, keine Windungen der Vierhügel, wenn diese auch sonst mit der Entstehung und Bildung
der Sehhügel innig Zusammenhängen.
Wenn nun das Skelet der Windungen aus der Hirnschenkelfaserstrahlung mit ihrer blattförmigen
Anordnung besteht und nach deren Anordnung sich gliedert, so hängen die Windungen des S tirn -
hirns ([Vorderlappens) mit dem Streifenhügel und durch ihn wieder mit dem Fusse def
H irnschenkel und folglich mit den Pyram iden, demnach aber auch wesentlich mit den Seitensträngen
des Rückenmarkes zusammen. Sie verdienen also den genetischen Namen der W indungen
der S eiten strän g e, Pyram iden oder Streifenhügel.
Die Windungen des S cheitel- und Z w ischenscheitelhirns (H interlappen) hingegen
entstehen aus den Marksträngen, die aus den Sehhügeln hervortreten, hängen also genetisch wieder
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