Richtung alle Windungen durchschneidet und also alles Hirn für den Vor der lappen zusammenfasst,
das in der Höhlung des Stirnbeins liegt, das S tirn hirn. Es kann seyn, dass es bei weiterer
Entwickelung unserer Lehre zugleich thunlich erscheint, auch noch die Trennung zwischen den
beiden Cenlralwindungen vorzunehmen aus Gründen, die sich weiter unten ergeben werden. Jedenfalls
aber wird die von mir vorgezogene Trennung immer ihren praktischen Werth behalten. Sie ist
dabei leicht und sicher auszuführen und trennt möglichst scharf wenigstens die grossen Abschnitte,
welche die Hauptmasse dieser Gegend ausmachen, die H em isphärenabschnitte einmal wie
das andere Mal, worauf für die Sicherheit der daraus gezogenen Schlüsse, insbesondere wenn
psychologische Verhältnisse in Frage sind, Alles ankömmt, während die unbedeutenden inneren Theile,
z. B. Streifenhügel, dagegen verschwinden u. s. w.
Ich rechne also so viel auf das Vorderhirn oder Stirnhirn, als von der Muschel des Stirnbeins
und der kleinen Flügel aufgenommen wird, wie oben bereits kurz angegeben worden ist.
Zieht man vom grossen Gehirn die Pia mater ab, so entfernt man ungefähr ein Gewicht von
40—50 Grammen. Ich habe es gelhan bei starker Blutcongestion, Hirnentzündung, Verdickung der
weichen Hirnhaut,'starken pacchionischen Körpern u. s. w., im Allgemeinen aber keinen grossen Einfluss
daraus auf das Resultat meiner Wägungen hervorgehen sehen.
Von der Trennung des Scheitel- und Zwischenscheitelhirns ist schon oben gehandelt worden.
I. Constitution der Lebensalter.
Wenn die schmale, niedrige Stirn eines Neugeborenen schon einen beschränkten Stirnbezirk erwarten
lässt, so bestätigt dies nicht nur die Wägung, sondern bestimmt auch genauer das Verhältniss
dieser Beschränkung.
Bei dem zu früh geborenen Mädchen ergab sich für das Stirnhirn (Vorderlappen) nur 16,5g der
Hemisphären, beim neugeborenen ausgetragenen Kinde 22,09g, bei einigen 8—12 Wochen alten Kindern
sogar ebenfalls nur noch 16,7—18,9g. Dies steigt allmählig im ersten Jahre bis 22,48. Selbst
noch im 77. Jahre kommen diese Zahlen (21,8g) vor, ja auch hier und da noch später, es geschieht
aber dann unter ungünstigen Umständen. In umgekehrter Art wird sich also procentisch das übrige
grosse Hirn, insbesondere das Scheitelhirn, verhalten. — Das Stirnhirn beträgt übrigens beim
Neugeborenen circa 60 — 70 Grammen, beim Erwachsenen 300 Grammen, uud nimmt also bis dahin
ungefähr um das Fünffache zu, das Scheitel- und Zwischenscheitelhirn aber wiegt bei der Geburt
ungefähr 250 Grammen und steigt bis zum erwachsenen Aller bis circa 1000 Grammen, nimmt also
um das Vierfache zu. Das Zwischenscheitelhirn für sich (nach der oben angegebenen Methode getrennt)
verhält sich ungefähr wie das Stirnhirn.
2. Constitution der Geschlechter.
Im weiblichen Geschlechte gibt das Mittel von sieben Fällen von Erwachsenen verschiedenen Alters
23,9g, im männlichen (wenn ich den ganz extremen Fall von 16,7g eines Pietisten weglasse) das
Mittel von 15 Fällen 24,4g. Wir finden also auch hier, wie bei den Flächen- und kubischen Messungen,
ein entschiedenes Uebergewicht des männlichen Stirnhirns ungefähr um lg, und es würde vielleicht
noch mehr betragen, wenn ich rein männliche und rein weibliche Individuen vor mir gehabt
hätte. Es kommen überhaupt in dem Grössenverhältnisse des Stirnhirns sehr grosse Verschiedenheiten
gerade bei Männern vor.
Im hohen Alter scheinen verhältnissmässig mehr hohe Zahlen aufzutreten. Das Milteihirn nimmt
zuerst ab, was das merkwürdige atrophische Einsinken der Scheitelbeine im höheren Alter schon
andeutet.
Das H interhirn (Z w ischenscheitelhirn) stellt sich im weiblichen Geschlecht im Mittel
von 7 Fällen auf 16,4g, beim männlichen im Mittel von 13 Fällen auf 14,5g. Beide Geschlechter stehen
hiernach noch mehr von einander ab, als am Stirnhirn (2g).‘ Dies mag indess mit auf Rechnung
des Schnittes zu setzen seyn, der einen Theil des Scheitellappens mit in Anspruch nimmt zu Gunsten
des Hinterhirns. Vielmehr traue ich hierin den Flächenmessungen des Schädels mehr, weil sie natürlichere
und schärfere Grenzen haben. Hiernach muss das Mittelhirn beim weiblichen Geschlecht
sammt dem Zwischenscheitelhirn mehr entwickelt seyn und dagegen das Stirnhirn um etwa 1,5 —2g
beim Manne vorwiegen.
Das Scheitelhirn betrug in dem Mittel von 13 Fällen 60,7g im erwachsenen Manne, das Mittel
von 7 weiblichen Hirnen aber 59,7g.
Dies Uebergewicht von lg im männlichen Gehirn muss beurlheilt werden nach obiger Bemerkung.
Soviel geht aber entschieden aus meinen allerdings noch nicht so zahlreichen Beobachtungen
hervor, dass der hintere Hirnlappen im weiteren und gewöhnlichen Sinne (Scheitelhirn und Zwischenscheitelhirn),
im Weibe gegen das .Slirnhirn um 1—2g überwiegt und die Hemisphären des weiblichen
Gehirns also rückwärts, die des Mannes vorwärts mehr entwickelt sind. Ob aber alle Theile des
Scheitelhirns oder nur die hinteren Theile desselben beim Weibe, beim Manne hingegen die vorderen
ausgebildeter sind, muss durch eine genauere Vergleichung der Windungen erörtert werden. Manches,
was in der Ent Wickelungsgeschichte der Windungen zur Sprache kommen wird, möchte wohl dafür
sprechen.
3. Nationalität und Ka^e.
Da ich keine Wägungen von seltenen Raqehirnen habe anstellen können, muss ich auf die zahlreichen
Flächenmessungen und kubischen Messungen, die ich von verschiedenen Ra<je- und Nalionalschä-
deln gemacht habe, verweisen, umsomehr, als aus dem Bisherigen hervorgeht, dass die Resultate der
Hirnwägungen mit jenen Beobachtungen am Schädel gerade am grossen Gehirn im Einklänge stehen.
Was also vorn von den einzelnen Schädelknochen gesagt worden ist, mag man zugleich auf die Grössenverhältnisse
der unter ihnen gelegenen respectiven Theile der Hemisphären deuten. Ein umfangreiches
Stirnbein wird auf ein grosses Stirnhirn, ein grosses Scheitelbein auf einen umfangreichen
Scheitellappen, ein sehr hervorragendes gewölbtes Zwischenscheitelbein auf eine grössere Entwickelung
der hinteren Windungszüge, eine grosse Schlafbeinschuppe auf einen grossen Schläfenlappen u. s. w.
schliessen lassen. Man wird unter den verschiedenen Völkern die mannichfachsten Spielarten antreffen.
Menschenalter aber werden vergehen, ehe man hinreichende directe Wägungen von vielen Raqehirnen
vor sich haben wird, um Gesetze daraus abzuleiten über das Gewichtsverhältniss der grossen Abschnitte.
Bis dahin werden fortgesetzte Messungen des Schädels ein richtiges Resultat für die grösseren
Hirnpartieen geben, ja, bei delaillirter Flächenmessung, d.h. von einzelnen Stellen der Schädelknochen,
wird man selbst über einzelne Windungszüge zu urlheilcn im Stande seyn. Ich füge daher
sogleich einige Bemerkungen über die Dimensionen des grossen Gehirns bei.
4. S äugethiere und Vögel.
Da die Hemisphären von den Fischen an bis zum Menschen herauf von vorn nach hinten wachsen
und also immer weiter rückwärts sich ausbreiten, zuerst noch nicht die Sehhügel (Amphibien),
später (Vögel) noch nicht die Vierhügel, endlich (Säugethiere) noch nicht das kleine Gehirn bedecken,
dessen hinteren Rand sie endlich beim Menschen sogar überragen, so kann man in Beziehung auf
meinen Gegenstand schon ohne Untersuchung den Schluss ziehen, dass in den Säugethieren das S tirnhirn
bedeutend besser gestellt seyn wird, als das Scheitelhirn.
Mag man nun meine Flächenmessungen oder besonders meine Wägungen der Hirne der Säugethiere
ansehen, so wird dies in der That sogleich in die Augen fallen. Das Stirnhirn reicht hier und
da selbst bis 50—608 der Hemisphären in die Höhe. Andere haben 30—408 und wenige das menschliche
Verhältniss oder darunter. Sie ordnen sich in meiner Tabelle etwa folgendermaassen:
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