V o r r e d e .
Vorliegende Schrift ist im Laufe der letzten neun Jahre entstanden, theils auf dem Grund
einiger neuen Methoden der Untersuchung, theils durch Combination alten und neuen Materials
überhaupt, um auf einem Wege, welcher wenigstens so durchgreifend vor mir
noch nicht betreten worden ist, der physiologischen Psychologie einiges Fundament zu
graben. Unter den Methoden mache ich aufmerksam auf die Flächenmessung der einzelnen
Schädelknochen und auf die kubische Messung der natürlichen Abschnitte der Schädelhöhle,
wodurch neben dem Grössenwerthe der Knochentheile zugleich Aufschluss gegeben wird über
das wichtigere Grössenverhältniss der respectiven Hirntheile und namentlich auch der denselben
unveränderlich anliegenden Windungszüge. Die Hirnlehre suchte ich zu fordern durch
eine neue Methode, die Oberfläche der grossen Hirnganglien durch kleine Quadrate zu messen,
durch ein neues Bildungsgesetz der Hemisphären des kleinen Gehirns, durch eine strenger
durchgeftihrte Entwickelungsgeschichte der Windungen des grossen Gehirns und durch
eine darauf gegründete natürliche Eintheilung derselben. Obgleich daran schon mancher
Versuch gescheitert ist, so kann doch ohne ein solches System von einer psychologischen
Deutung des Hirns nicht die Rede seyn; denn wenn irgendwo die Geistesthätigkeiten ihren
Sitz aufgeschlagen haben, so sind es gewiss die Windungen. Ausserdem habe ich zahlreiche
Wägungen der Hauptabschnitte des Gehirns gemacht und das Bekannte zu übersichtlichen
Resultaten zusammengestellt. Alles dieses ist aber durchforscht worden nach Alter, Geschlecht
und Ra^e. Bisher kannte man so gut wie keine specifischen Verschiedenheiten des
männlichen und weiblichen Himbaues, und hinsichtlich der Ra9en ist noch neuerdings von
achtbarer Seite her eine Verschiedenheit desselben in Zweifel gestellt worden, während ich,
selbst in allen grösseren Abtheilungen des Gehirns, Grössen- und Form Verschiedenheiten
nachgewiesen, sowie auch nach der Castration, deren Folgen ich auf ein Zurückbleiben
auf einer früheren Bildungsstufe zurückgeführt habe. Die neuesten Bestrebungen der Anatomie
richten sich fast durchaus auf die mikroskopische Textur des Nervensystems, die Einrichtung
des gröberen Himbaues hingegen, von der aus man nach einem logischen Gange
der Wissenschaft erst in das feine Detail der Texturverhältnisse hätte eindringen sollen, ist
offenbar daneben zurückgeblieben. Habe ich nun durch Entdeckung eines Flimmerepithels